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TRADITION

Café Sperl: Ein Hauch Geschichte im Wiener Kaffeehaus

1880 wurde das Kaffeehaus an der Ecke Gumpendorfer Straße und Lehargasse erbaut. (Foto: Adisa Begic)

Das Café Sperl ist ein geschichtsträchtiges Kaffeehaus. Seit 1880 tauschen sich hier Künstler und Literaten bei Kaffee und Kuchen aus. Dass traditionelle Cafés auch mit der Zeit gehen müssen, wissen die Besitzer Manfred und Monika Staub.

Parkettboden, Billardtische, ein schwarzes Piano und antikes Mobiliar halten die Zeit im Kaffeehaus an. Zur Mittagszeit herrscht reger Betrieb. Die Gäste unterhalten sich, Teller klirren im Hintergrund, der Geruch von Kaffee liegt in der Luft. Seit 138 Jahren tauschen sich in der Gumpendorferstraße 11 im sechsten Wiener Gemeindebezirk Künstler, Architekten, Schauspieler und Musiker aus.

Zu den damaligen Stammgästen zählten die Erzherzöge Josef Ferdinand und Karl Ferdinand. Der Besucherkreis prägte das Sperl zum Künstlerkaffeehaus. Heute sind hier Literaten immer stärker vertreten und die Stammtischbesetzungen haben sich erweitert. „Unsere Gäste haben sich im Laufe der Zeit verändert. Das Publikum heute ist breit gefächert, von Studenten bis hinzu Müttern mit Babys“, erzählt Monika Staub, Besitzerin und Betreiberin des Cafés Sperl. Werbemaßnahmen via soziale Medien wie Instagram braucht das Sperl nicht, denn das Kaffeehaus gehört wie der Stephansdom zu Wien.

Seit 50 Jahren gehört das Kaffeehaus Sperl der Familie Staub. (Foto: Adisa Begic)

1880 wurde das Kaffeehaus nach Entwürfen der Ringstraßenarchitekten Gross und Jelinek für Jakob Ronacher erbaut. Im selben Jahr wurde das „Café Ronacher“ von der Familie Sperl übernommen. Seit 1890 bis 1938 wurde es von Adolf Kratochwilla geführt. Manfred Staub übernahm das Kaffeehaus 1968. Seit 50 Jahren gibt Herr Staub im Sperl den Ton an. Doch seit einiger Zeit ist er nicht mehr im Lokal anzutreffen.

„Mein Mann ist 87 Jahre alt und kämpft mit gesundheitlichen Problemen. Die meiste Arbeit bleibt an mir hängen“, sagt Monika Staub. Seit sechs Jahren hilft sie ebenfalls im Café mit und nach mehreren Jahren in der Küche wirkt sie nun verstärkt auch im Betrieb mit und vertritt ihren Mann. Sie sei stolz darauf, dass eine familiäre Atmosphäre im Café gehalten wird. Fast täglich ist Monika Staub im Sperl anzutreffen.

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Eine Nachricht auf Facebook die man oft bekommt: Wann gehen wir Kaffee trinken? Das ist die ultimative Freundschaftseinladung und Bestätigung gleichzeitig.

 

Kein Herzal auf den Kaffee

„Wir bereiten unsere Mehlspeisen selbst zu und bieten den Gästen keine abgestaubten Kuchen an“, so Frau Staub. Ob die sogenannten Third Wave Coffee Shops, die selber ihre Bohnen rösten und ihren Kaffee zubereiten Konkurrenten sind? Monika Staub verlässt sich auf die gute klassische Wiener Kaffeehausküche mit abwechselnden Highlights.

Im Sperl wird die Melange auf einem silbernen Tablett serviert, dazu das obligatorische Gläschen Wasser und einem Löffelchen drauf. „Ein Herzerl auf jeden Kaffee zaubern tun wir nicht, da unsere Kapazitäten dazu nicht ausreichen. Dafür legen wir Wert auf qualitativhochwertigen Kaffee, der preiswert sein soll“, sagt Monika Staub.

Die Melange wird auf einem silbernen Tablett serviert, mit dem obligatorischen kleinen Gläschen Wasser und einem Löffelchen oben drauf (Foto: Adisa Begic)

Dass auch die traditionellen Kaffeehäuser auch dem Wandel der Zeit ausgesetzt sind, weiß auch Frau Staub. In den vergangenen 20 Jahren mussten mehr als 30 Traditionskaffeehäuser schließen. Ursachen dafür gibt es viele. Zu hohe Mietpreise, keine Weiterführung möglich oder bürokratische Hürden.

„Wir setzen auch verstärkt auf Touristen. Sehr viele kommen aus China, die ein traditionelles Kaffeehaus eher vorziehen“, sagt Frau Staub. Sie ist optimistisch was ihren Betrieb angeht. Innerhalb der traditionellen Wiener Kaffeehausszene bleibt das Sperl ein Unikat. Seit der Eröffnung wurde hier nie etwas verändert. Man setzt mehr auf die Renovierung der Inneneinrichtung, statt alles zu erneuern. Möglicherweise ist der nostalgische Charme ein neuer Gegentrend zur hippen „Kaffeeküche“.