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INTERVIEW

„Sjajni momci“: Mega-Erfolg der Strahlemänner in Wien

FOTO: zVg.

COMEDY. Sie haben sie schon als Mitglieder der Familie Fazlinović in der beliebten Fernsehserie „Lud, zbunjen, normalan“ („Verrückt, verwirrt, normal“) bewundert, und in Wien haben sie Sie mit ihrer Erfolgsvorstellung „Sjajni momci“ begeistert. Bei dieser Gelegenheit sprach KOSMO mit dem perfekten Schauspieler-Trio: Mustafa Nadarević, Senad Bašić und Moamer Kasumović.

KOSMO: Ist es für Sie als ältere Schauspieler irgendwie kränkend, dass sie als die Fazlinovićs größere Popularität gewonnen haben als durch Ihren schauspielerischen Beitrag?
Senad: Da würde ich nicht zustimmen, jedenfalls nicht, soweit es Mustafa betrifft. Er hatte schon in der Zeit des alten Jugoslawien eine – ich würde sagen – beneidenswerte Popularität. Und auch was mich angeht, habe ich Popularität genossen, vor allem als ich die Theatervorstellung „Biće, biće“ gespielt habe. Und auch später hatten unsere Filme, die wir vor dieser Serie gemacht haben, ziemliche gute Kritiken und unwahrscheinliche Zuschauerzahlen. Die Serie „Lud, zbunjen, normalan“ war mehr wie Erdbeeren mit Schlagobers, wenn wir von der Popularität sprechen, weil dieses Medium, das Fernsehen, so viel stärker ist als das Theater und sogar als der Film, sodass dieses Medium unsere Beliebtheit, die wir bereits hatten, mit dieser Serie verdoppelt und verdreifacht hat. Aber das kränkt uns nicht, im Gegenteil.
Mustafa: Heute hat das Fernsehen überall auf der Welt die Filmstudios und die Filme geschluckt und die Menschen sehen mehr Fernsehserien, d.h. sie bleiben bei diesen bekannten internationalen Serien hängen, was normal ist, denn das Fernsehen war und ist das mächtigste Medium. Wir hatten nur das Glück, dass wir ein Projekt gemacht haben, das in der ganzen Region gleich gut aufgenommen wird. Ich persönlich bin froh, und Senad und Moamer wahrscheinlich auch, dass wir diesen Job gemacht haben und dass er Erfolg hatte. Viele Serien sind gestartet und durchgefallen. Aber wir haben 264 Episoden gedreht, das ist sehr viel… Wir hätten noch weiter filmen sollen, doch wir sind müde geworden. Aber irgendwie gibt es uns noch immer, denn wir machen jetzt andere Dinge zusammen, so wie diese Vorstellung „Sjajni momci“.

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Die Karriere des 25-jährigen Stand-Up-Comedians, Mario Lučić begann steil, als er im Jahre 2014 einen begehrten österreichischen Comedy-Preis gewann. Kurz darauf blickte er aufgrund einer lebensbedrohlichen Krankheit dem Abgrund entgegen. Mit KOSMO sprach der sympathische Ghettoneurotiker über sein aktuelles Programm und den schmalen Grad zwischen Depression und Lebensmut.

 

Wie würden Sie das Phänomen des großen Erfolgs dieser Serie in der ganzen Region erklären?
Senad:
Sehr kurz und klar: Wegen der guten Schauspielerleistung (lacht).
Mustafa: Das sind einfach Dinge, die zusammenpassen müssen. Wenn wir noch einmal aussuchen sollten, könnten wir nicht wieder so gut wählen, wie hier das ganze Team zusammengepasst hat. Leider sind einige großartige Schauspieler von uns gegangen, die in dieser Serie brillant waren, und einige ihrer Nachfolger waren gut, andere schlecht, aber was soll‘s…

