Die kroatische Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen zu menschenrechtswidrigen Pushbacks trotz Videoaufnahmen ein, was als Versagen des Rechtsstaates und Zeichen für eine systematische Praxis gewaltsamer Grenzpolitik gilt.

Die im Oktober 2021 vom ARD Studio in Wien veröffentlichten Aufnahmen zeigen, wie die kroatische Polizei mit Gewalt Geflüchtete zurück nach Bosnien-Herzegowina drängt. Trotz der erschreckenden Bilder bleiben diese Vorfälle bislang ohne juristische Konsequenzen. Die Verantwortlichen wurden nicht zur Rechenschaft gezogen. Trotz offenkundigen Menschenrechtsverletzungen hat die kroatische Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt. Ihre Begründung: Auf den Videoaufnahmen sei weder „unmenschliches Vorgehen“ noch strafrechtlich relevante Inhalte zu erkennen.
Gründe für die Verfahrenseinstellung
Bereits wenige Wochen nach Verbreitung der Videos berichtete die kroatische Tageszeitung „Jutarnji list“, dass ein involvierter Polizist angeblich gedroht habe, weitere belastende Aufnahmen zu veröffentlichen, die weitere Kollegen in ähnlichen Situationen zeigen. Diese Drohung unterstreicht die Vermutung, dass solches gewaltsames Vorgehen innerhalb des Polizeiapparats keine Ausnahme, sondern Teil einer systematischen Praxis ist. Recherchen von „Lighthouse Reports“, wie sie vom ORF veröffentlicht wurden, stützen diese Vermutungen durch die Aufdeckung kompromittierender Polizei-Chats, in denen gewaltsame Pushbacks besprochen werden.
Kroatien legalisiert die Grenzgewalt😢
— Kid Pex (SOS Balkanroute) (@Kid_Pex) February 7, 2025
In ganz Europa war der Aufschrei groß als im Oktober 2021 diese Aufnahmen ans Licht kamen, bei denen die kroatische Polizei maskiert und mit brutaler Gewalt Geflüchtete wieder illegal nach Bosnien-Herzegowina zurückdrängt.
Die dortige… pic.twitter.com/3bzLdayUIc
Europas rechtsfreie Zone an der Grenze
Nikola Milina, der kroatische Polizeidirektor, sprach damals von „offensichtlich schweren Verletzungen dienstlicher Pflichten“. Doch trotz dieser Ankündigungen zogen die Versprechen keine Konsequenzen nach sich. Die Verfahrenseinstellung wird von Beobachtern als Kapitulation des kroatischen Rechtsstaates betrachtet und als weiteres Indiz dafür gewertet, dass die EU-Außengrenzen zunehmend zu gesetzlosen Räumen werden.
Petar Rosandić, der Vorsitzende der Organisation SOS Balkanroute, betont: „Wir alle, die wir im Grenzgebiet zwischen Kroatien und Bosnien seit Jahren tätig sind, wissen, dass das Alltag dort ist und dass es sich um systematisch betriebene Gewalt handelt. Die Einstellung der Verfahren bedeutet die Kapitulation des Rechtstaats, es ist aber auch ein weiterer klarer Beweis, dass die EU-Außengrenzen heute nur noch rechtsfreie Räume sind. Über 13.000 Menschenrechtsverletzungen sind akribisch dokumentiert und alle wissen Bescheid. Auch die österreichische Politik weiß Bescheid: Wir haben am 20. Juni 2021 den Menschenrechtssprecher:innen aller im Nationalrat vertretenen Parteien über 13.000 Beweise übergeben. Einzig die FPÖ ist nicht zum Termin erschienen.“
Quelle: OTS SOS Balkanroute
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