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Wichtige Wählergruppe: Migranten als Spielball der Wahlen

Kern-Kurz-Strache-Nationalratswahl
(FOTOS: BKA/Regina Aigner, BMEIA/Dragan Tatic, Wikimedia Commons/Christian Jansky)

Sie sind attraktiver denn je, die sogenannten Ausländer, die den Wahlkampf bestimmen. Nicht wirklich, da sie nur den Zündstoff für die Politik bieten. Themen wie Migration, Asyl und Integration dominieren die „inoffiziellen“ Parteiprogramme.

Im Mittelpunkt stehen drei Männer: Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Österreich befindet sich in der unmittelbaren Endphase des Wahlkampfes. Jetzt spielt es auch kaum eine Rolle, wofür die Parteien eigentlich stehen. Denn Schlammschlacht, Skandale und Schmutzkampagnen überschatten die wichtigsten Themen, die die Österreicher in Zukunft betreffen werden. Steuerentlastung, Pensionen, Sicherheit oder Arbeitsplätze scheinen derzeit weniger präsent zu sein. Denn viel wichtiger ist, dass das Burkaverbot seit dem 1. Oktober eingeführt wurde. Die „neuen“ Ausländer müssen eine Integrationsvereinbarung erfüllen, sowie Deutsch- und Wertekurse belegen. Diese Maßnahmen wurden getroffen, um den „Zusammenhalt“ in der österreichischen Gesellschaft zu gewähren. Man könnte dahinter auch ein gewisses Manöver der anderen Parteien wittern, die sich ebenso für die Durchsetzung dieser Maßnahmen eingesetzt haben, um rechtspopulistische FPÖ Wähler abzujagen. Die Nationalratswahlen ziehen etliche Verschwörungstheorien mit sich.

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Drei Männer kämpfen um den Chefsessel

Die Spitzenkandidaten sind gerüstet. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist das Auftreten als Spitzenkandidat gewöhnt. Für Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern ist diese Rolle etwas neu, ebenso für den ÖVP-Vorsitzenden und Außenminister Sebastian Kurz.

Vom ÖBB-Chef zum Kanzler

Seit Mai 2016 hat die SPÖ einen neuen Parteichef. Christian Kern ist Quereinsteiger aus der Wirtschaft und brachte Bewegung, nach dem Faymann-Stillstand, in die Partei. In seinen Slim-Fit-Anzügen macht er auch international eine gute Figur. Als ÖBB-Chef war er für 40.000 Mitarbeiter verantwortlich. In seinen ersten Interviews betonte er, dass die Politik für ihn ein Projekt für die nächsten zehn Jahre sei. Inhalte wie Wirtschaft oder Sicherheit gehen derzeit unter. Laut Parteiprogramm möchte die SPÖ “die volle Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Lebensphasen und allen Lebensbereichen verwirklichen.” Auch dieser Schwerpunkt kommt zu kurz. Denn dem Parteichef wurde der Boden unter den Füßen weggezogen. Kurz vor den Wahlen muss Christian Kern den politischen Tiefpunkt der Sozialdemokraten ausbaden.

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Der kometenhafte Aufstieg des Sebastian Kurz

Seine Wahlkampagne gleicht dem Image von Helene Fischer. Glatt, sauber, ohne Skandale. Politische Erfahrungen in hohen Ämtern hat er bereits mit 24 Jahren als Integrations-Staatssekretär gesammelt. Anfangs noch belächelt, wegen seinem Alter, blieb er der Politik treu. Mit 27 wurde er Außenminister. Mit Sebastian Kurz scheint die ÖVP die perfekte Verkörperung ihrer Partei gefunden zu haben. Als “moderne christdemokratisch geprägte Volkspartei” sehen sich die Schwarzen. Eine starke Wirtschaft ist laut Parteiprogramm “Grundlage für Arbeit und soziale Sicherheit.” Die ÖVP vertritt laut Programm eine ökosoziale Marktwirtschaft. Doch damit holt man sich keine Wähler. Es müssen brisantere Themen her, wie die Ausländer, denn damit sichert man sich eine große Anhängerschaft. Spricht Sebastian Kurz von Migranten heute, so meint er von Menschen die in „unser Sozialsystem“ zuwandern. Sowohl national als auch international machte sich Kurz einen Namen durch seine strikte Anti-Migrationspolitik. Mittlerweile hat er auch andere Länder von seiner Position überzeugt und die Schließung der Balkanroute erreicht.

Heinz-Christian Strache bereit für die Regierung

Durch Straches Parteiübernahmen 2005 erlebte die FPÖ einen Aufschwung, nach dem sie bei nur wenigen Prozenten lag. Inzwischen gilt die blaue Partei als dritte Kraft in der österreichischen Regierung. 2013 erreichte die FPÖ 20,5 Prozent. Strache gibt sich als souveräner Staatsmann, abseits der Partyszene. Auch privat scheint der Politiker sich gefestigt zu haben. 2016 heiratete er die Journalistin Philippa Beck. Von den antisemtischen Tönen habe er sich gelöst, was er mit seinen Israel-Reise bekräftigte. Seine bevorzugten Themen sind Migration und der politische Islam. Insbesondere zu Wahlzeiten zeigt sich Strache verbunden mit den serbischen Bürgern, mit österreichischem Pass und fischt in der Community nach Stimmen.

Die Qual der Wahl – kleine Parteien profitieren

Von den politischen Debakeln der Großparteien könnten womöglich die kleinen Parteien am meisten profitieren. Nach dem Motto: Wenn sich drei streiten freut sich der Rest. Doch wen wählt man als Österreicher, mit anderen Wurzeln? Es scheint, als ob die Politik mit ihren „Ausländer-beladenen Themen“ ihre Wählerschaft mit Migrationshintergrund immer mehr in die Enge zwingt. Denn ist man Serbe kann man die FPÖ nicht wählen, weil man als Nazi abgestempelt wird, ist man Muslim hat man eigentlich nur die Wahl zwischen SPÖ und KPÖ, ist man Kroate bleibt die ÖVP der man seine Stimme schenkt. Die Inhalte der Nationalratswahlen gehen unter und der Kampf scheint auf dem Rücken der Migranten ausgetragen zu werden. Letztendlich wird sich erst nach dem 15. Oktober zeigen, ob die richtige Partei gewählt wurde und welche tatsächlichen Probleme (Arbeitslosigkeit, Einkommenssteuer) in Angriff genommen werden.