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INTERVIEW

„Wir halten uns für unverwundbar, sind es aber nicht!“

„Das Autofahren ist eine Leidenschaft, die ich nicht in Worte fassen kann.“ (FOTO: Radule Bozinovic/KOSMO)

Neues Fahrgefühl

Für Nikola war von Anfang an klar, dass er sich wieder hinters Steuer setzen würde. Seit dem Unfall sei er aber deutlich defensiver unterwegs, ein schwaches Auto kommt dennoch nicht in Frage. „Das Autofahren ist eine Leidenschaft, die ich nicht in Worte fassen kann. Es ist ein Stück Freiheit. Hier kann ich abschalten“, sagt mir Nikola begeistert. Neun Monate nach dem Unfall kaufte er sich den BMW, ließ ihn umbauen und fährt seitdem täglich. Hilfe beim Ein- und Aussteigen brauche er nur, wenn er den Rollstuhl im Kofferraum verstaut, was er in erster Linie macht, um seine geliebten Sitze nicht zu zerkratzen.

Das Bremsen klappt, wenn man den Hebel nach vorne drückt, Gas gibt man durchs Zurückziehen. (FOTO: KOSMO)

Das Fahren gelingt ihm ausschließlich durch einen bestimmten Hebel, der mechanisch über eine Konsole im Sitz mit den Pedalen verbunden ist. Das Bremsen klappt, wenn man den Hebel nach vorne drückt, Gas gibt man durchs Zurückziehen. Durch einen Knopfdruck klappt der Hebel um und auch normale „Geher“ können das Auto fahren.

„Zu Beginn war ich in den Kurven instabil, es hat sich angefühlt, als würde ich die ganze Zeit auf einem Gymnastikball sitzen. Ich konnte mich nicht halten. Es war eine richtige psychische Überwindung und hat mich zahlreiche Stunden beim Physiotherapeuten gekostet, bis ich in der Lage war normal zu fahren“, so der Autoliebhaber.

Alles Kopfsache

Mittlerweile ist der 29-Jährige nicht einmal mehr auf einen Katheter angewiesen, um sein Geschäft zu erledigen. Er nimmt keine Medikamente, ist grundsätzlich kerngesund und nach wie vor zeugungsfähig. „Im Grunde ist sehr vieles im Leben Kopfsache. So wie man denkt, so lebt man auch. Man darf sich nur nicht aufgeben. Ich habe mich damals für den Weg des Kämpfens entschieden und ich kämpfe heute noch mit meinen Liebsten an meiner Seite. Ich lebe weiterhin, zwar mit so manchen Einschränkungen, aber ich lebe und bin überglücklich“, sagt mir Nikola über beide Ohren strahlend.

„Heute halte ich nichts mehr für selbstverständlich. Das Leben hat jetzt für mich einen vollkommen anderen Wert. Mein Respekt dem Leben gegenüber ist gestiegen und ich schätze vieles mehr. Ich habe meine Lektion gelernt. Man sollte niemals schneller unterwegs sein, als es dein Schutzengel ist“, sagt Nikola und lacht mir im Rückspiegel zu.

„Wir sind nicht unverwundbar!“

Als ich ihn darauf anspreche, was er für eine Botschaft an all die Raser hat, die ja vor allem in unserer Community stark vertreten sind, wird der 29-Jährige plötzlich stockernst. „Wir Balkaneros halten uns grundsätzlich immer für die besten Autofahrer und denken, wir wären von Gott gesandt. Viele glauben, sie seien unverwundbar und unsterblich, aber wenn es zu solch einem Unfall kommt, ist es zu spät“, so mein deutlich gezeichneter Gesprächspartner.

„Man sollte niemals schneller unterwegs sein,
als es dein Schutzengel ist…“
– Nikola

„Ich hasse niemanden auf dieser Welt. Aber selbst meinem schlimmsten Feind würde ich dieses Schicksal nicht wünschen, dass man keine Kontrolle mehr über seinen eigenen Körper hat, ab einer gewissen Stelle nichts mehr spürt und sich nicht bewegen kann, wie gewohnt. Ich denke niemand ist für solch ein Opfer bereit. Wenn das Schicksal zuschlägt, dann richtig und es trifft nicht nur einen selbst, sondern das gesamte Umfeld“, sagt mir Nikola und betont, dass das einzige worauf es im Leben wirklich ankommt, wahre Liebe und Gesundheit ist. Das habe er jetzt auch begriffen…

„Ein Leben ohne sie kann ich mir nicht vorstellen. Sie ist mein Rückzugsort“, sagt Nikola über seine Verlobte Martina. (FOTO: Radule Bozinovic/KOSMO)