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Festnahme

Seit Corona-Pandemie eingesperrt: Drei Kinder aus Horrorhaus gerettet

Polizei Spanien
FOTO: iStock/l.glz.

Vier Jahre ohne Tageslicht, ein verwahrlostes Haus und drei deutsche Kinder in Spanien. Die Befreiung der Jungen offenbart ein erschütterndes Familiendrama.

Die spanische Polizei befreite am Dienstag drei deutsche Kinder aus einem Haus in Fitoria, einem Ortsteil der Gemeinde Oviedo in der spanischen Region Asturien. Die acht Jahre alten Zwillinge und ihr zehnjähriger Bruder wurden von ihren Eltern fast vier Jahre ohne Tageslicht festgehalten. Die Erziehungsberechtigten befinden sich inzwischen in Untersuchungshaft.

Der Polizeieinsatz erfolgte am Montag während eines landesweiten Stromausfalls. Mit einem Durchsuchungsbeschluss ausgestattet, trafen die Beamten auf einen verwahrlosten 59-jährigen Deutschen, der ihnen Zutritt gewährte. Bevor die Einsatzkräfte die Kinder sehen durften, bestand der Mann darauf, dass alle Anwesenden Mundschutz tragen müssten. Spanische Medienberichte identifizieren den Vater als promovierten Philosophen aus Hamburg.

Der Moment, als die Kinder das Haus barfuß verließen, offenbarte das ganze Ausmaß ihrer Isolation. Sie zeigten deutliche Koordinationsschwierigkeiten und reagierten überschwänglich auf die ungewohnte Freiheit. Die Jungen warfen sich auf den Rasen, berührten fasziniert das Gras und atmeten wiederholt tief ein – als wäre es ihr erster Kontakt mit der Außenwelt seit Jahren.

Die Rettung der Kinder ist einer aufmerksamen Nachbarin zu verdanken. Sie hatte die Jungen zwar regelmäßig gehört, aber nie zu Gesicht bekommen, was sie schließlich zur Erstattung einer Anzeige veranlasste. In der folgenden Überwachung stellten die Ermittler fest, dass das Paar das Haus nie verließ, sämtliche Fenster geschlossen hielt und die Tür ausschließlich für Essenslieferungen öffnete. Auffällig war dabei die für zwei Personen unverhältnismäßig große Nahrungsmenge.

Das Horrorhaus

Hauptkommissar Javier Lopez Lozano beschrieb den Einsatz mit erschütternden Worten: „Wir haben das Horrorhaus geräumt. Die Beamten waren fassungslos, eine solche Situation hatten wir hier in Oviedo noch nie.“ Der Polizist betonte, dass er solche Zustände in seinem Land für unmöglich gehalten hätte und dass die Polizei den drei Kindern ihr Leben zurückgegeben habe.

Die Wohnverhältnisse im Inneren des Hauses waren katastrophal. Permanent heruntergelassene Rollläden verhinderten jeglichen Lichteinfall. Die Zwillinge mussten sich ein viel zu kleines Kinderbett teilen, während ihr älterer Bruder auf einem ebenfalls unzureichenden Etagenbett schlief. Das gesamte Haus glich einer Messie-Wohnung mit Müllbergen in allen Zimmern. In einem der Räume fanden die Beamten zudem eine vernachlässigte Katze mit einem Tumor, die in ihren eigenen Exkrementen lag.

Bei ihrer Vernehmung gab die Mutter zu, dass die Familie seit Dezember 2021 in dem Haus lebte. Sie und ihr Mann hätten gemeinsam entschieden, die Kinder zu deren Schutz nicht ins Freie zu lassen. Nach Angaben der spanischen Behörden hielten die Eltern ihre Kinder aus Angst vor der Corona-Pandemie seit Dezember 2021 eingesperrt, ohne sie jemals zur Schule zu schicken oder medizinisch versorgen zu lassen. Die Kinder mussten permanent Windeln und Mundnasenmasken tragen und in Gitterbetten schlafen. Nach ihrer Befreiung wurden die Jungen zunächst zusammen mit der Mutter ins Krankenhaus gebracht und anschließend in einem Heim untergebracht. Die medizinischen Untersuchungsergebnisse stehen noch aus.

Über die Familie ist inzwischen bekannt, dass die Mutter neben der deutschen auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, während über die genaue deutsche Herkunft der Familie bislang keine offiziellen Angaben vorliegen.

Rechtliche Konsequenzen

„Ihr Wohlergehen steht an erster Stelle“, erklärte Hauptkommissar Lozano. Die Ermittler wissen bereits, dass die Kinder seit dem Umzug nach Oviedo weder eine Schule besucht noch ärztliche Versorgung erhalten haben. Obwohl Lozano betonte, der Justiz nicht vorgreifen zu wollen, sprach er von „deutlichen Indizien eines Verbrechens“.

Die Guardia Civil nahm beide Elternteile fest, die nun einem Richter vorgeführt werden sollen. Anwohner berichteten, wie der Vater in Handschellen abgeführt wurde. Bereits am Mittwoch ordnete das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft an. Die Staatsanwaltschaft begründete ihren Antrag mit Fluchtgefahr und der notwendigen Sicherung des Kindeswohls.

Die zuständige Haftrichterin entzog den Eltern das Sorgerecht und übertrug es den asturianischen Behörden. Das Paar muss sich nun wegen Freiheitsberaubung und Kindesvernachlässigung verantworten.

Sollten bei den Kindern psychische Schäden festgestellt werden, drohen zusätzlich Anklagen wegen häuslicher Gewalt.

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