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Krivelj – das serbische Dorf der Willkür der Minenbetreiber und des Staates ausgesetzt

Durch Krivelj fließt noch immer ein grün-blauer Fluss und die Luft lässt sich vor lauter Staub kaum atmen. (FOTO: Screenshot/YouTube/N1)

Luftverschmutzung — ein Problem aus dem vergangenen Jahrhundert
Da die Mine ununterbrochen in Betrieb ist, kann die Arbeit auf den Feldern, der Verkauf von Obst und Gemüse, die Ruhe, der Frieden, aber auch das Leben der Bevölkerung von Krivelj nicht ihren gewohnten Verlauf nehmen.
Mit Bezug auf die Luftverschmutzung sind Bor und seine Umgebung schon seit Jahren ein schwarzer Punkt für Serbien, aber auch für Europa. Dass Zijin Luft, Wasser und Umwelt verschmutzt, weiß auch der serbische Staat, der dem chinesischen Unternehmen bereits zwei Geldstrafen von ca. 11.898 Millionen Euro auferlegt hat. Das chinesische Unternehmen hat die Verschmutzungen damals der übernommenen, überalterten Ausstattung angelastet, aber fast vier Jahre nach der Übernahme durch Zijin fließt durch Krivelj noch immer ein grün-blauer Fluss und die Luft lässt sich vor lauter Staub kaum atmen. In dieser Luft befindet sich eine große Menge an Schwefeldioxid (SO2), das häufig zu Husten führt, aber auch Herz und Lungen beeinträchtigt und Kinder, ältere Personen und chronisch Kranke gleichermaßen bedroht.
Im MRE betont man, eine der Aufgaben des Ministeriums sei es, hier so wie überall, wo Bergbau stattfindet, die Tätigkeit der Bergbauunternehmen zu kontrollieren, aber auch hier befindet man, dass das jetzige Problem der Luftverschmutzung ein ererbtes Problem sei und nicht in den Arbeitsmethoden der chinesischen Firma begründet sei.

„Das Problem der Luftverschmutzung in Bor ist ein Problem aus dem vergangenen Jahrhundert und das Unternehmen Zijin unternimmt maximale Anstrengungen, um die Luftqualität, den Zustand der Umwelt und der Ökologie zu verbessern. Zu diesem Zweck wurde eine bedeutende Geldsumme in ein Entschwefelungssystem investiert, das seine Arbeit im August letzten Jahres versuchsweise aufgenommen hat und gute Ergebnisse erzielt. Die Werte der Schwefeldioxidemission jetzt weit unter den Grenzwerten liegen”, behauptet man im Ministerium. Die Einwohner jedoch geben an, diese Verbesserung weder zu sehen noch zu riechen.

In dieser Luft befindet sich eine große Menge an Schwefeldioxid (SO2), das häufig zu Husten führt, aber auch Herz und Lungen beeinträchtigt. (FOTO: Screenshot/YouTube/N1)

Neben der Verbesserung der Technologie, auf die man sich bezieht, hat das MRE auch einen Plan, um das Leben der Bevölkerung von Krivelj zu verbessern. „Dies ist ein langfristiger Prozess (der vor allem durch die bereits verunreinigte Umwelt erschwert wird), der darauf beruht, die Nutzung der modernsten Technologien im Bergbau anzustreben bzw. die technologischen Standards kontinuierlich zu heben. Zu diesem Zwecke werden die gravierendsten Faktoren der Verschmutzung identifiziert und Methoden zur Sanierung dieser Faktoren sowohl für den Abbau über Tage als auch unter Tage definiert, wobei der Abbau über Tage problematischer ist. Letztendlich soll der Raum nach einem Prozess der Sanierung und der Rekultivierung des Landes in seine ursprüngliche Funktion zurückgeführt werden”, plant man im Ministerium.

Neben der Verbesserung der Technologie hat das MRE auch einen Plan, um das Leben der Bevölkerung von Krivelj zu verbessern.

Ministerium für Bergbau und Energiewesen

Eines ist sicher: In Krivelj kann man nicht mehr normal leben. Nach einigen hier verbrachten Tagen verursachte der Staub dem Journalistenteam Halskratzen und ein Brennen in den Augen und das städtische Wasser verursachte einigen Magenprobleme.

