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KOMMENTAR

26 Jahre nach „Oluja“: Die kroatisch-serbische Sackgasse

Wer die ethnische Säuberung leugnet, leugnet die Oluja. Und das sollten auch diejenigen auf der anderen Seite nicht tun, denen die Oluja tatsächlich nach fünf Jahren Krieg und Besetzung den langersehnten Frieden und die territoriale Integrität gebracht hat. Für viele kroatische Städte, die immer wieder von den Kräften der selbsternannten „Republika Srpska Krajina“ bombardiert und beschossen wurden, bedeutete die Oluja zweifellos Frieden. Das ist ebenso Fakt und auch die andere Kehrseite der Medaille. Gemeint ist natürlich das offizielle Kroatien, welches genau vor allem diese Umstände zum Anlass nimmt, große staatliche Feiern zu organisieren.

Slobodan Milošević mit den verurteilten Kriegsverbrechern Radovan Karadžić und Milan Martić, dem einstigen Präsident der „Republika Srpska Krajina“, der das großzügige Autonomieangebot (Plan Z-4) vehement ablehnte und damit den Weg für die Operation erst recht frei machte.

Die Oluja ist für das heutige Kroatien im Nachhinein betrachtet zweifellos eine wichtige, militärische Operation, mit der man die territoriale Integrität sicherstellen konnte. Nach fünf Jahren heftigen kriegerischen Auseinandersetzungen, zig misslungenen Verhandlungen und der Ablehnung des Z-4-Plans, war sie für viele auch eine logische, eine berechtigte Folge. Aber so lange man sich nicht mit dem Aspekt der ethnischen Säuberung, dem Leid, der Vetreibung und der berechtigten Wut und Trauer auf der anderen, der serbischen Seite auseinandersetzen mag, so lange bleibt man eben in einer Sackgasse.

Sackgasse würde – sowohl auf Kroatisch als auch auf Serbisch – übersetzt „blinde Gasse“ bedeuten. Das wäre eigentlich noch treffender. Ja, Nationalismus macht blind – sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite. Und das leider auch im Jahre 2020.