Wenn einem eine Mine in die Felder und Gärten eindringt und wortwörtlich die Schwelle des Hauses überschreitet, wenn Staub das Obst und Gemüse bedeckt und viele Bewohner an Asthma leiden, ist das Einzige, was einem bleibt, ein Umzug. Das ist das Schicksal der Bewohner des Dorfs Krivelj in der Nähe von Bor. Das ganze Dorf mus aufgrund der Ausbreitung der Mine umziehen, deren Inhaber das chinesische Unternehmen „Zijin Copper” und der ehemalige Bergwerks- und Verhüttungskomplex Bor ist. KOSMO hat nachgefragt, wie die Dorfbevölkerung, deren Höfe allmählich Teil der Mine werden, heute leben und was der Staat Serbien für die Zukunft plant.
Das Dorf Krivelj ist nur eines der Dörfer in der Gemeinde Bor und in ganz Serbien, die von Bulldozern bedroht werden, um einer Mine zu weichen. Seit den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts leben die Kriveljer zwischen Minen und atmen eine Luft, die oft zum Schneiden ist.
Zuerst wurde an den Hängen ihres Dorfs die Mine Veliki Krivelj angelegt, später auch Cerovo. Zwischen ihren Häusern wurde eine Anlage zur Verarbeitung des Erzes errichtet, es wurden Deponien bzw. Lagerstätten für den Abfall der Mine geschaffen und auch ein Steinbruch, in dem das Material für die Mine gewonnen wird.
Der Bergwerks- und Verhüttungskomplex Bor (RTB Bor) ist der einzige Produzent von Kupfer und Edelmetallen (Gold und Silber) in Serbien, gehört jedoch zum größeren Teil nicht der Republik. Der ehemalige Minister für Energie und Bergbau, Aleksandar Antić, und der Geschäftsführer von Zijin und Senior-Vizepräsident des chinesischen Unternehmens, George Fang, unterschrieben 2018 einen Vertrag über die Übernahme von 63 Prozent des RTB Bor, der sich seitdem in chinesischem Mehrheitseigentum befindet. Seit diesem Zeitpunkt ist die Mine nach Angaben der örtlichen Bevölkerung 24 Stunden täglich und sieben Tage die Woche in Betrieb und breitet sich mit jedem Tag weiter auf den Besitz der Bewohner aus.
RTB Bor ist der einzige Produzent von Kupfer und Edelmetallen (Gold und Silber) in Serbien.
Wenn die Mine immer größer wird und ihre Ausbreitung immer mehr Gewinn abwirft, wird das Dorf mit seinen 600 Haushalten und 1.000 Bewohnern verschwinden und auf dem Land ihrer Großväter werden chinesische Arbeiter Gold und Kupfer suchen.
Der staatliche Plan sieht vor, dass die Einwohner von Krivelj in den kommenden Jahren umgesiedelt werden. Wann und unter welchen Bedingungen die Kriveljer ihre Häuser verlassen werden und wohin sie von dem Land ihrer Väter und Vorväter gehen werden, ist noch unbekannt.
Bis zu diesem, noch immer unbestimmten Moment werden sie die schadstoffhaltige Luft atmen, vor Staub husten und in Angst leben, dass die Decken der Häuser, in denen sie geboren wurden, eines Nachts aufgrund der Detonationen in der Mine einstürzen könnten.
Das Leben mit einer Mine, die niemals schläft
Zwei Finger dicker Staub, Obst und Gemüse, die niemand ernten und schon gar nicht essen kann, da es schwarz und voller Löcher ist, Häuser, deren Wände langsam Risse bekommen, in denen man kaum leben kann und die sich noch schwerer verkaufen lassen… Das ist das Bild des heutigen Krivelj und das Schicksal seiner Bewohner, die noch nicht vor der sich ausweitenden chinesischen Mine geflüchtet sind.
Es ist geplant, dass in Krivelj in den nächsten 50 Jahren Kupfer, Silber und Gold abgebaut werden.
Da die Planung vorsieht, dass hier in den nächsten 50 Jahren Kupfer, Silber und Gold abgebaut werden, braucht es eine Lösung. Alle Einwohner wollen dasselbe: einen Ort, an dem nicht ständig gesprengt wird, ohne Luft- und Wasserverschmutzung und eine endgültige Lösung für ihr weiteres Leben.
„Seitdem die Chinesen gekommen sind, wird permanent gesprengt. Sie arbeiten in drei Schichten und treiben die Mine selbst in der Nacht voran. Auch sie wissen, dass diese Regierung nicht ewig bleibt, und sie damit auch nicht. Darum wollen sie die Mine jetzt möglichst stark ausbeuten. Das hat uns allen hier zahlreiche Probleme und keinerlei Nutzen gebracht. Mein Stall ist zusammengebrochen, und es ist gut, dass Sie hier sind, während es regnet. So können sie sehen, wie grauslich das jetzt aussieht”, erklärt uns der Dorfbewohner Zoran Vojinović und fügt hinzu, dass seine Frau und er selbst in ihrem Haus nicht mehr sicher sind. Im Keller des Hauses haben sie Stützpfeiler aufgestellt, um wenigstens ein bisschen sicherer zu sein. Und so ist es nicht nur bei ihm: das ist das Schicksal von Bor und all seinen umliegenden Dörfern.
