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INTERVIEW

Ana Bekuta: „Ich bin nicht dafür geschaffen, alleine zu leben!“

In dieser Zeit sind Sie mit nur 17 Jahren bereits Mutter geworden…
Ja, meinen Igor habe ich nach Abschluss der zweiten Klasse im Gymnasium bekommen. Da habe ich meine Schulausbildung unterbrochen. Aber später habe ich noch maturiert. Die Geburt meines Sohnes bedeutete eine ernsthafte Wende in meinem Leben. Damals hat mich die Musik ganz erobert und ich habe, als er drei oder vier Jahre alt war, die Musik als meinen Lebens- und Berufsweg gewählt. In meiner Geburtsstadt wollte man mir nicht einmal einen Job als Köchen in einem Café geben, und dafür bin ich heute dankbar, denn man hat mich gezwungen, das Talent, das ich habe, zu nutzen. Einmal hat mich ein Kollege von den Musikwettbewerben nach Prijepolje eingeladen, dass ich für ein paar Wochen eine kranke Sängerin vertrete, und als meine Eltern gesehen haben, dass ich so Geld verdiene und es nach Hause bringe, haben sie mir nicht länger verboten, das zu meinem Beruf zu machen.

Mit der Entscheidung, ein Kind zu bekommen, haben sie einen schwierigen Weg gewählt. Wie haben Sie sich dabei gefühlt?
Ich habe nie auch nur daran gedacht, diese Frucht in mir zu töten, obwohl mir diese Verletzung des Verhaltenskodex in meiner Kleinstadt viel Missgunst eingebracht hat. Mit der Geburt des Kindes habe ich eingestanden, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Diejenigen, die keine außereheliche Schwangerschaft erlebt haben, oder auch die, die sie erlebt und heimlich abgebrochen haben, haben sich lautstark über meine Unmoral ereifert. Einige haben sich benommen, als hätten sie ihr eigenes eheliches Kind unbefleckt empfangen. In diesem bitteren, kleinbürgerlichen Milieu war eine uneheliche Geburt eine Schande. Die Entscheidung, das Kind zu bekommen, hat mein Leben von Grund auf verändert. Wenn es anders gewesen wäre, wäre ich wahrscheinlich in Priboj geblieben und eine gute Russischlehrerin oder Tierärztin geworden.

Stimmt es, dass Ihre Eltern Sie anfangs nicht unterstützt haben?
Sie haben mich so sehr unterstützt, wie es nötig war. Ich habe sie verstanden, als Sie mir zugeredet haben, Igor für einige Monate in ein Heim zu geben, damit ich die Situation in unserem Haus und die Beziehungen zu unserer Umgebung ordnen konnte. Igor hat acht Monate dort verbracht und ich habe ihn alle fünfzehn Tage besucht. Ich habe für den Moment gelebt, in dem wir wieder zusammen sein konnten. Nach diesen Monaten der Agonie hat die Stimme des Verstandes und des Herzens gewonnen und mein Vögelchen ins Nest zurückgeholt. Ich habe es überlebt, all das hat mich stärker gemacht, und wenn es diese schweren Entscheidungen nicht gegeben hätte, wäre ich heute wahrscheinlich nicht das, was ich bin. Ich habe es meinen Landsleuten nicht übelgenommen. Ich habe diese Mentalität verstanden und gedacht: Gott, verzeih ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!

„Ich bin Gott für die Chance dankbar, eine solche Liebe kennenzulernen. Die böswilligen Kommentare interessieren mich nicht.“ (FOTO: Zoran Lončarević)

Ihr Sohn ist mithilfe von Oma und Opa trotzdem zu einem guten Menschen herangewachsen.
Ja, vor allem dank meiner Mutter und meiner jüngeren Schwester, die während seines Aufwachsens die meisten Pflichten übernommen haben. Igor war der Liebling der ganzen Familie, und bis zur fünften Klasse der Grundschule hat er bei meinen Eltern gelebt. Ich habe mit Singen Geld verdient, und meine große Motivation war der Wunsch, eines Tages mit meinem Sohn zusammenzuleben. Und der ist auch wahr geworden. Allerdings hatte er lange eine Aversion gegen meine Arbeit, was verständlich ist, denn das Singen hatte ihm ja bis zu einem gewissen Grade die Mutter genommen. Aber jetzt ist er im Beruf meine rechte Hand. Auch Igor ist jung Vater geworden. Ich war schon mit 39 Jahren Oma.

