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REPORTAGE

Die Vukovićs: Fernbeziehung – Aus den Augen, aus dem Sinn?

FOTO: foto-video studio sladja i nesa

FERNBEZIEHUNG. Kann die Liebe alles besiegen? Sogar mehrstellige Kilometerzahlen? Bedeutet aus den Augen immer auch aus dem Sinn oder ist das nur ein Test für die Liebe? Antworten auf all diese Fragen haben uns unsere Gesprächspartner anhand ihrer eigenen Beispiele gegeben.

Man sagt, dass Distanzen eine Frage des Kopfes und nicht des Herzens sind. Man sagt, dass das Schwerste die emotionale Distanz ist, aber dass man die physische Distanz irgendwie ertragen kann. Man sagt auch, dass die wahre Liebe immer einen Weg findet und siegt. Man sagt alles Mögliche, aber unsere Journalistin hat sich dieses Mal entschlossen, zu überprüfen, was Wahrheit ist und was Mythos.

In unserer dreiteiligen Serie wollten wir dem auf den Grund gehen. Alle unsere Gesprächspartner haben Erfahrungen mit Fernbeziehungen, einige positive, andere negative, und wieder andere stecken gerade mitten in dieser Erfahrung. Aber eines verbindet sie alle: der Glaube an die Liebe. Zu Beginn möchten wir euch das Ehepaar Vuković vorstellen…

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Wenn die Liebe siegt

Nach ihrer Geschichte könnte man einen Film drehen. Und zwar einen emotionalen, romantischen Hollywood-Film. Alles begann in Kragujevac an der medizinischen Fakultät. Dort lernten sich Jelena und Vladimir kennen. Und der Grund war, wie so häufig, banal und lächerlich. Sie haben sich kennengelernt, weil sie es auf ihre engen Freunde abgesehen hatten. Mit dieser Absicht sind alle vier auf einen Kaffee gegangen. Die beiden anderen haben es in ihrem Unwillen kaum eine halbe Stunde ausgehalten, aber Jelena und Vladimir sind geblieben und haben bis zur Sperrstunde geredet. So begann ihre echte und ehrliche Freundschaft. Und die dauerte fünf ganze Jahre…

Vladimir und Jelena heirateten nach 5 Jahren Fernbeziehung. (FOTO: Igor Ripak)

Vladimir sagt, dass er damals 21 Jahre alt und zu einer ernsten Beziehung noch nicht bereit war, und so eine lockere Bekanntschaft erwartete er mit Jelena. Dennoch wollte er sie nicht aus seinem Leben verschwinden lassen. Jelena war viel mit ihm zusammen, aber ihre Gefühle waren etwas mehr als nur freundschaftlich. Dennoch entschloss sie sich eines Tages, wegen ihrer Zukunft nach Wien zu gehen. Dort wollte sie ihr Glück und ein besseres Morgen finden, wie sie sagt. Und das „erschütterte“ Vladimir. Er fürchtete, sie zu verlieren, und endlich wurden sie Partner – auf Distanz. Entfernung: Wien – Kragujevac. Jelena in Wien, alleine mit allen Sorgen und Kämpfen, die jeder erfährt, der hierhergekommen ist und von Null angefangen hat. Als fertige Pharmazeutin ließ sie ihr Diplom nostrifizieren, aber der Weg dorthin war steinig. Deutsch lernen, eine Wohnung finden, die entnervende Bürokratie und Gelegenheitsjobs – daraus bestand Jelenas Leben in Wien. Vladimir blieb in Kragujevac, um sein Medizinstudium abzuschließen. Ihr kleines Paradies war Skype. Hier tauschten sie heiße Worte, tranken Kaffee, schauten Filme zusammen (über Team Viewer) und schwiegen sogar zusammen…

Das klingt süß und inspirierend, aber wie die Seele schmerzt und die Sehnsucht, brennt, wenn du die geliebte Person auf dem Bildschirm siehst und das Herz dir im Wunsch zerspringt, sie in den Arm zu nehmen und zu küssen, das wissen nur Jelena und Vladimir… Das sind tausend spitze Nadeln, die eine Fernbeziehung mit sich bringt. Aber beide sind sich einig, dass eine solche Beziehung ein Vertrauens- und Gefühlstest ist. Ihr Vertrauen war aufgrund der fünfjährigen Freundschaft vor ihrer Beziehung stark, und das bezeichnen beide als Plus. „In einer solchen Beziehung musst du engagiert und auch kreativ sein“, betont Vladimir und Jelena verrät, dass sie ihm sogar Liebesbriefe geschickt hat. „Wir haben über Skype niemals Zeit mit Berichten verloren, was wer gemacht hat… Die Menschen komplizieren alles, und wenn sie sich ihrer selbst nicht sicher sind, übertragen sie das alles auf den Partner. Aber wenn man an sich arbeitet und eine Person findet, mit der es Klick macht, dann folgt die Beziehungsarbeit“, betont Jelena etwas, was eigentlich alle wissen, aber offensichtlich nicht alle umsetzen können. Die beiden sahen sich nur wenige Male im Jahr, aber sie hörten sich täglich über Skype.

FOTO: Igor Ripak

Jelena betont, dass es in dieser Beziehung wie in jeder anderen wichtig ist, dass dich der Partner zum Lachen bringt und dass er bei dir ist, wenn es dir schlecht geht. Vladimir fügt hinzu: „In einer Fernbeziehung ist wichtig, dass man, wenn man sich hört, sich nicht beklagt, warum man gerade dann telefoniert. Man muss diesen Augenblick auch schätzen… Man muss die Beziehung vereinfachen.“ Wie sich die beiden in unserem Gespräch gegenseitig ergänzen, so ergänzen sie sich auch im Leben. Im Gespräch mit diesem Paar spürt jeder, dass es sich bei Jelena und Vladimir vor allem um eine echte Freundschaft handelt und darum auch um eine noch festere Liebe. Nach fünf Jahren Freundschaft und weiteren fünf Jahren Fernbeziehung fasste Vladimir eine Entscheidung: Umzug nach Wien. Schnell folgte eine andere, noch schönere Entscheidung: die Hochzeit. Dieses Paar hat seine erfolgreiche Fernbeziehung im vergangenen Herbst mit der Hochzeit und der Gründung eines familiären Nestes in Wien gekrönt. Während das junge Ehepaar jetzt Nachwuchs erwartet, müssen wir sie fragen, was sie jenen empfehlen würden, die noch zögern, sich auf eine solche Beziehung einzulassen.

„Man muss es auf jeden Fall versuchen, wenn man spürt, dass es das wert ist. Was ist das Schlimmste, das passieren könnte? Du wirst enttäuscht, aber darüber kommst du hinweg. Aber stell dir vor, du hast es nicht einmal versucht… Wir alle sind umgeben von gescheiterten Beziehungen, gescheiterten Ehen und vielen einsamen Menschen… Die Werte haben sich geändert. Und dann triffst du endlich eine Person, die zu dir passt und die dir Schmetterlinge im Bauch macht, und dann verzichtest du darauf nur wegen der Entfernung und der Vorurteile gegenüber einer solchen Beziehung“, schließt die geliebte Ehefrau und werdende Mutter Jelena und Vladimir nicht bestätigend. Und denken Sie jetzt darüber nach, ob Sie sich nicht genug Mühe geben, ob Sie Ausreden und Entschuldigungen suchen oder ob Ihre Gefühle einfach nicht stark genug sind? Überlegen Sie es sich gut, denn Jelena und Vladimir zeigen, dass die Liebe bewegt, inspiriert, motiviert und am Ende – siegt.