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INTERVIEW

Dr. Verdana Ćerimagić: Eine Expertin in der Welt der TCM

Dr. Verdana Cerimagic
"Zuerst führe ich ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten, wo ich anhand der Beobachtung des gesamten Individuums, der Zunge und des Pulses eine Diagnose festlege", so Dr. Verdana Cerimagic. (FOTO: iStockphoto/zVg.)

Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist eine immer beliebtere Methode, die danach strebt, die Ursache und somit die „Wurzel“ einer Erkrankung zu behandeln, von der oft zunächst nur ein Symptom („Zweig“) erkennbar ist. Da sie dort ansetzt, wo die klassische westliche Medizin an ihre Grenzen stößt, bildet die TCM eine wirkungsvolle Ergänzung zur Schulmedizin.

Dr. Verdana Ćerimagić bietet in ihrer Wiener Praxis die Behandlung sowohl akuter als auch chronischer Erkrankungen mithilfe des gesamten Spektrums der Traditionellen Chinesischen Medizin an. Wir sprachen mit der Expertin über die häufig zu Unrecht unterschätzte Alternativmedizin …

KOSMO: Aus welchem Grund haben Sie sich im Rahmen Ihres Medizinstudiums ausgerechnet für die Traditionelle Chinesische Medizin entschieden?
Dr. Verdana Ćerimagić:
Während des Medizinstudiums hatte ich das Glück Prof. Johannes Bischko, den Pionier und den Gründer der Österreichischen Gesellschaft für Akupunktur (ÖGA), persönlich kennenzulernen. Durch ihn wurde mein Interesse für traditionelle Chinesische Medizin (TCM) geweckt. Das Bedürfnis zur Durchführung entwickelte sich aber während meiner Tätigkeit als Ärztin in einer Notfallambulanz. Ich war täglich mit sehr vielen Menschen und deren, zum Teil sehr schweren, Schicksalen konfrontiert. Die Patienten wurden schnell abgeklärt, behandelt und versorgt. Es musste alles schnell gehen. Obwohl man den meisten Patienten helfen konnte, blieb die individuelle Betreuung auf der Strecke.

Ich sehnte mich nach mehr Zeit für tiefergehende Gespräche mit den Menschen um ihre Krankheit besser verstehen zu können. Deshalb entschied ich mich nach der Geburt meines ersten Kindes meine Berufslaufbahn zu verändern und mich intensiver mit TCM zu befassen. Je mehr ich es tue, desto erfüllter fühle ich mich in meinem Beruf.

Wie lange befassen Sie sich nun schon mit dieser Materie?
Ich besitze das Akupunktur-Diplom der Österreichischen Ärztekammer seit 2010. Seitdem bemühe ich mich mein Wissen durch den Besuch zahlreicher, sowohl heimischer als auch internationaler Fortbildungen zu erweitern. Ich bin auch als Referentin bei der Österreichischen Gesellschaft für Akupunktur (ÖGA) tätig und durfte einige Male fernöstliche Länder, wie China und Japan bereisen um unterschiedliche Heilmethoden aus erster Hand kennenzulernen. In meiner Ordination biete ich sowohl westliche als auch fernöstliche Medizin an.

Welche Methoden der TCM bieten Sie in Ihrer Praxis konkret an?
Zuerst führe ich ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten, im Zuge dessen ich anhand der Beobachtung des gesamten Individuums, der Zunge und des Pulses eine Diagnose festlege. Je nach Schwere und Art der Erkrankung, überlege ich welche Heilmethode am besten geeignet ist – Akupunktur oder chinesische Kräutertherapie (Phytotherapie) bzw. eine Kombination aus beiden.

