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TRADITION

Ein Stück Kaffeehauskultur im Wohnzimmer Wiens

Traditionelle Wiener Kaffeehäuser zählen zu den Trägern des immateriellen Kulturerbes. Zu ihnen reiht sich auch das Café Schwarzenberg, ein Ort der den stressigen Alltag entschleunigt.

Im Café Schwarzenberg wird die Melange traditionell auf einem silbernen Tablett serviert, dazu das obligatorische Gläschen Wasser und einem Löffelchen drauf. Doch warum wird eigentlich das Wasserglas zum Kaffee gereicht? „Es gibt einige Mythen um das Wasserglas. Die einen meinen, dass man früher  den Kaffeesud mit dem Wasser ausgespült hat. Die anderen behaupten, dass es unschicklich gewesen wäre, den Löffel nach dem Umrühren einfach abzulecken oder auf die Untertasse zu legen. Das Porzellan war früher sehr teuer“, erklärt Alfred Altenburger, Betriebsleiter des Café Schwarzenberg.

Heute wird der Kaffee beinahe auf die gleiche Art serviert, wie vor 200 Jahren. Allerdings bekommen die Gäste das Wasser dazu, weil es die durch den Kaffee hervorgerufene Magensäure einbremsen soll.

Kein Coffee-To-Go

Schaut man sich im Schwarzenberg um, so spricht nicht nur der Serviervorgang des Kaffees eine Geschichte. Fein angezogene Kellner, Holzböden, Thonetstühle und Zeitungshalter lassen die Gäste erahnen, dass man hier keinen „Coffee-To-Go“ bestellt. Denn Raum und Zeit ticken hier anders. Laut Denkmalamt ist der „Damensalon“, mit Spiegel und Marmorverkleidung und die Damentoilette, die von Adolf Loos gestaltet wurden und die letzte noch erhaltene Innenausstattung dieser Art sind. Im Frauenbereich haben früher Gattinnen reicher Geschäftsleute ihren Kaffeeklatsch abgehalten, während ihre Ehemänner Geschäfte abschlossen.

Der „Damensalon“ wurde von Adolf Loos gestaltet. (Foto: Adisa Begic)

Ein Teil der Decke besteht speziellen Fließen, die mit Goldplättchen versetzt sind. Angesichts der Geschichte und des architektonischen Wertes des Kaffeehauses, stand es dennoch 1980 vor der Schließung. „Aus dem Café hätte ein Autohaus entstehen sollen. Durch den damaligen Kulturstadtrat Helmut Zilk wurde das Haus gerettet. Nach einer durchgreifenden Renovierung 1980/81 wurde das Café Schwarzenberg von der Firma Wigast wiedereröffnet“, so Altenburger, der das Schwarzenberg seit 24 Jahren führt.

Der richtige Ton im Kaffeehaus

Sowohl das Haus als auch die Gäste des Kaffees haben eine Metamorphose durch gemacht. Setzte man früher eher auf Stammgäste, so bilden Touristen heute beinahe die Hälfte der Besucher. Amerikaner oder Asiaten kommen überwiegend, weil die Kaffeehaustradition in beinahe jedem Touristenführer als verpflichtender Zwischenstopp angeführt wird. Die Wiener werden wiederum aus anderen Gründen vom Kaffeehaus angezogen. Einige wollen in Ruhe ihren Kaffee trinken, Zeitung lesen oder plaudern.

Zum Kaffee passt ein Stück Torte am besten dazu. (Foto: Adisa Begic)

„Oft verstehen es die einheimischen Gäste nicht, warum draußen Menschen Schlange stehen, um eine Melange zu trinken und ein Foto davon zu schießen“, sagt Alfred Altenburger. Einige ihrer Stammgäste, die nun im Parlament sitzen oder wichtige Posten ausüben, kamen schon mit ihren Eltern ins Kaffeehaus.

Sie verbinden ein Stück zu Hause mit diesem Ort. „Die Ober kennen die Gäste, das gehört zum guten Ton. Wir haben hier Mitarbeiter die 36 Jahre lang im Betrieb tätig sind“, sagt Altenburger. Im selben Atemzug deutet Alfred Altenburger auch auf ein Problem der traditionellen Kaffeehäuser hin. Es sei immer schwieriger passendes Personal zu finden. Denn die Jungen können teilweise nicht mit den Gästen umgehen. Ihnen fehle das Gefühl und der Schmäh.

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