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Spionagefall

Wir waren geschockt“ – Staatsschutz deckt russische Spionage-Affäre auf

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Foto: iStock

Die Kontakte zwischen einem mutmaßlichen russischen Geheimdienstmitarbeiter und einem Ingenieur des oberösterreichischen Abwasserentsorgers VTA haben die Aufmerksamkeit der österreichischen Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) auf sich gezogen. Das Onlinemedium „Jetzt“ berichtet in seiner aktuellen Ausgabe über den Fall. Nach Recherchen des Investigativjournalisten Christo Grozev soll der verdächtige Russe einer Einheit angehören, die für Anschläge im Ausland verantwortlich zeichnet.

In einer Stellungnahme gegenüber der APA betonte die DSN, dass sich die Untersuchungen nicht gegen die „VTA Austria GmbH“ richten. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma ‚VTA Austria GmbH‘ kooperieren vollumfänglich mit der DSN“, hieß es weiter. Der Anwalt des Unternehmens teilte „Jetzt“ mit, dass VTA Austria weder direkt noch indirekt in Russland tätig sei. Eine Freundschaft zwischen dem Firmenmitarbeiter und dem mutmaßlichen Agenten werde vom Unternehmen bestritten. Allerdings bestätigte der Anwalt, dass der langjährige Mitarbeiter von der DSN als Zeuge befragt wurde.

VTA-Gründer und Eigentümer Ulrich Kubinger erklärte gegenüber der APA, dass trotz der Inaktivität seines Unternehmens in Russland dort mehrere Firmen entstanden seien, die den Namen VTA verwendeten. „Davon habe ich bis vor 14 Tagen nichts gewusst“, sagte Kubinger. Er zeigte sich „sehr massiv verärgert“ und habe den Vorfall zur Anzeige gebracht, zweifle jedoch an einem Erfolg. Er betonte, dass kein Schaden entstanden sei: „Wir haben kein einziges Kilogramm nach Russland verkauft.“ Der Name sei international nicht geschützt, weshalb es weltweit Unternehmen gebe, die diese Bezeichnung führten.

Russischer Geheimdienstagent

In einer dieser russischen Firmen, die sich als offizieller Vertreter der VTA Austria GmbH ausgibt, soll jener russische Geheimdienstagent tätig sein, der auch in Österreich war. Laut Grozevs Recherchen gehört Sergei K. einer bedeutenden russischen Geheimdienst-Einheit an. Diese unterwandere Unternehmen und sei auch für Mordanschläge und Vergiftungen verantwortlich, darunter der Fall von Sergei und Julia Skripal 2018 in Salisbury (britische Stadt, Giftanschlag).

Im Jahr 2018 nahmen ein Professor der Universität Kasan sowie der russische Agent, der sich als Student dieser Universität ausgab, an einer Summerschool auf dem Firmengelände der VTA teil. Später erschien derselbe Mann am VTA-Stand auf der IFAT-Messe (Umwelttechnik-Fachmesse) in München, verhielt sich dort jedoch unauffällig. Anschließend besuchte er noch ein Tagesseminar in Kitzbühel-Tirol, wie Kubinger berichtete, der den Verdächtigen nach eigenen Angaben nie persönlich getroffen hat. Ein VTA-Mitarbeiter – jener, der als Zeuge vernommen wurde – habe noch lockeren Kontakt zu dem Russen gepflegt.

Unternehmen geschockt

„Wir waren geschockt, als uns der Staatsschutz über mögliche geheimdienstliche Vorgänge im Unternehmen informiert hat“, berichtete Kubinger. VTA hatte 2012 die Absicht, auf dem russischen Markt Fuß zu fassen, und besuchte das Land bis 2019 zwölfmal, bevor man das Interesse an diesem Markt aufgab. Der Firmenchef erklärte, dass dort andere Systeme vorherrschten und die Angebote für potenzielle Kunden zu kostspielig gewesen seien.

Kubinger fühlt sich nach der Zusammenarbeit mit den Behörden „viel sicherer und betreut“. „Wir haben viel gelernt, der Staatsschutz hat uns gebrieft und toll beraten. Es war eine intensive Zusammenarbeit“, sagte er. Dennoch bleibe ein „bitterer Nachgeschmack“ zurück: „Warum man uns ausspionieren wollte, wissen wir nicht.“ Obwohl VTA medial bekannt sei und Marketing betreibe, könne er „auf diese Art von Zuspruch verzichten“.

So der Unternehmensleiter abschließend.