Wann fühlen Sie sich verrückt und verwirrt und wann normal?
Moamer:
Bei mir ist es meistens eine Mischung aus all dem. Manchmal kommt, auch wenn man sich bemüht, normal zu sein, doch dieses Verrückte heraus und man wird verwirrt (lacht)… Daher glaube ich, dass das eine Eigenschaft jedes Menschen ist bzw. dass eine Mischung aus diesen Gefühlen in uns allen herrscht.
Mustafa: Naja, ich fühle mich normal, vollkommen allernormalst. Aber in der Serie (lacht)… Da ist es, wie es gerade kommt, wie Sie ja selber wissen. Immer ist irgendwer verrückt (lacht).
Senad: Na, das ist in der Serie so wie auch im Leben. Ich glaube, dass sich hinter diesem Titel doch Bekanntes verbirgt: „j*b* lud zbunjenog“ (lacht)… Nur, dass man das im Originaltitel ein bisschen entschärft hat. Im Leben ist es ja genauso – man ist einfach sehr oft verwirrt. Gerade, wenn man normal ist, ist man erst recht verrückt, und umgekehrt. In diesen drei Wörtern steckt viel Wahres, das es im Leben jedes Menschen gibt.

Die drei Strahlemänner im KOMSO-Interview. (FOTO: Mario Ilic)

Und jetzt sind Sie mit der neuen Vorstellung als „Sjajni momci“ („Glänzende Kerle“) zu uns nach Wien gekommen. Worum geht es da?
Mustafa:
Diese Vorstellung ist nach Motiven des Dramas und des Films „Sunshine Boys“ nach einem Text von Neil Simon geschrieben. In Amerika haben sie das gespielt und auch einen Film gedreht, und wir haben das einfach so umgedreht, dass es hier spielt, also nicht in Manhattan – New Jersey, sondern in Sarajevo-Ilidža. Und wir haben künstlerische Namen wie Hari und Ali, und es gibt auch Zlatan, den Neffen. Das sind ganz andere Personen. Hier ist es die Geschichte von zwei mittelmäßigen Schauspielern, die sehr empfindlich, miteinander unzufrieden und zerstritten sind. Und der Neffe versucht, sie wieder zusammenzubringen, damit sie wieder miteinander drehen und arbeiten. Das ist für Schauspieler ein sehr interessanter Text zum Spielen.
Senad: Wir haben davon eine moderne Adaption gemacht, d.h. wir haben diese amerikanische Mentalität herausgenommen und alles so geändert, dass es den Geist der Balkanmentalität atmet (lacht).

Wenn Sie schon von Balkanmentalität sprechen, was halten Sie da für typisch?
Senad:
Ich habe gehört, dass die Deutschen das Wort „balkanoid“ in ihr Wörterbuch aufgenommen haben und dafür folgende Erklärung abgeben: unzurechnungsfähiger Mensch. Ich konnte das nicht glauben. Das ist so ein Vorurteil. Der Balkan ist die Quelle zivilisierter und talentierter Menschen aller Gebiete – von der Kunst über die Medizin bis zum Sport. Letztendlich hatten wir auf dem Balkan Jugoslawien, das eine Völkerunion war, und heute können sie keine Völker und Nationen zusammenbringen. Wir haben das alles durchgemacht, und aus irgendeinem Grund stellen sie uns als Idioten hin. Aber wenn man genauer hinschaut, ist das eine Masse gebildeter und kultivierter Menschen. Es ist schwer, ein Vorurteil zu durchbrechen. Sie stellen dieses Vorurteil auf und wir müssen alles tun, um es zu bekämpfen, denn diese „Definition“ ist einfach nicht wahr.
Mustafa: Der Balkan ist nicht nur ein fruchtbarer Boden für gebildete und akademisch ausgebildete Menschen, sondern man muss auch unsere Arbeiter erwähnen, die es hier und in aller Welt gibt, die sehr fleißig sind und darum auch sehr geschätzt werden. Dieser erste Ansturm, der des Broterwerbs wegen gekommen ist, musste viel an sich arbeiten, um sich umzuorientieren und hier zurechtzukommen… Es ist normal, dass man von jemandem, der nur vier Jahre in die Schule gegangen ist, nicht erwarten kann, dass er über Newton plaudert oder irgendein mathematisches Wirrwarr enträtselt. Leider hat das Unglück, das Jugoslawien betroffen hat, auch unsere Menschen in der ganzen Welt verstreut… Aber ganz sicher wird dieses Unglück eines Tages auch irgendein Glück hervorbringen. Aus diesen Auswanderern werden in der großen, weiten Welt sicher einige große Künstler, Wissenschaftler und überhaupt große Männer und Frauen vom Balkan hervorgehen, das wird aus diesen „balkanoiden Typen“ werden.

