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INTERVIEW

Helden von Wien im Interview: „Wir würden es wieder tun“ (VIDEO)

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Die MMA-Kämpfer Mikail Özen (links) und Recep Gültekin übernahmen die Initiative und retteten auf eigene Faust mehrere Leben. Foto: Instagram

Sie sind die Helden der gestrigen Terror-Nacht in Wien.

Die Wiener Recep Tayip Gültekin und Mikail Özen zeigten inmitten des Kugelhagels in der Wiener City unglaubliche Zivilcourage. Sie retteten zwei Menschen von der Straße, in der sich der Terroranschlag ereignete. Dabei wurde Recep am Bein durch Splitter inmitten der Schießerei verletzt. Während die meisten Menschen die Flucht ergriffen, nahmen die Kampfsportler all ihren Mut zusammen und schlichen sich von Gasse zu Gasse an, um zu schauen wer gerade Hilfe benötigt.

Einer älteren Wienerin, die völlig ahnungslos in den Kugelhagel kam, halfen die beiden MMA-Kämpfer an einen sicheren Ort zu kommen. Ebenso haben sie einem Polizisten, der schwerverletzt war, das Leben gerettet. Ihr emotionales Video, in dem sie das Horror-Ereignis schildern, ist mittlerweile viral gegangen und sorgt in Österreich für jede Menge Mut und Solidarität.

Wir sprachen mit dem Kampfsportler und Installateur Mikail Özen über die schrecklichste und zugleich aufregendste Nacht seines Lebens.

KOSMO: Kannst du nochmal für unsere LeserInnen schildern, was sich gestern ereignet hat? Wieso wart ihr in der Gegend?
Özen:
Wir wollten unseren letzten Kaffee vor dem Lockdown trinken gehen. Als wir in der Nähe vom Schwedenplatz eingeparkt haben, hörten wir plötzlich Schüsse. Mein Freund Recep ging sofort aus dem Auto und Richtung Schwedenplatz. Dabei hat er eine junge Dame am Boden entdeckt. Er brachte sie sofort in die Casablanca-Bar in Sicherheit, aber er wurde inmitten der Schießerei dabei durch Splitter verletzt. Sie schossen mit einer Schrottflinte. Ich bin froh, dass er überlebt hat.

Danach habt ihr noch das Leben einer alten Dame gerettet. Wie kam es dazu?
Wir wollten zur Polizeistation gehen und dann sahen wir eine alte Dame, sicher um die 80 Jahre alt, wie sie völlig ahnungslos mitten ins Gefecht geht. Wir haben sie da rausgeholt und sofort ins Sicherheit gebracht.

Bei der U-Bahn-Station seid ihr dann noch auf einen verletzten Polizisten gestoßen. Auch der kann sich dankbar schätzen, dass ihr zum Glück vor Ort wart…
Wir halfen ihm auf und trugen ihn zum nächsten Krankenwagen. Es ist eines nach dem anderen passiert. Es war wie im Film. Aber wir konnten gar nicht anders. Wir sind nur unserem Herzen gefolgt.

Und eurem Mut. Woher kommt er?
Wir sind Kampfsportler. Unser Sport hat uns geprägt und er hat uns viel Kraft, Selbstbewusstsein und Mut gegeben. Dabei haben wir gelernt, auf sich und andere auch zu schauen. Die Klischees der rechten Parteien und Medien über Kampfsportler und Türken sind einfach nur traurig.

Recep wurde bei der ersten Schießerei durch Splitter verletzt. Wie geht es ihm?
In Anbetracht dessen, was gestern passiert ist, geht es ihm gut. Aber die Folgen der Verletzung werden ihn leider durch das weitere Leben begleiten. Eine Operation der Verletzung wäre mit einer schweren Muskelverletzung verbunden, sagen die Ärzte in einem ersten Urteil. Er wird damit leben müssen. Aber auch das schaffen wir.

Wie geht es dir psychisch nach dem Ganzen?
Ich bin sehr traurig über den Anschlag und ich möchte eines auch sagen: Wir österreichische Muslime stehen hinter Österreich. Und wir stehen zu unserem Favoriten, unserem Wien und unserem Österreich. Ich hoffe, dass diese Ereignisse uns zusammenstehen lassen. Wir müssen jetzt zusammenhalten. Wir alle sind Österreich und Terror hat keine Religion!

Die ganze Welt überschüttet euch jetzt mit Nachrichten. Wie geht es Dir?
Es ist ein Wahnsinn. Vorher hat CNN angerufen, davor BBC. Ich hoffe es trägt dazu bei, dass die Menschen endlich ein anderes Bild von uns jungen Türken und Menschen mit Migrationshintergrund bekommen. Wir haben und wollen nichts mit Terrorismus zu tun haben.

Würdet ihr heute – einen Tag nach den Ereignissen – irgendetwas anders machen?
Nein, wir würden es genauso wieder machen. Das war unsere Pflicht, gerade als Kampfsportler.