Aus dem Umweltministerium kamen bis zur Drucklegung dieser Ausgabe unserer Zeitschrift keine Antworten auf die Fragen, ob die zuständigen Behörden überprüft hätten, wie hoch der Grad der Luftverschmutzung in Krivelj derzeit ist, und mit welchen Mechanismen die Luftqualität, und damit auch die Lebensqualität der Bevölkerung, verbessert werden soll.

Wenn ein serbisches Dorf zur chinesischen Provinz wird
Einige der Einwohner Kriveljs leben schon seit Jahrzehnten auf ihrem Land und einzelne Familien sind seit einem ganzen Jahrhundert hier ansässig. Dass einmal Chinesen ihre nächsten Nachbarn sein würden, hätte sich kaum jemand vorstellen können.

In Krivelj weht auf der Mine die chinesische Flagge und offiziell gibt es im Ort 3.000 Chinesen, die die meisten Arbeiter der Mine stellen, wobei die Dorfbevölkerung zu dieser Zahl noch 2.000 inoffizielle Dorfbewohner hinzurechnet. Daher sagen sie auch, Krivelj sei eine chinesische Provinz geworden.

„Niemand ist mit dem chinesischen Unternehmen zufrieden. Ich weiß nicht, wie viel die Chefs verdienen und welchen Prozentsatz die Geschäftspartner einstreichen, aber selbst die chinesischen Arbeiter sind nicht glücklich. Ihre grundlegenden Menschenrechte sind bedroht, sie leben in Containern und gehen in den Wald, um sich irgendetwas zu jagen. Für sie gibt es keine Verkehrsmittel, die Armen müssen kilometerweit zu Fuß zur Arbeit gehen. Wenn die schon mit ihrem eigenen Volk so umgehen, wie werden sie erst uns gegenüber sein”, sagt Zoran Vojinović besorgt und fügt hinzu, dass die Bewohner rund um die Mine von deren Betrieb nie einen größeren Vorteil hatten außer den Arbeitsplätzen, an denen sie, so sagt man, das Wichtigste verloren haben: ihre Gesundheit.

Die Bewohner von Bor und Umgebung haben ein erhöhtes Risiko an allen Kreibsarten zu erkranken außer an Hauttumoren.

Die Mine erhöht die Krebsrate
Ergebnisse einer Studie unter dem Namen „Förderung der Verwaltung kontaminierter Gebiete in Serbien”, an deren Erstellung das Institut für öffentliche Gesundheit „Milan Jovanović Batut” und das Ministerium für Gesundheit und Umweltschutz beteiligt waren, zeigt, dass die Bewohner von Bor und Umgebung ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen, außer Hauttumoren. Diese verlaufen oft tödlich. Darüber hinaus haben die Ortansässigen ein erhöhtes Risiko, an anderen Krankheiten zu sterben wie Erkrankungen der Atemwege, des Verdauungstrakts oder des Herz-Kreislauf-Systems.

Was jetzt?
Aufgrund der vielen Kriege ist Serbien nicht rechtzeitig auf den Schnellzug des Fortschritts aufgesprungen und verlässt sich deswegen jetzt, wo andere EU-Staaten auf ökologische Energiequellen setzen, auf den Bergbau und baut sein Getreide auf Deponien an.

Eine bessere Zukunft sehen die Einwohner Kriveljs kaum, denn sie sagen, sie leben vergessen zwischen der Mine, den Vertretern des chinesischen Unternehmens und dem Staat.

Eine Antwort des Borer Bürgermeisters zu diesem Thema steht noch aus. Aus dem zuständigen Ressort wird ihnen versichert, dass für die Umsiedlung des Dorfes genug Geld vorhanden ist, und so sind einige von ihnen zuversichtlich, dass sich trotz der mehrjährigen Versprechungen am Ende doch eine gute Lösung findet. Die Kriveljer hoffen noch immer, dass die Behörden auf ihrer Seite sind. „…dass sie es möglich machen, dass wir in Würde leben können, denn wir kämpfen damit schon 40 Jahre und es ist nicht normal, dass Menschen so leben”, sagt Dragoslav und fügt hinzu, dass es, wenn der Staat nichts tut und die Mine weiterhin so unerbittlich arbeitet, nur zwei Lösungen gibt:
„Dass wir all das hier zurücklassen und weit weg gehen, oder als Zweites, dass wir vorzeitig sterben.”

AUTORIN: Lena Sladojević