Sie wirken sich negativ auf den sozialen Umgang aus, sie machen gewalttätig, sie sind schlecht für die Augen … Computerspiele haben bekanntlich einen sehr schlechten Ruf. Doch viele wissenschaftliche Studien besagen auch das Gegenteil. Was ist nun eigentlich wahr und was nicht?
Es ist klar, dass viele dieser Aussagen nicht von Gamern selbst kommen, sondern sicher eher von Menschen, die das Ganze kritisch von außen beobachten. Vermutlich auch von vielen frustrierten Eltern, deren Sprößlinge stundenlang in ihren Zimmern verschwinden oder Samstags den ganzen Tag vor dem Fernseher im Wohnzimmer verbringen, anstatt nach draußen zu gehen. Fragt man Gamer selbst, erschließt sich einem wahrscheinlich ein ganz anderes Bild. Sie sagen, dass das Spielen zu mehr Toleranz führt, da eine große internationale Gemeinschaft unter Gamern besteht, eine höhere Konzentration und Geschicklichkeit antrainiert werden kann und so weiter. Doch wer hat denn eigentlich Recht?
Die Auswirkungen, die das Spielen von Computerspielen haben können, werden schon lange untersucht. Schließlich handelt es sich bei vielen Spielen nicht um familienfreundliche Brettspiele wie Mensch-Ärger-Dich-nicht, sondern oft um Spiele, in denen Gewalt offen ein Thema ist. Die Tatsache, dass viele junge Leute spielen, wird zu Recht mit Sorge betrachtet. Doch trotzdem ist die Antwort nicht so einfach wie wir sie vielleicht gerne hätten. Schließlich reagiert jeder Mensch anders auf Situationen und Eindrücke und für bestimmte Menschen kann das Gaming durchaus positive Auswirkungen haben.
Auch der Kontext spielt eine Rolle. Beispielsweise besagt eine britische Studie für die Zeitschrift Aggressive Behavior, dass wenn Teilnehmern beim Spielen eines gewalttätigen Videospiels eine positive Aufgabe gegeben wurde – wie einem Freund aus der Klemme zu helfen –, dann zeigten sie anschließend viel weniger Anzeichen von Aggression als Spieler, die nur zu dem Zweck spielten, um Gegner zu vernichten und das Spiel zu gewinnen.
Gesteigertes Selbstwertgefühl und das Gefühl von Kompetenz
Computerspiele können ebenso einen ganz anderen Zweck erfüllen, zu Zufriedenheit führen und das Selbstwertgefühl steigern. Zu einem solchen Ergebnis ist Berni Good, eine britische Forscherin, die sich mit der Psychologie von Gamern befasst, gekommen. Sie nennt dabei die sogenannte Selbstbestimmungstheorie, ein wichtiger Forschungspunkt in ihrem Feld. Abgekürzt SDT (Self-Determination Theory) konzentriert sich diese Theorie auf grundlegende psychologische Bedürfnisse, die durch das Spielen erfüllt werden können.
SDT untersucht vor allem die drei wichtigen Punkte Kompetenz, soziale Eingebundenheit und Autonomie.
Zum einen ist da also das Bedürfnis nach Kompetenz, das jeder Mensch stark verspürt. Dies kann durch den Erfolg beim Spielen, dem Lösen von Aufgaben und dem Überwinden von Schwierigkeiten erfüllt werden. Die soziale Eingebundenheit ist ein weiterer Faktor. Diese drückt sich aus, wenn Spieler ihren Erfolg und ihre Erlebnisse beim Spielen mit anderen Teilen, sei es auf Social Media, in Online-Foren, bei Multiplayer-Spielen oder auf anderem Wege. Autonomie ist der dritte wichtige Faktor. Wir Menschen müssen (um zufrieden zu sein) das Gefühl haben, dass wir Herr über unser eigenes Schicksal sind, unser Leben bis zu einem gewissen Grad unter Kontrolle haben. Das können wir beim Spielen u. a. durch das Wählen von Pfaden und Spielrichtungen bei Open-World-Games tun. Wenn wir über das Schicksal der Spielfiguren entscheiden und kluge und nützliche Entscheidungen treffen, verleiht uns das auch außerhalb des Spiels ein Gefühl der Kontrolle über uns selbst. Das stärkt unser Selbstbewusstsein.
