Steuern bis zu 90 Prozent für Spitzenverdiener und Milliardenabgaben für Unternehmen – das Momentum Institut legt einen radikalen Alternativplan zur Budgetkonsolidierung vor.
Das gewerkschaftsnahe Momentum Institut hat einen Fünf-Punkte-Plan für eine gerechtere Budgetkonsolidierung vorgelegt. Die Regierung plant im laufenden Jahr Einsparungen von 6,4 Milliarden Euro. SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer machte bereits in einem oe24.TV-Interview deutlich: „Alle Bevölkerungsgruppen werden betroffen sein.“
Zu den zentralen Vorschlägen des Instituts zählt eine Reform der Grundsteuer, die Mehreinnahmen von 2,7 Milliarden Euro generieren soll. Weitere Maßnahmen umfassen die Einführung einer Vermögens- und Erbschaftssteuer mit einem prognostizierten Volumen von sechs Milliarden Euro – wobei diese Option weder im Regierungsprogramm verankert ist noch vom Finanzminister unterstützt wird. Ebenso soll eine Anhebung der Körperschaftssteuer zusätzliche sechs Milliarden Euro einbringen.
Steuerliche Umverteilung
Unternehmen, die während der Krise überdurchschnittliche Gewinne verzeichneten, sollen mit etwa einer Milliarde Euro zur Haushaltskonsolidierung beitragen. Besonders weitreichend ist der vorgeschlagene „Solidarbeitrag der Spitzenverdiener:innen“.
Während derzeit ein Spitzensteuersatz von 55 Prozent erst ab einem Jahreseinkommen von einer Million Euro greift, sieht das Momentum-Konzept ein gestaffeltes System vor: Einkommen zwischen 103.072 und 120.000 Euro würden mit 50 Prozent besteuert, der Bereich von 120.000 bis 500.000 Euro mit 75 Prozent, und für Einkommen über 500.000 Euro käme ein Steuersatz von 90 Prozent zur Anwendung.
Begrenzte Betroffenheit
Nach Berechnungen des Thinktanks würde diese Maßnahme 2,7 Milliarden Euro in die Staatskasse spülen. Betroffen wären lediglich neun Prozent des wohlhabendsten Bevölkerungsfünftels – etwa 130.000 Personen.
Die Vorschläge des Momentum Instituts verstehen sich als alternatives Konzept zur aktuellen Regierungspolitik und zielen auf eine ausgewogenere Verteilung der finanziellen Belastungen ab.
Historische Erfahrungen und internationale Vergleiche
Ähnliche Steuersysteme mit extrem hohen Spitzensteuersätzen haben in der Vergangenheit zu problematischen Entwicklungen geführt. In den USA und Großbritannien existierten bis in die 1970er Jahre Steuersätze von bis zu 90 Prozent, die jedoch mit erheblichen Abwanderungstendenzen und kreativen Steuervermeidungsstrategien einhergingen. Experten warnen, dass in einer offenen Volkswirtschaft wie Österreich vergleichbare Effekte zu erwarten wären.
Im EU-Vergleich liegt der durchschnittliche Spitzensteuersatz bei etwa 42 Prozent, deutlich unter den vom Momentum Institut vorgeschlagenen Werten. Ein prominentes Beispiel für die Grenzen hochprozentiger Reichensteuern lieferte Frankreich, das 2015 die viel diskutierte Steuer von 75 Prozent auf 45 Prozent senken musste, nachdem vermögende Persönlichkeiten wie Schauspieler Gérard Depardieu das Land verließen und die Mehreinnahmen die Erwartungen nicht erfüllen konnten.
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