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TEUFELSKREIS

Dragica S.: „Das Glücksspiel hat mich über 300.000 Euro gekostet“

(FOTO: iStockphoto)

Menschen spielen, um Geld zu gewinnen. Wenn sie verlieren, spielen sie weiter, um das Geld zurückzuholen; wenn sie gewinnen, spielen sie weiter in der Hoffnung, dass das Glück noch länger auf ihrer Seite ist. Und so geht es endlos weiter, bis hin zur Existenzgefährdung.

Dragica S. (66) ging 1974 aus ihrem Heimatland Serbien nach Deutschland. Dort bekam sie fünf Kinder, die sie nach ihrer Scheidung alleine aufzog. Sie machte drei Jobs parallel, nichts war ihr zu schwer. Als die Kinder erwachsen waren, lachte ihr ein neues Glück, denn sie lernte D.S. kennen, der in Wien lebte. Sie heirateten und übersiedelte in die Stadt an der schönen blauen Donau. Dort fand Dragica sofort Arbeit und es sah aus, als
stünde ihrem Glück nichts im Wege. Aber Dragica hatte ihr langjähriges Laster aus Deutschland mit nach Wien gebracht – das Spielen an Automaten. Zum Glück gelang es ihr Anfang dieses Jahres, sich aus den Klauen des Übels zu befreien und einen Teil des verlorenen Geldes zurückzuerhalten.

KOSMO: Wie haben Sie mit dem Spielen begonnen?
Dragica S.: Als meine Kinder klein waren, hatte ich neben den familiären und beruflichen
Pflichten keine Zeit für irgendetwas anderes. Aber als mein jüngster Sohn 24 Jahre alt war, überredeten mich meine Brüder, es einmal mit dem Glücksspiel zu versuchen, dem sie bereits verfallen waren. Sie wollten sich sogar Geld von mir ausborgen und behaupteten, dass man an den Automaten viel Geld gewinnen könnte. Am Anfang habe ich mich geweigert, denn ich glaubte ihnen nicht, aber dann habe ich es probiert und
bin ihrem Beispiel gefolgt. Etwa zwei Monate später habe ich einen kleinen Jackpot von
20.600 DM gewonnen. Für mich war das eine enorme Summe, und als ich hörte, dass
manche Leute noch viel mehr Geld gewinnen, bin ich auf den Geschmack gekommen und
habe begonnen, regelmäßig ins Casino zu gehen.

Was genau erhofften Sie sich davon?
Ich hoffte, noch einmal Glück zu haben und einen größeren Jackpot zu gewinnen, und ich konnte mich gar nicht beruhigen. Leider war es aber so, dass ich viel Geld verloren habe. Ich weiß nicht genau, wie viel, aber in zwanzig Jahren waren es sicher über 300.000 Euro. In dieser Zeit habe ich neben der schon erwähnten ersten Summe einmal 10.000, einmal 6.000 und einige Male 2.000 – 3.000 Euro gewonnen. Wenn ich es mir recht überlege, habe ich in diesen zwanzig Jahren 30.000 – 40.000 Euro gewonnen. Die Verluste waren jedoch um ein Vielfaches höher, aber ich hatte die naive Hoffnung, dass mir das Glück irgendwann lachen würde und dass ich das Verlorene wieder einbringen würde.

Woher hatten Sie so viel Geld?
In Deutschland habe ich gut verdient, aber vor meiner Übersiedlung nach Wien 2004 war ich dem Spielen schon ernsthaft verfallen. In Österreich habe ich eine kleine Reinigungsfirma eröffnet und alles, was ich verdient habe, habe ich sofort in Spiellokale getragen und in Automaten gesteckt. Manchmal waren das 5.000 – 6.000 Euro monatlich, manchmal sogar 10.000 – 15.000. Bis 2012, als die Automatenlokale in Wien, die vorher an jeder Ecke existierten, geschlossen wurden, war ich dort Stammgast. Mein Mann arbeitete in der Nacht und mir was es zu langweilig, alleine zu Hause zu sitzen. Daher habe ich mir die Zeit vertrieben, indem ich Geld in Automaten steckte und auf den großen Gewinn wartete. Manchmal bin ich auch am Tag in die Lokale gegangen, je nachdem wie ich Zeit hatte.