In Sachen Akupunktur biete ich verschiedene Formen an. Zum einen die klassische Körperakupunktur, Laser-Akupunktur, koreanische SAAM Akupunktur, aber auch die japanische Nagano Akupunktur, sowie Ohr- und Schädel Akupunktur. Ein wichtiger Bestandteil der Behandlung ist zudem eine Ernährungsberatung, die natürlich nicht fehlen darf. All diese Methoden aktivieren die Selbstheilungskräfte des Körpers und tragen zur raschen Verbesserung der Beschwerden bei.

Was sind Ihrer Meinung nach die Vorteile der traditionellen im Vergleich zur westlichen Medizin?
Wir im Westen arbeiten analytisch. Wir wollen alles ganz genau wissen. Daher zerlegen wir die Welt in Atome, Atome in Elektronen usw. Wir isolieren die Krankheit vom Patienten und können aus dem Namen der Krankheit die Therapie ableiten. Dabei behandeln wir aber nicht das Individuum – nämlich den Menschen – mit dieser Krankheit.

Die TCM hingegen arbeitet empirisch. Das heißt sie ist auf die Beobachtung der Phänomene (Gesichtsfarbe, Hauttemperatur, Umwelteinflüsse, Emotionen usw..) angewiesen und kümmert sich nicht darum, was „eigentlich“ dahinter steckt. Damals vor 2.500 Jahren gab es weder Röntgen noch Endoskopien und schon gar keine Mikrobiologie. Daher wurde der Mensch aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Ich finde es so faszinierend, dass die Regeln, die damals festgelegt wurden, bis heute gültig sind, während die Behandlungsrichtlinien in der Schulmedizin alle paar Jahre neu bestimmt werden.

TMC als komplementäre Medizin

Der Trend geht merklich in die Richtung der alternativen Medizin. Worauf ist diese Entwicklung Ihrer Meinung nach zurückzuführen?
Als erstens möchte ich betonen, dass ich TCM nicht als Alternative zur westlichen Medizin sehe. Sie ist, aus meiner Sicht, als komplementäre Medizin zu betrachten. Dies bedeutet, dass sie ergänzend zur westlichen Medizin zum Tragen kommen sollte. Dazu ein kleines Beispiel: Ein Patient sucht meine Praxis auf, der an Morbus Crohn (chronische Darmentzündung) leidet und medikamentös behandelt wird. Ich würde ihm nie raten, seine Medikamente nicht mehr einzunehmen und Kräuter oder Akupunktur als Alternative zu nehmen. Mein Ziel wäre viel mehr sein Körper mit diesen Heilmethoden zu unterstützen, um damit eventuell eine stetige Reduktion der Medikamente zu erreichen.

Außerdem möchte ich erwähnen, dass wir in einer sehr hektischen Zeit leben, in der sich Menschen nach mehr Ruhe und Entspannung sehnen. Wenn man die körperlichen Signale wie Müdigkeit oder Verdauungsbeschwerden ignoriert, stößt man in der westlichen Medizin ziemlich bald an die therapeutischen Grenzen. Möglicherweise ist das der Grund für eine Trendwende.

Dennoch sind auch viele Menschen nach wie vor skeptisch was die Wirkung der alternativen Medizin anbelangt. Häufig wird es auch mit Hokuspokus verglichen. Wie entkräften Sie die Äußerungen solcher Zweifler?
Die Wirkung von Akupunktur wurde in zahlreichen internationalen Studien untersucht. Es gibt mittlerweile viele Nachweise, dass das Nadeln bestimmter Akupunkturpunkte eine spezielle Wirkungen entfaltet, so zum Beispiel die Verminderung von Schmerzen, Linderung von Übelkeit oder Förderung der Wehentätigkeit. Auch dass Akupunktur bei chronischen Schmerzen im Bewegungsapparat oder bei Migräne wirksam ist, haben Studien belegt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine Liste von rund 100 Krankheiten veröffentlicht, die sich für eine Akupunkturbehandlung eignen.

