Hartnäckigkeit zahlt sich aus: Nach jahrelangem Rechtsstreit muss Wizz Air nun 111 rechtswidrige Klauseln streichen und Passagieren Gebühren zurückerstatten.
Nach dreieinhalb Jahren Rechtsstreit hat die Arbeiterkammer ihren Kampf gegen die ungarische Billigfluglinie Wizz Air gewonnen. Der Oberste Gerichtshof erklärte insgesamt 111 Klauseln des Unternehmens für rechtswidrig, darunter die 40-Euro-Gebühr für Check-ins am Flughafen und die nur zwölfmonatige Gültigkeitsdauer von Gutscheinen.
Ein besonders problematisches Vorgehen betraf die Rückerstattung von Tickets, die über Vermittler gebucht wurden. Bei Flugstreichungen wurden Kunden regelrecht im Kreis geschickt: Die Airline verwies auf den Vermittler, dieser wiederum auf die Fluggesellschaft, wie Robert Panowitz vom Konsumentenschutz der Arbeiterkammer erläutert.
Auch bei Entschädigungsforderungen stellte Wizz Air Hürden auf. Die Fluglinie akzeptierte ausschließlich Anträge über ihre Webseite und blockierte alternative Kontaktwege wie E-Mail oder Brief. Der OGH (Oberste Gerichtshof) stufte diese Praxis als unzulässig ein.
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Unzulässige Praktiken
Die meisten beanstandeten Punkte betrafen die undurchsichtigen Geschäftsbedingungen des Unternehmens. Laut Panowitz handelte es sich um ein selbst für Juristen kaum verständliches Regelwerk mit zahlreichen Querverweisen. Als Reaktion auf das Urteil haben Arbeiterkammer und Wizz Air vereinbart, eine spezielle Webseite einzurichten.
Dort können Passagiere drei zentrale Ansprüche geltend machen: die Rückerstattung der Check-in-Gebühr am Flughafen, abgelaufene Gutscheine und verfallene „Wizz Credits“. Diese Beschwerdemöglichkeit gilt für alle Flüge mit Start oder Ziel in Österreich.
Die von Wizz Air festgelegte Gültigkeitsdauer von nur zwölf Monaten für Gutscheine verstößt ebenfalls gegen geltendes Recht. „Grundsätzlich sind Gutscheine 30 Jahre gültig“, erläutert Panowitz. Zwar können Unternehmen diese Frist aus Sicherheitsgründen verkürzen, etwa bei Fälschungsrisiken, doch fehlt im Gesetz eine präzise Grenze.
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Rückerstattungsprozess
Österreich steht mit seinem Vorgehen gegen fragwürdige Geschäftspraktiken von Wizz Air nicht allein da. Allerdings existiert keine koordinierte europaweite Strategie. Die Übertragung von Urteilen aus anderen Ländern gestaltet sich schwierig, da die rechtlichen Rahmenbedingungen international variieren.
In Deutschland verurteilte das Landgericht Berlin bereits 2018 die Fluggesellschaft Ryanair, weil sie Rückerstattungen nach stornierten Flügen über komplizierte Online-Formulare unzulässig erschwerte. Das Urteil führte zur Stärkung direkter Kontaktmöglichkeiten für Passagiere. Auch in Polen wurde Wizz Air 2023 von der Verbraucherschutzbehörde zu einer Millionenstrafe verpflichtet, da das Unternehmen Kundengelder nach Flugausfällen nicht zeitgerecht zurückerstattete.
In beiden Ländern mussten die Airlines ihre Prozesse zur Durchsetzung von Erstattungs- und Entschädigungsansprüchen transparenter und kundenfreundlicher gestalten. Einen europaweiten einheitlichen Vollstreckungsmechanismus für solche Urteile gibt es jedoch weiterhin nicht.
In einer Stellungnahme erklärt Wizz Air, nach Gesprächen mit der österreichischen Arbeiterkammer einen Vergleich geschlossen zu haben. Die Airline erkennt die Urteile des Handelsgerichts Wien an und hat einen Rückerstattungsprozess für Passagiere implementiert, denen seit Anfang 2019 eine Flughafen-Check-in-Gebühr berechnet wurde.
Zudem werden abgelaufene WIZZ-Credits wiederhergestellt oder zurückerstattet und verfallene Gutscheine mit einer fünfjährigen Gültigkeit neu ausgestellt.
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