Sind Sie nach der Schließung der Spiellokale in ein richtiges Casino gegangen?
In die richtigen Casinos in Wien und Baden bin ich nicht gegangen, aber ich war mehrmals in Klosterneuburg. Das war mir jedoch zu weit, daher habe ich 2015 begonnen, im Internet zu spielen. Das hat mir sofort gefallen, denn ich konnte am Abend vom Bett aus auf meiner Lieblingsseite spielen und auf das Glück hoffen. Manchmal habe ich 400 – 500 Euro gewonnen, aber damit war ich nicht zufrieden, sondern habe weitergespielt und das Gewonnene und noch viel mehr Geld verloren. Ich habe immer weitergemacht in der Hoffnung, das Verlorene zurückzugewinnen. Und so ging es endlos, jahrelang.

„Als ich hörte, dass manche Menschen enorme Summen gewinnen, bin ich auf den Appetit gekommen!“

Dragica S.

Waren Sie sich bewusst, dass das Spielen ein Laster ist?
Ja, und ich habe über dieses Laster nachgedacht und mich gefragt, warum es stärker ist als ich. Ich habe versucht aufzuhören. Aber nach kurzen Pausen habe ich immer wieder angefangen und immer gehofft, jedenfalls ein bisschen Geld zurückzugewinnen. Manchmal hat mir das Geld gefehlt, um irgendeine Rechnung zu bezahlen, also bin ich ins Spiellokal gerannt. Wenn ich am Monatsanfang meinen Lohn bekommen und die Rechnungen bezahlt hatte, blieb mir nichts zum Leben übrig oder es reichte nicht einmal, um alle Rechnungen zu bezahlen. Darum habe ich oft das ganze verdiente Geld ins Spielen investiert und geglaubt, dass ich es vermehren und meine finanziellen Probleme so lösen könnte. Ich wollte auch meinen Kindern und Enkeln helfen und ich war überzeugt, dass ich durch das Spielen am schnellsten und leichtesten zu Geld kommen würde. Auf diesen Spieleseiten habe ich die Fotos glücklicher Menschen gesehen, die mit enormen Gewinnen prahlten, und auch das wirkte stimulierend auf mich. Ich dachte: Wenn die das können, warum dann nicht auch ich? Erst jetzt weiß ich, wie unrealistisch das war.

Sind Sie sich bewusst, dass das Spielen in die Sucht führt?
Die Menschen gehen in Spiellokale, um Geld zu gewinnen, und nicht, weil sie verrückt oder psychisch krank sind, wie manche von uns meinen. Natürlich gibt es auch Menschen, die abhängig werden und darum auch dann in die Spiellokale gehen, wenn sie kein Geld haben, nur um anderen beim Spielen zuzuschauen. Als es in Wien noch Spiellokale gab, ist oft jemand hinter mir gestanden, wenn ich gespielt habe, und hat mir zugeschaut, obwohl er kein Geld hatte. Wenn ich gewonnen habe, habe ich ihnen 20 Euro gegeben, denn ich habe ein weiches Herz und sie taten mir leid. Süchtige können nicht zwei – drei Tage ohne das Leben. Ich bin in Deutschland anfangs zu oft spielen gegangen, denn ich habe viel Geld verloren und wollte zumindest ein bisschen davon zurückholen. Als ich nach Österreich kam, wurde es seltener. In der Regel spielt man weiter, wenn man viel Geld verliert, denn man hofft, etwas zurückzubekommen. Und so geht es Tag für Tag und man gewinnt doch nichts, sondern verliert immer mehr.

Onlineglücksspiel auf dem Vormarsch — ist das alles legal?

Welcher Verlust war für Sie der schwerste?
Das war, als ich das Geld meines Mannes in die Automaten steckte. Als er pensioniert wurde, bekam er 13.000 Euro, die ich innerhalb einer Woche verspielte. Zuerst nahm ich tausend, dann gleich die nächsten Tausend, denn ich wollte die ersten wieder hereinbringen, und so weiter. Sie können sich vorstellen, wie sauer mein Mann war und wie sehr wir gestritten haben. Wir haben uns deswegen sogar getrennt. Aber jetzt sind wir wieder zusammen. Danach habe ich nie mehr sein Geld genommen, sondern meines.

Haben Sie auch Geld zum Spielen geliehen?
Ja. Am schlimmsten war es, wenn das Monatsende kam und ich kein Geld hatte, um meine Schulden zurückzuzahlen, und auch noch Rechnungen begleichen musste. In diesen Situationen habe ich ein paar Hundert Euro genommen und wieder versucht, den Automaten Geld zu entlocken, um meine Probleme zu lösen. Leider habe ich dann auch das verloren.