Was denken Sie – aus welchem Grund stehen die traditionelle und die westliche Medizin in solch einem Konflikt zueinander?
TCM ist weder besser noch schlechter als die moderne westliche Medizin. Der größte Unterschied besteht darin, dass sich Letztere an Befunden orientiert und die Krankheit mehr oder minder isoliert vom Patienten betrachtet. Bei der TCM hingegen steht das Individuum mit seinen aktuellen Beschwerden im Mittelpunkt. Durch diese unterschiedlichen Sichtweisen auf den menschlichen Körper sehe ich hier weniger ein Konfliktpotenzial, sondern mehr eine wechselseitige Unterstützung.

Daher könnte man sagen, dass durch traditionelle Behandlungsmethoden vorwiegend Ursachen bekämpft werden, während die moderne Medizin sich vor allem auf die Beseitigung der Symptome fokussiert. Inwiefern können beide Formen zusammenarbeiten?
Sowohl Westliche Medizin (WM) als auch Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) haben fixe Regeln für die Diagnostik und Therapie. Beide Medizinformen können viel, aber keine der beiden kann alles. Was die eine nicht kann, kann die andere. Da wir in erster Linie an das Wohlbefinden unserer Patienten denken sollen, finde ich ein Miteinander anstelle vom Gegeneinander am sinnvollsten.

Wann sollte man Sie aufsuchen?
Die TCM und insbesondere Akupunktur haben positive Auswirkungen bei vielen verschiedenen Erkrankungen wie Heuschnupfen, Menstruationsbeschwerden oder allergischem Asthma. Ich setzte sie auch bei chronischen Schmerzen im Bewegungsapparat oder bei Migräne, aber auch bei unspezifischen Beschwerden wie Müdigkeit oder Schlafproblemen ein.

Wie würden Sie die Entwicklung hinsichtlich TCM in Österreich im Vergleich zum Rest Europas einstufen? Ist diese Form der Medizin in unserer Gesellschaft endgültig angekommen, oder muss hier noch mehr Bewusstsein dafür geschaffen werden?
Akupunktur wird seit 1986 als wissenschaftliche Heilmethode in Österreich anerkannt. Seit diesem Zeitpunkt kann man ein stetiges Interesse an TCM beobachten. 2004 wurde ein Diplom für die „Komplementär Medizin-Chinesische Diagnostik und Arzneitherapie“ bei der Österreichischen Ärztekammer geschaffen, was ein klares Zeichen ist, dass TCM in unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Wie würden Sie die Entwicklung der TCM-Methoden in den nächsten fünf bis zehn Jahren einschätzen?
Ich bin zuversichtlich, dass die TCM in den nächsten Jahren immer mehr in die Schulmedizin integriert wird und dass sie in naher Zukunft zu unserem Alltag gehören wird. Damit würde man das Fortschreiten der Zivilisationskrankheiten mit Sicherheit verlangsamen können.

Haben Sie abschließend noch Tipps für unsere Leser – Was ist Ihre Geheimformel für ein gesundes Leben im Einklang von Körper und Geist?
In den vergangenen Jahren hat der Stress sowohl im Beruf als auch im Privatleben stark zugenommen. Die Menschen legen immer mehr Wert auf einen Ausgleich, um Körper und Geist in eine Balance zu bringen. Die beiden Zauberwörter heißen in diesem Zusammenhang gesunde Ernährung und Bewegung.

Meine Tipps für die KOSMO-Leser sind:

  • Essen Sie regelmäßig, nach Möglichkeit jeden Tag zur selben Zeit.
  • Frühstücken Sie jeden Tag, auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist.
  • Essen Sie abends vor 19 Uhr.
  • Nehmen Sie sich Zeit und essen Sie in Ruhe.
  • Vermeiden Sie unbedingt Fernsehen, lesen oder Streit beim Essen.

Kontakt

Dr. Verdana Cerimagic – TCM Praxis Wien

Praterstraße 25/9a, 1020 Wien

Telefonnummer: +43 660 912 22 29

www.tcm-cerimagic.at