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INTERVIEW

Mario Mali: „Solange ich nicht zittere, und gut sehe, werde ich tätowieren!“

„Es gibt für mich nichts weniger erfüllendes, als das Stechen einer gewöhnlichen Linie. Mein Spezialgebiet ist Realismus“, so Mario. (FOTO: KOSMO)

In der Tat kam er das erste Mal hinter schwedischen Gardinen mit einer Tattoo-Maschine in Berührung. Damals hätte Mario es aber nicht für möglich gehalten, dass er  damit eines Tages seine Brötchen verdienen würde. Wieder auf freiem Fuß trieben ihn schließlich Geldnot und undankbare Zustände in seinem damaligen Job dazu, sich als Tätowierer zu versuchen. Seine Anfänge machte er zuerst nur an Wochenenden – ausgestattet mit einer Maschine, die er filmreif mit seinem letzten Ersparten kaufte. „Ich wusste, dass ich gut zeichnen kann, und mir wurde gesagt, dass ich mit einer richtigen Maschine Kunstwerke schaffen könnte. Abgesehen davon brauchte ich das Geld“, so Mario lachend. Mit zunehmender Erfahrung legte er häufiger Hand an, bis daraus schließlich seine Haupteinnahmequelle wurde.

„Es ist wirklich schwer mit ‚unseren‘ Leuten.
Sie erwarten sich ständig eine Extrabehandlung,
und sind nicht einmal dann zufrieden,
wenn man ihnen ohnehin schon entgegen kommt.“
– Mario Mali

Helfen wollte ihm nach eigenen Angaben keiner der Tätowierer, die er im Zuge seiner Anfangszeit kontaktierte, und um Tipps bat. Frei nach dem Motto „Selbst ist der Mann“ brachte er sich das Handwerk schließlich Schritt für Schritt auf eigene Faust bei. Zum einen anhand von DVDs und zum anderen durch das Auseinanderbauen seines Werkzeugs. „Ich wollte alles über diese Materie wissen, und so habe ich mich auch eindringlich damit befasst“, verriet mir der 35-Jährige. „Die Kunst des Tätowierens erlernt man nicht, indem man einen Kurs besucht und schon gar nicht von heute auf morgen, sondern durch learning by doing und genau das ist das Fantastische daran. Es gibt keine Grenze nach oben. Man kann immer besser werden“, fügt er hinzu. Und selbst heute – fast zehn Jahre nach seinen Anfängen – sieht Mario noch Verbesserungspotenzial in seiner Arbeit.

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Zu Beginn erscheint es einem wie eine sensationelle Idee. Wird einem später aber erst klar, dass es sich dabei doch um eine Schnapsidee handelte, geht’s unter den Laser. Welche Tattoos am häufigsten daran glauben mussten, erfahrt ihr hier:

 

Sein Steckenpferd

Realismus ist das Spezialgebiet des Wieners. (FOTO: Facebook)

Bekannt ist der leidenschaftliche Johnny Cash-Fan auch über die Landesgrenzen hinaus vor allem für seine realistischen Portraits – sei es von Mensch oder Tier. „Es gibt für mich nichts weniger erfüllendes, als das Stechen einer gewöhnlichen Linie. Mein Spezialgebiet ist Realismus“, erzählt mir der Künstler begeistert, während er sichtlich in Gedanken versinkt, und sich vermutlich gerade an eines seiner Werke zurückerinnert.

Zu seiner Kundschaft zählen heute deutlich mehr Österreicher als Balkanesen – diese seien „pflegeleichter“, so Mario. „Es ist wirklich schwer mit unseren Leuten. Sie erwarten sich ständig eine Extrabehandlung, und sind nicht einmal dann zufrieden, wenn man ihnen ohnehin schon entgegen kommt“, versucht er mir auf schonende Weise zu erklären.

Vor allem aber die bis zu sechs-monatige Wartezeit stoße bei seiner Jugo-Klientel häufig auf Unverständnis. „In Fällen wie diesen frage ich sie dann, ob ihnen ein Tätowierer lieber ist, der in einer Woche Zeit hat, oder jemand, dessen Arbeit für sich spricht“, so Mario überzeugt. Und seine fast 3.700 Instagram-Abonennten sprechen in der Tat Bände.

Mittlerweile sei er in der Lage, sich seine Kundschaft selbst auszusuchen, und sich seine Arbeit so einzuteilen, wie es ihm passt. Dadurch konnte er sich einen wunderbaren Kundenstamm aufbauen, wie er selbst sagt.