FOTO: Radio Sarajevo

Sie sind sicher nicht zum ersten Mal in Wien. Was gefällt Ihnen an dieser Stadt am besten?
Moamer:
Mir persönlich ist das MuseumsQuartier der liebste Teil von Wien und dorthin gehe ich immer zuerst. Aus dem einfachen Grunde, weil sich hier junge Leute und Künstler treffen, die dem nahestehen, was ich mache… Und dieses ganze System, wie viel man in Wien in die Kultur investiert, fasziniert mich! Irgendwie lade ich immer, wenn ich nach Wien komme, meine Batterien mit schönen Dingen und mit Ausstellungen auf, und ich bemühe mich, etwas Neues zu lernen und zu sehen, was wir vielleicht bei uns übernehmen könnten.
Mustafa: Was mir Leid tut, ist, dass unsere Vorfahren diesen dummen Aufstand gemacht haben. Was wäre schlecht daran, wenn Wien unsere Hauptstadt wäre? Ich glaube, das wäre eigentlich fantastisch! Wohin Sie hier schauen, wohin Sie den Kopf drehen, gibt es Fassaden – verzierte, gereinigte, ordentliche. Ich lebe in Zagreb, und es ist schrecklich, unsere Fassaden zu sehen, die nach Wiener Vorbild gebaut wurden. Das Kroatische Nationaltheater hat derselbe Architekt gebaut, der auch das Burgtheater geplant hat. Ich hatte das Glück, im Rahmen eines Austauschs zwischen Zagreb und Wien am Burgtheater zu spielen, und diese beiden Theater sind vollkommen gleich, nur dass die Burg viel größer ist. Österreich-Ungarn hatte dafür auch Regeln: In kleineren Städten durften die Theater nicht mehr als drei Stockwerke haben, in Wien und Budapest durften es fünf sein. So haben wir uns irgendwie auseinandergelebt und immer gesagt „Schreckliche Deutsche“, aber hier bei Ihnen hat sich gezeigt, dass das keine „schrecklichen“ Deutschen waren, sondern tolle Menschen, die bereits damals Vertriebene aufgenommen haben.
Senad: Ich bin nicht viel in Wien herumgekommen, ich kenne es mehr vom Hörensagen und durch das, was ich in Geschichte über die Stadt gehört habe. Es ist eine schöne Stadt, keine Frage. Aber ich muss darauf hinweisen, dass auch ein Teil Sarajevos von Österreich-Ungarn errichtet wurde, und darum erinnert mich mein Hotelzimmer ganz an meine Wohnung und ich fühle mich hier vollkommen zu Hause (lacht)!

Jetzt sind Sie mit diesem Bühnenstück in die österreichische Hauptstadt gekommen. Wo waren die „Sjajni momci“ vorher schon?
Senad:
Wir waren, zu unserer großen Freude, in der Schweiz, Deutschland, Skandinavien und jetzt in Österreich, und haben dort gespielt, und bald fahren wir nach Australien..

FOTO: Radio Sarajevo

Sind Sie bisher zufrieden mit den Besucherzahlen und den Reaktionen des Publikums?
Moamer:
Unser Publikum reagiert sehr gut und es ist wichtig, dass es darüber informiert ist, dass es nicht eine Episode der Serie „Lud, zbunjen, normalan“ sieht, sondern dass alle wissen, dass sie eine Vorstellung sehen. Sehr schön ist das Gefühl, wenn sie zu uns kommen, wenn wir ein bisschen reden und wenn wir unsere Eindrücke austauschen, denn immerhin haben uns diese Menschen fast zehn Jahre lang im Fernsehen gesehen. Und dann bedanken sie sich bei uns persönlich, dass wir sie schon zehn Jahre lang aufheitern und zum Lachen bringen.

Und zum Schluss: Welche Botschaft haben Sie für unsere große Diaspora hier?
Moamer:
Mögt euch, liebt euch, genießt es, hier zu leben! Ihr könnt ja immer leicht hinunterfahren (lacht)…
Senad: Sie sollen nur Gesundheit, Glück und Geld haben (lacht)!
Mustafa: Die beiden haben schon alles gesagt. Dem habe ich nichts hinzuzufügen, außer, dass ich den beiden völlig zustimme (lacht).