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Schrei nach Aufmerksamkeit: Heilst auch du deine Komplexe auf Insta, FB & Co.?

Blog Jelena Social media
(FOTO: iStockphotos)

PRÄSENTATIONSGEIL – Wenn das virtuelle Leben wichtiger wird, als das wahre! Unsere Bloggerin Jelena über ein beunruhigendes oberflächliches Zeitalter, das längst über uns hereingebrochen ist, und dem wir uns wehrlos ausgeliefert sehen – aber sind wir das wirklich?

Du warst auf einer Party und hast keine fünf Insta-Storys vor Ort gepostet? Du bist verreist und hast nicht direkt 15 Bilder deiner extravaganten Reise veröffentlicht? Du hast im Gym deines Vertrauens trainiert, und kein Spiegel-Selfie hochgeladen? Nun ja – warst du dann überhaupt dort? Vielmehr stellt sich die Frage: „Wozu denn das Ganze, wenn es niemand zu sehen bekommt?“

Was absurd klingen mag, ist mittlerweile tatsächlich tief in den Köpfen vieler Menschen verankert. Die meisten scheinen nur noch Dinge zu unternehmen oder an bestimmte Orte zu reisen, weil sich derartige Erfahrungen gut in ihrem Social Media-Profil machen. Während man früher noch auf Partys ging, um zu feiern; auf Urlaub fuhr, um Energie zu tanken und trainierte, um sich in seinem Körper wohler zu fühlen, scheint man damit heutzutage nur ein Ziel zu verfolgen – nämlich jenes, sein Profil mit möglichst eindrucksvollen Inhalten zu füllen.

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  Unsere Bloggerin Jelena greift bekanntlich gesellschaftskritische Community-Themen auf, und trifft auch mit ihrem neuesten Blog mal wieder den Nagel auf den Kopf…

 

 

Inhalte, die potenzielle neue Anhänger anlocken sollen, und/oder diejenigen, die bereits angebissen haben, vor Neid erblassen lassen. Mir scheint die meisten möchten eine Art Role Model-Status erreichen, und wozu? Damit man seinen Followern auf möglichst subtile Weise veranschaulicht: „Mein Leben ist besser, als deins!“

Homo Instagramus
Die schier nicht enden wollende Besessenheit nach Bewunderung, die sich für viele anhand von Likes messen lässt, artet mittlerweile derart aus, dass man inzwischen nur noch für seine virtuelle Präsenz zu leben scheint. Die Realität dagegen zieht an uns vorbei, wie die Insta-Storys, die wir uns Tag ein Tag aus fast schon wie in Trance reinziehen.

Was aber verbirgt sich tatsächlich hinter diesen fast schon lächerlich positiven Postings? Hinter den meisten „perfekten“ Fotos stecken in der Tat Menschen, die oft gar nicht so interessant sind, wie sie scheinen. Die Kunst liegt lediglich darin, sich möglichst gut zu präsentieren. Und dafür braucht es derzeit nicht viel – Hier eine kleine Anleitung für den perfekten Post:

1. In erster Linie ist ein halbwegs vorzeigbares Äußeres vonnöten (um den Rest kümmern sich ohnehin Bearbeitungsprogramme).
2. Anschließend entscheidet man sich entweder für einen vermeintlich spontanen Schnappschuss von der Vorder- oder Rückenansicht (frei wählbar).
3. Dabei kommt entweder der pseudo-schüchterne Blick zur Seite ODER der verruchte Schlafzimmerblick direkt in die Kamera zum Einsatz (nicht kombinierbar!) Achtung: Bei Schnappschüssen von Typen zieht generell nur der #ichnehmdichauseinanderblick!
4. Das Ganze muss natürlich auf irgendeinem Strand passieren, den der eine oder andere „Photoshop-Eingriff“ samt nicht Insta-konformer Körpermerkmale des selbsternannten Models einfach schöner schummelt. Auf diese Weise sieht der Neusiedlersee auch schnell mal nach Karibik aus, und Ivana von nebenan geht glatt als Megan Fox-Double durch.
5. Zu guter Letzt setzt man ein oder zwei Filterchen auf das Bild, etwa fünfundzwanzig 0815-Hashtags dürfen natürlich auch nicht fehlen – et voilà, fertig ist das perfekte Insta-Pic, das den verunsicherten „Homo Instagramus“ mit vielen Likes und Kommentaren versorgt, und fürs Erste nachts ruhig schlafen lässt.

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Unsere Bloggerin Jelena traf mit ihrem Beitrag über die Kirche “Am Hof” scheinbar einen Nerv, als sie darüber schrieb, dass viele Balkaneros besagte Glaubenseinrichtung mit einer Partnerbörse verwechseln.

 

 

Spaß beiseite
Hinter ihrer perfekten Maske und den Snapchat-Filtern stecken aber in den meisten besonders aktiven Usern traurigerweise recht komplexbehaftete Persönlichkeiten. Ihr mangelndes Selbstwertgefühl – das sie sich durch die übermäßige Rezeption ebensolcher giftigen Inhalte angeeignet haben – kompensieren sie durch ihr übertriebenes Mitteilungsbedürfnis. In der Hoffnung durch die Bewunderung oder gar den Neid anderer wiederrum mehr von ihrem eigenen Leben zu halten, wird Instagram, Facebook & Co. als Spielwiese für Komplexler genutzt.

Es ist aber schon so weit gekommen, dass sich sogar die „Normalen“ unter uns nicht mehr vorstellen können, ein unbearbeitetes Foto auf die Cyberwelt loszulassen. Viel zu groß ist die Angst nicht ins Bild zu passen, oder als weniger attraktiv zu gelten, als die „Norm“ vorschreibt. Dabei entsprechen diese gängigen Beauty-Vorgaben längst nicht mehr der Realität.

#nofilterneeded
Daher appelliere ich an euch – beweist Mut zur „Hässlichkeit“! Für viele ist diese Zurschaustellung längst wie eine Droge, daher wird es Zeit für einen Entzug. Lasst einfach Schritt für Schritt ein Bildbearbeitungsprogramm nach dem anderen weg. Setzt zur Abwechslung vielleicht nur einen Filter auf euer fünfunddreißigstes Selfie (wir wissen alle, dass es mindestens so viele Anläufe benötigt, bis mal ein gutes dabei ist), statt der üblichen Sepia, Adria, Belgia oder wie sie auch alle heißen mögen.

Postet statt der 15 Storys am Tag nur noch eine oder zwei, denn ganz ehrlich – kein Schwein interessiert es, mit wem ihr wo und wann Kaffee trinken wart, und welche bunte Obstanordnung euer Müsli heute hat.

Und ganz wichtig: bevor ihr bei der nächsten tollen Gelegenheit wieder das Handy zückt, um die ganze Welt an eurem Erlebnis teilhaben zu lassen, genießt doch lieber diesen unvergänglichen Moment, statt ihn durch euren Display-glotzend verstreichen zu lassen, und schon über die passenden Hashtags nachzudenken.