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Strafverfahren

Superkleber-Prozess: 42 Klimaaktivisten droht Knast nach Straßenblockaden

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FOTO: Letzte Generation

Ein Klimaaktivist, der zu den Hauptbeschuldigten zählt, muss sich wegen mehrerer Delikte vor Gericht verantworten. Laut dem der APA vorliegenden Strafantrag werden ihm neben Widerstand gegen die Staatsgewalt auch schwere Körperverletzung zur Last gelegt. Bei einer Protestaktion im Oktober 2023 vor dem Landhaus in Sankt Pölten soll er einen einschreitenden Beamten durch die Handhabung eines präparierten Feuerlöschers zu Fall gebracht haben.

Die Ermittlungen gegen die Aktivisten wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung und schwerer Sachbeschädigung wurden Ende 2023 öffentlich bekannt. Im Rahmen einer Protestwelle hatten sich Demonstranten mit einer speziellen Mischung aus Sand und Superkleber – den sogenannten “Mumienhänden” – an verschiedenen Verkehrswegen wie dem Wiener Ring und der Südautobahn (A2) festgeklebt. Die Feuerwehr musste daraufhin mit schwerem Gerät anrücken, um die Protestierenden von der Fahrbahn zu entfernen.

Judith Ziska von der Staatsanwaltschaft Wien konstatierte damals, dass die Proteste “ein neues Level erreicht” hätten.

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Umfangreiche Anklagen

Der Strafantrag umfasst neben den Blockadeaktionen weitere Vorfälle aus dem vergangenen Jahr, darunter mehrere Farbschüttaktionen in verschiedenen Bundesländern sowie am Flughafen Wien-Schwechat. Auch eine Protestaktion mit Hundekot vor der ÖVP-Parteizentrale in Wien vom Jänner wird angeführt.

Mit insgesamt 42 Angeklagten, mehr als 20 geladenen Zeugen, Strafverteidigern und Justizvertretern steht ein umfangreiches Verfahren bevor. Das harte Vorgehen der Justiz löste in der Folge breite öffentliche Diskussionen aus und führte zu mehreren parlamentarischen Anfragen. Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen kritisierten das Verfahren.

Kritik am Verfahren

Marina Hagen-Canaval, die ehemalige Sprecherin der “Letzten Generation”, bezeichnete das Verfahren als “Farce”. Gegenüber der APA erklärte sie, die Anklagen dienten “nur zur Abschreckung von zivilgesellschaftlichem Engagement”. Die Aktivisten seien bereit, für ihre Proteste Konsequenzen zu tragen. Allerdings müsse sich auch “eine untätige Regierung” ihrer Verantwortung stellen, so die frühere Bewegung.

Rechtsanwalt Paul Kessler aus dem Verteidigerteam der Angeklagten betonte auf APA-Anfrage: “Die Staatsanwaltschaft hat nun selbst eingesehen, dass es sich bei den Klimaprotesten um Sachbeschädigungen handelt – nicht um die Aktivitäten einer kriminellen Vereinigung.” Er bezeichnete die Vorwürfe als “maßlos überzogen”.

Sein Kollege Clemens Lahner, der ebenfalls einige der damaligen Protestierenden vertritt, ergänzte, man werde “auch anschauen, wie viel von den Sachbeschädigungen am Ende übrig bleibt”.

Anwalt Ralf Niederhammer forderte nach der “politischen Aufgeregtheit in den letzten Jahren und überzogenen Anschuldigungen einen nüchternen und sachlichen Prozess”.