
Auf mehreren Knotenpunkten in Wien stehen Männer, täglich in Gruppen und warten darauf, schwere Knochenarbeit auf der Baustelle verrichten zu dürfen. Für einen Hungerlohn schuften, ohne Sicherheit oder geregelten Status.
„Mit diesen Händen ernähre ich meine ganze Familie in Bulgarien. Ich danke Gott jeden Tag, dass ich gesund bin und arbeiten kann“, sagt uns Hristo B. (49), der ständig zwischen Bulgarien und Wien pendelt. Zum Broterwerb sei er nach Österreich gekommen und schufte hier für 700 Euro monatlich. Auf Wiener Baustellen, fern von seiner Heimat Bulgarien, verdient Hristo rund 6 Euro die Stunde.
Zu fünft in einem Zimmer
Dabei weiß er gar nicht, dass dies keine gerechte Entlohnung für seine Arbeit ist. „Meine drei Kinder, meine Frau und meine Mutter müssen irgendwie über die Runden kommen. All das Geld schicke ich in die Heimat. Deswegen muss ich mich in sozialen Einrichtungen ernähren, wo es gratis Essen gibt“, erklärt der 49-Jährige. Derzeit lebe er in einer 30-Quadratmeter Wohnung mit fünf weiteren Bauarbeitern aus Bulgarien. Privatsphäre und Erholung nach der schweren Arbeit kann sich Hristo nicht leisten. „Das Bett im Zimmer kostet mich 120 EURO im Monat. Ich bin schon traurig, dass ich getrennt von meiner Familie leben muss. Aber andererseits bin ich glücklich, dass meine Kinder, dank meiner Arbeit, halbwegs normal leben können“, so Hristo, der perfekt Serbisch spricht.

Krise der Schwarzarbeiter
Die „modernen Tagelöhner“ oder Schwarzarbeiter sind bereit für einen geringen Stundensatz jede noch so mühsame Tätigkeit zu verrichten. Enorme Einsparungen der Personalkosten haben am Arbeitsmarkt zu einem Überangebot der Arbeitskraft und damit einhergehend zu sinkendem Lohnniveau geführt. Dieser Umstand manifestiert sich vor allem in der steigenden Arbeitslosigkeit, im Schwinden sozialer Absicherung und dem Auseinanderklaffen von Arm und Reich. Zudem sind die Schatten der Wirtschaftskrise noch immer präsent.
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In den 90er Jahren kamen zehntausend Kriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Österreich. Heute scheinen sie eher in den Hintergrund gerückt zu sein. Ist damit ihre Integration abgeschlossen.
Der Arbeitsmarkt am Bau in Österreich ist in den letzten Jahren stark unter Druck geraten. Zwischen 2012 und 2013 sind rund 30.000 Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten im Baugewerbe nach Österreich dazu gekommen. Seit dem hat die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften zugenommen. Die Arbeitslosigkeit am Bau ist in den letzten fünf Jahren um 36 Prozent angestiegen, bei Bauarbeitern aus EU-Mitgliedsstaaten sogar um 98 Prozent, bei jenen aus NichtEU-Mitgliedsstaaten immerhin um 45 Prozent zwischen 2008 und 2013.
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