Per du mit dem „Who is Who“

Mario stand schon einige Male vor der Kamera. Manche seiner TV-Auftritte bereut er heute aber. (FOTO: Privat)

Mario Mali ist bestimmt kein unbekanntes Gesicht mehr in der Wiener Szene. Neben etlichen TV-Auftritten, ließen ihn auch schon einige Promis an ihre Haut…

Vor einigen Monaten wurde sie noch ausgestrahlt – die HD Austria-Werbung mit dem Balkanesen darin. „HD gestochen scharf“ – wie geschaffen für den Tätowierer, dem mittlerweile Menschen im gesamten deutschsprachigen Raum ihre Haut anvertrauen. Wie es dazu kam, dass ausgerechnet er in besagter Werbung vorkommen durfte? Wie das nunmal so läuft – man kennt jemanden, der jemanden kennt… In Marios Fall handelte es sich dabei um den Wiener Rapper Nazar, dessen Produktionsfirma mit der Aufnahme des Spots beauftragt wurde.

„Ich habe mich irgendwann selbst nicht mehr wiedererkannt.“
– Mario Mali

Aber auch aus Saturday Night Fever-Tagen könnte ihn noch der eine oder andere kennen. Damals durfte er nämlich das SNF-Aushängeschild höchstpersönlich vor laufenden Kameras tätowieren – Tara Tabitha. Ein Schritt, den der 35-Jährige heute bereut, wie er mir im Interview erzählt. „Ich wollte damals um jeden Preis auf mich aufmerksam machen. Tara wurde zu dieser Zeit richtig gehypt, und deshalb kontaktierte ich sie. Eines führte zum anderen. Rückblickend betrachtet, hätte ich mich nicht darauf einlassen sollen, weil es einfach anders rüber kam, als es sollte. Was im TV gezeigt wurde, passte nicht zu dem Image, das ich vermitteln wollte“, so Mario.

Daraufhin folgte die Show Schöne Schmerzen, die nach einigen Staffeln wieder abgesetzt wurde – zu Recht, wie mein Gesprächspartner findet. „Dieses Format hat das Tätowieren mehr in den Dreck gezogen, als es diese Kunstform angepriesen hat. Ich habe mit eigenen Augen miterlebt, was gedreht, und was letztendlich ausgestrahlt wurde – das sind zwei Welten“, so Mario.

Nichtsdestotrotz öffneten ihm seine TV-Auftritte auch einige Türen. Insbesondere in der deutschsprachigen Rap-Szene konnte sich Mario als Tätowierer, dem die „bösen Jungs“ vertrauen, etablieren. Neben Sido, hinterließ er seine Spuren unter anderem auch auf den Körpern von Nazar, B-Tight und Bass Sultan Hengzt.

Aber das Tätowieren ist nicht immer nur eine Einbahnstraße und so ließ der Sympathler auch seine populäre Klientel „mal ran“. Auf seinem linken Oberschenkel prangen sie mehr oder weniger gut leserlich – die Autogramme der Rapper, die er bereits tätowierte. „Wenn ich mir von jemandem ein Tattoo verpassen lasse, dann ist das ein Vertrauenszeichen meinerseits. Die Autogramme der Rapper haben einen symbolischen Wert für mich, und aus diesem Grund habe ich ihnen auch die Maschine anvertraut“, so der Künstler.

Mario ließ auch schon seine prominente Kundschaft an seine Haut – ein Vertrauenszeichen, wie er im Interview enthüllt. (FOTO: KOSMO)

Mittlerweile hat sich Mario aber aus der turbulenten Rap-Szene zurückgezogen – weil er sich mit der Zeit verloren hatte, wie er mir offen preisgibt. Auf meine Frage, wie es sich für ihn anfühlte jahrelang Teil dieser Welt zu sein, antwortet er klipp und klar. „Diese Zeit war zweifelsfrei einmalig – das steht außer Frage, aber ich habe mich irgendwann selbst nicht mehr wiedererkannt, und mich daher auch bewusst distanziert. Allerdings konnte ich sehr viel aus dieser Zeit mitnehmen, und durch die Jungs lernen, wie man sich richtig verkauft und präsentiert“, so Mario schmunzelnd.

Auf der nächsten Seite zeigen wir euch eine andere Seite des Wieners…