Warum nicht auch Schach und andere Spiele?
Vorteile wie diese können auch durch andere Arten von Spielen erfüllt werden. Schach ist ein solches Beispiel. Da der Erfolg im Spiel eine gute Strategie erfordert, lernen Spieler selbstständig zu denken. Es gibt eine Reihe von Studien und Untersuchungen zum Thema Schach. Andere Vorteile, so glaubt man, können das Erkennen von Mustern, ein verbessertes Gedächtnis und eine höhere Konzentration sein. Andere strategische Spiele im Bereich der Videospiele sind zum Beispiel Detektivspiele, bei denen Fälle durch das Stellen der richtigen Fragen gelöst werden müssen, oder Videopoker, bei dem Spieler entscheiden müssen, welche Karten sie behalten möchten und welche sie lieber abwerfen sollten. Dadurch behalten sie eine gewisse Kontrolle über den Ausgang des Spiels, was das Gefühl der Kompetenz steigert. Casinospiele sollen selbst, wenn es sich um reine Glücksspiele handelt, das strategische Denken anregen, da Spieler stets nach dem für sich besten Ausgang streben. Das gilt natürlich auch für Strategiespiele wie Puzzles.
Computerspiele führen zum Wachstum des Gehirns
Eine weitere Studie, die am Max-Planck-Institut und der Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus durchgeführt wurde, zeigte, dass sowohl der präfrontale Cortex, der Hippocampus und das Kleinhirn alle durch das Spielen von Videospielen bei Teilnehmern angewachsen waren. Teilnehmer spielten täglich 30 Minuten lang über zwei Monate Super Mario 64. Das Ergebnis war beeindruckend und für Verteidiger von Videospielen äußerst erfreulich. Bei dieser Studie waren physische Veränderungen beobachtet worden, wodurch der Beweis für die positiven Auswirkungen auf unser Gehirn greifbar zu sein schien. Der präfrontale Cortex ermöglicht kognitive Funktionen, der Hippocampus trägt zur Gedächtnisbildung bei und das Kleinhirn ist an der Motorik beteiligt (in dieser Studie war vor allem eine Veränderung bei der Motorik der Hände zu beobachten, die ja für die Steuerung bei Computerspielen benutzt werden).
Es sind also durchaus positive Auswirkungen beobachtet worden. Zu sagen, das Spielen von Videospielen hätte nur negative Folgen wäre nicht richtig. Es gibt Studien, die beide Seiten unterstützen. Eine klare Antwort gibt es hier wohl nicht, sondern, wie so vieles im Leben, hat das Spielen etwas für sich und etwas gegen sich. Es hängt wahrscheinlich auch stark von der Person ab, die gerade spielt. Wie sie Situationen und Eindrücke für sich bewertet und was genau am Gaming Spaß macht. Sicherlich hängt es auch zu einem bestimmten Grad davon ab, wie gewaltbereit oder auch nicht der Spieler schon vor dem Spielen von Videospielen war. Versteht ein Gamer, dass es sich beim Spiel um eine imaginäre Welt – und eben um ein Spiel – handelt, kann das Spielen sogar positive Effekte aufs Gehirn und das Selbstwertgefühl haben. Die Wissenschaftlerin Dr. Daphne Bavelier, eine Expertin der Gehirnforschung und Forschung von kognitivem Verhalten, drückt das so aus: Es ist wie mit dem Wein. Trinkt man aus den falschen Gründen, kann es schädlich sein. Aber ein Glas hin und wieder und im richtigen Alter kann sich durchaus positiv auf die Gesundheit auswirken. Schreiben Sie uns doch Ihre Meinung zum Thema als Kommentar weiter unten. Wir würden uns freuen, zu hören, was Sie darüber denken.
Folge uns auf Social Media!