Wussten Ihre Freunde, dass Sie spielen?
Sie wussten es, aber sie waren genau wie ich. Unbewusst habe ich mir Freunde aus diesen Kreisen ausgesucht und die Spielautomaten waren unser wichtigstes Gesprächsthema.

„Unbewusst habe ich mir Freunde aus demselben Umfeld gesucht und die Automaten waren unser wichtigstes Gesprächsthema.“

Dragica S.

Und wussten Ihre Kinder, dass Sie Glücksspiele betrieben?
Ja, sie wussten es, aber sie haben deswegen nicht mit mir geschimpft. Natürlich sagten sie mir, dass ich erwachsen sei und dass ich wissen müsse, was ich tue. Sie versuchten, mir ins Gewissen zu reden. Sie sagten, es sei eine Schande, dass ich so viel arbeite und dann alles an den Automaten verliere. Aber sie waren nie grob, denn sie hatten meine Bemühungen und meine Opfer während ihrer Kindheit nicht vergessen. Ich war ja viele Jahre lang alleinerziehende Mutter.

Haben Sie versucht aufzuhören?
Ja, schon vor langem bin ich zur kostenlosen Rechtsberatung der Stadt Wien gegangen. Es interessierte mich, ob ich die Spiellokale, die an jeder Ecke bestanden und zum Eintreten lockten, verklagen könnte. Man sagte mir, dass man mir rechtlich nicht helfen könne, aber man riet mir, einen Psychiater aufzusuchen. Von meinem Hausarzt erhielt ich eine Überweisung und ging zu einem Facharzt in der Hoffnung, dass er mir helfen könnte, dass Glücksspiel aufzugeben. Wir redeten und der Psychiater sagte mir, dass er sehe, dass ich eine vernünftige und intelligente Frau sei. Er behauptete, ich könnte alleine aufhören, wenn ich es schaffen würde, eine Pause von ein oder zwei Monaten zu machen. Er erzählte mir, dass er Patienten hatte, die völlig abhängig seien und jeden Tag in Spiellokale gingen, was bei mir nicht der Fall war. Ich erfuhr damals, dass es Gruppentherapien gab und Menschen auf diese Weise das Spielen aufgeben konnten, wenn sie mit ihren und fremden Problemen konfrontiert wurden. Obwohl es kostenlos war, habe ich mich keiner Gruppe angeschlossen, denn ich glaubte, dass ich alles alleine schaffen könnte und dass mein Wille stark genug sei.

Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie sich entschieden haben aufzuhören?
Von 2015 bis 2021 habe ich auf online-Spielseiten gespielt. Dann bin ich im Januar im Internet auf die Firma AdvoFin gestoßen, habe alles sorgfältig durchgelesen und meinen Augen nicht getraut. Ich habe den Text meinem Sohn geschickt und ihn gebeten, ihn durchzulesen und mir zu sagen, ob ich alles richtig verstanden hatte. Es klang mir zu unwahrscheinlich, dass sie die Kosten von Gerichtsverfahren übernehmen und für die Erstattung von Geldern kämpfen würden, die auf online-Spielseiten verloren wurden. Als mein Sohn die Informationen zusammengetragen hatte, ging alles schnell. Ich habe mit Frau Dedović von der Firma AdvoFin telefoniert und wir haben alles vereinbart, obwohl ich noch immer misstrauisch war. Aber als ich mir alle Details und Möglichkeiten angehört hatte, war ich überglücklich, dass sich mir ein neuer Weg eröffnete mit der Möglichkeit, zumindest einen Teil des verlorenen Geldes zurückzubekommen.

Welche Dokumente mussten Sie vorlegen?
Ich musste alle Belege für die Summen einsenden, die ich in das online-Glücksspiel investiert hatte, und auch die Bestätigungen über das, was ich gewonnen hatte. Da im Computer nur die Daten für das letzte Jahr gespeichert waren und ich für den vorhergehenden Zeitraum keine Nachweise hatte, rief mein Sohn in Malta an, wo der Betreiber registriert ist, dessen Seite ich im Internet besucht hatte. Er bat ihn, und alle Bestätigungen seit 2015 zu schicken, was er auch tat, und dann übermittelte ich all diese Dokumente auf elektronischem Wege der Firma AdvoFin. Die leitete einen Prozess ein und führte ihn, ohne dass ich vor Gericht erscheinen musste, was mir sehr wichtig war.

„Als die Automatenlokale in Wien geschlossen wurden, bin ich ins Internet gewechselt. Da konnte ich abends vom Bett aus spielen und auf mein Glück hoffen.“

Dragica S.