Wie kommt es, dass Sie immer so stolz betonen, dass Sie Oma sind, wo doch Ihre meisten Kolleginnen ihre erwachsenen Kinder und Enkelkinder lieber verstecken?
Es gibt viele Menschen auf der Bühne, die ihr Privatleben verstecken, um ihre Familie, vor allem die Kinder und Enkelkinder, zu schützen. Auch das muss man verstehen. Aber ich bin gegenüber dem Publikum immer ehrlich und offen geblieben. Ich habe mich nicht gescheut, zu zeigen, dass ich eine Frau mit all den Problemen bin, die eine alleinerziehende Mutter haben kann, die für ihr Kind kämpft. Und ich kämpfe, so gut es geht, auch für meine Enkelkinder. Für einige war ich ein Vorbild, andere haben mich natürlich verurteilt, aber aufgrund meiner Ehrlichkeit haben die Menschen verstanden, dass diese Arbeit nicht Milch und Honig ist, wie viele denken.

LEBEN. „Bis zur 5. Klasse hat Igor bei meinen Eltern gelebt.
Ich habe mein Geld mit Singen verdient,
und meine große Motivation war der Wunsch, eines Tages mit meinem Sohn zusammenzuleben.“

Über die Liebe…
Ihre Liebe zu Milutin Mrkonjić ruft oft hässliche und verletzende Kommentare hervor, aber Sie halten bedingungslos zu dem Mann, den Sie lieben. Ist das schwer?
So ist es. Ich werde oft gefragt, ob ich es bedaure, dass wir uns nicht früher getroffen haben. Ich glaube wirklich, dass wir uns im richtigen Moment, im richtigen Alter getroffen haben, als wir beide reif waren, uns selbst verwirklicht hatten und erfolgreich waren, wo wir uns beide in unseren Entscheidungen unterstützen, und nicht gegenseitig ändern wollen, sondern uns so akzeptieren, wie wir sind. Ich bin Gott dankbar, dass er mir Gelegenheit gegeben hat, eine solche Liebe kennenzulernen. Darum interessieren mich diese Hörensagen-Geschichten und die bösgemeinten Kommentare nicht. Ich lese keine Zeitungen, die sich mit dem Leben anderer Menschen beschäftigen. Und über unsere Liebe zu sprechen, dazu sind nur unsere Familien berufen.

Man sagt, dass zwei reife Menschen nur dann zusammenbleiben können, wenn sie getrennte Badezimmer haben. Wie ist das bei Ihnen?
Das ist vielleicht der Schlüssel zu unserer Beständigkeit, hier lassen wir uns gegenseitig in Ruhe. Ehrlich gesagt, ist es mir nach zehn Jahren Alleinsein nicht leichtgefallen, mein Leben mit jemandem zu teilen, denn man ist das Zusammensein nicht mehr gewohnt. Aber ich habe mich darauf eingestellt, Milutin ist ein offener Mensch und er hat mich weder in meinem täglichen Leben noch in meiner Karriere behindert. Er ist ein großer Bohemien, den ich aus den Kaffeehäusern herausgeholt und nach Hause gebracht habe. Jetzt ist er mir dankbar, dass wir mehr zu Hause sitzen, denn er ruht sich mehr aus, liest, schaut fern.

Wir können auch gemeinsam schweigen, aber alle großen Lieben wären nicht groß, wenn sich die Menschen nicht auch in solchen Momenten verstehen würden. Auch ich erhole und regeneriere mich am besten zu Hause und lade dort meine Batterien auf. Es gibt Tage, da ziehe ich den Pyjama gar nicht aus. Weil ich gerne gut esse, koche ich auch gerne, und das kommt von Herzen. Gutes Essen bringt Menschen zusammen, und ich genieße das, ohne Kalorien zu zählen, auch wenn ich ein paar Kilo zu viel auf den Rippen habe.

Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.