Wie lange dauerte der Prozess?
Im Januar dieses Jahres habe ich die geforderten Rechnungen geschickt und der Prozess begann in Österreich. Da aber mit der beklagten Firma keine Einigung erzielt wurde, wurde der Fall nach Malta verlagert. Zwei Wochen später rief mich die Firma AdvoFin an und fragte, ob ich einverstanden sei, zugunsten des online-Spieleanbieters auf 10 % der geforderten Summe zu verzichten, damit sich der Prozess nicht allzu sehr in die Länge zöge. Natürlich gab ich mein Einverständnis, denn mir war wichtig, zumindest irgendetwas zu bekommen. Das alles ging ziemlich schnell, denn schon Anfang April bekam ich einen Teil des verlorenen Geldes.

Wie sah die Bilanz am Ende aus?
Ich habe insgesamt ca. 26.000 Euro in die online-Automaten gesteckt und 5.000 Euro gewonnen. Am Ende des Prozess wurden mir 12.000 Euro ausgezahlt. Ich war sehr froh, dass ich diese Summe bekommen habe, aber ich hätte mich auch über weniger gefreut.

Haben Sie mit dem Spielen jetzt ganz aufgehört?
Ja, gleich nachdem ich den Fall der Firma AdvoFin übergeben hatte, habe ich mich entschieden aufzuhören. Ich gebe zu, dass ich noch immer ein Verlangen danach habe, aber ich sage mir, dass ich stärker bin, und das funktioniert. Ich glaube, ich bin sicher, dass ich es nie wieder probieren werde. Ich bin zu alt, um mir noch einmal Probleme zu machen.

Auch Ihr Ehemann wurde in das Spielen hineingezogen. Wie ist Ihr Mann in das Automatenspielen hineingeraten?
Ich habe ihn überredet, so wie es meine Brüder mit mir gemacht hatten. Am Anfang habe ich ihn gefragt, ob er es mir erlaubte, und er hatte nichts dagegen, denn er ahnte wahrscheinlich nicht, wie weit das gehen würde, sondern dachte, ich würde auch genug gewinnen. Er schaute mir beim Spielen zu und freute sich mit mir über meine Gewinne. Er liebt Geld und ich wollte an den Automaten eine große Summe gewinnen, um ihn glücklich zu machen. Und dann begann er auch selber zu spielen. Er setzte in dieser ganzen Zeit insgesamt 15.000 Euro und gewann ca. 5.000. Auch seinen Fall haben wir der Firma AdvoFin übergeben und werden schon in wenigen Wochen das Ergebnis bekommen. Egal, wie viel er zurückbekommt, wir werden zufrieden sein.

„Ich erzähle allen von AdvoFin und lobe sie. Auch der Sohn meiner Schwester hat 6.000 Euro zurückbekommen.“

Dragica S.

Erzählen Sie anderen Menschen von der Firma AdvoFin?
Ja, ich erzähle es allen und lobe ihre Arbeit. Auch der Neffe meines Mannes hat einen Prozess geführt und 6.000 Euro zurückbekommen. In meiner Familie spielen fast alle und ich habe meiner Schwester und meinen Brüdern erzählt, wie ich es geschafft habe, da herauszukommen. Aber sie glauben nicht, dass das möglich ist, und wollen weiterspielen. Meine Nichte hat einmal einen Jackpot von 90.000 Euro gewonnen, aber innerhalb von zwei Monaten hatte sie das alles wieder in Automaten gesteckt. Mein Bruder spielt auf mehreren online-Seiten, aber einige haben ihm seine Gewinne nicht ausgezahlt. Seine andere Tochter hat auf einer Seite 16.000 Euro gewonnen, aber sie wollten ihr keinen Cent auszahlen. Sie hat sie verklagt und ihrem Anwalt 2.600 Euro gezahlt, aber alles vergebens. Jetzt wird auch sie versuchen, über AdvoFin etwas von dem Geld zurückzubekommen. Was soll ich sagen, außer dass das eine Mafia ist, die das arme Volk ins Verderben stürzt? Ich kenne viele Leute, die kleine Kinder haben und trotzdem spielen, und am Ende haben die Kinder nichts zum Essen. Natürlich sind auch die Spieler selber schuld, aber die Betreiber wissen, dass Menschen daran zugrunde gehen können und am Ende krankhaft süchtig werden. Das wissen sie sicher und sie missbrauchen menschliche Schwächen!