„Normalerweise geht man für acht Stunden in die Arbeit und dann kommt man nach Hause, um sich auszuruhen. Für meine Frau Slavica und mich ist das nicht so, bei uns arbeiten die Maschinen 24 Stunden. Wir können nicht schlafen und auch nicht so essen, wie es sich gehört”, erklärt Dragoslav Nikolić.
Die alte Stana Veselinović erinnert sich mit ihren 86 Jahren gut, wie die Mine früher betrieben wurde, aber sie erinnert sich nicht daran, dass es so schrecklich war. Was sie an der Umsiedlung besonders beunruhigt, ist, dass jemand sie betrügen könnte, denn sie müsste ihren Besitz verlassen, der sich über ein Grundstück von 30 Ar und ein Feld von 20 Ar erstreckt, auf dem sie jetzt Getreide anbaut.
„Wenn es denn zu dieser Umsiedlung kommt, fürchte ich, sie werden mir kein Grundstück und kein Feld geben, wie ich es jetzt habe. Aber auch das, was ich jetzt habe, ist nichts mehr wert, denn Staub bedeckt mein Gemüse und sogar auch die Blumen. Alles verbrennt. Verdammte Mine”, erklärt die Alte und zeigt uns die verrottenden Früchte, während sie vor Staub hustet.
Wohin, wenn die Mine in den Garten eindringt?
Wie man den Bewohnern von Krivelj im Ministerium für Bergbau und Energiewesen (MRE) erklärt hat, liegt die Entscheidung jetzt bei den Einwohnern. Sie werden befragt und sollen erklären, ob sie ihren jetzigen Besitz gegen einen gleichwertigen an einem anderen Ort eintauschen würden oder ob sie ihre Felder gegen eine Wohnung in Bor aufgeben wollten. Es besteht auch die Möglichkeit, das Haus direkt an das Unternehmen zu verkaufen.
„Wenn sie uns ein Dorf geben, gehe ich in das Dorf, wenn die Umsiedlung kommt. In der Stadt Bor will und kann ich nicht leben. Ich bin auf dem Land alt geworden und die Stadt fühlt sich für mich wie ein Gefängnis an. Ich weiß nicht, wie dort die Landschaft ist und ich will kein Land in Hanglage. Ich will, dass sie mir so ein Feld geben, wie ich es jetzt habe. Ich bin alt und will nicht am Berg wohnen. Ich will auch kein Geld. Die Heimat ist die Heimat, das wird ihnen jeder alte Mensch sagen. Sie müssen es auch dort so einrichten, dass es eine Kirche, einen Friedhof, ein Kaffeehaus und Geschäfte gibt”, erklärt die Seniorin.
Bei ihrem Nachbarn Dragoslav Nikolić funktioniert alles perfekt, das Haus ist renoviert, der Kater räkelt sich am Ofen, die zahlreichen Tiere sind versorgt und der Garten erstreckt sich über eine enorme Fläche. Ein Haushalt, der selbst Öl aus Kürbissen herstellt, und zwar kaltgepresstes. Umso schwerer ist es, sich vorzustellen, dass das bald alles zerstört sein wird. Das Problem seines Besitzes ist doppelt so groß, denn diese Übersiedlung aufgrund der Mine ist für ihn schon die zweite.
„Ich hoffe, dass uns die Chinesen entgegenkommen, sodass wir zumindest wissen, wo unser Krivelj sein wird.”
Dragoslav Nikolić
„Leider ist das die Realität, egal, wie wohl wir uns hier fühlen – auf dem Land unserer Großväter. Es muss einfach passieren, denn die Minenarbeiten werden immer größer. Ich hoffe, dass uns die Chinesen, die Republik Serbien und die Regierung entgegenkommen, sodass wir jedenfalls erfahren, wo unser Krivelj in Zukunft sein wird. Das Schlimmste ist, dass wir alle hier ahnen, dass sie gar keinen neuen Ort für uns haben, sondern nur auf Zeit spielen. Ganz Bor wird durchsucht. Die Behörden müssen endlich sagen, wo es noch freien Raum gibt”, sagt Dragoslav.
Was die Kriveljer fürchten, ist auch die Antwort auf die Frage, wie lange die Umsiedlung dauern wird. Nach eigenen Angaben fordern sie, dass in weniger als fünf Jahren alles abgeschlossen ist, denn, wie sie betonen: „Es ist ja nicht Chicago, das umgesiedelt wird, sondern nur ein Dorf von 400 bis 600 Haushalten.
Im Ministerium für Bergbau und Energiewesen, erklärte man gegenüber KOSMO, dass für die baldige Übersiedlung von Krivelj ein klarer Plan besteht, da im August vergangenen Jahres eine Arbeitsgruppe zur Begleitung des Prozesses der Erstellung und Verabschiedung eines Raumordnungsplanes für das Gebiet besonderer Widmung, das Minenbecken Bor-Majdanpek, und die Umsiedlung des Ortes Krivelj eingesetzt wurde.
„Aufgabe dieser Gruppe ist es, neben der Begleitung der Erstellung des Raumordnungsplans auch die Umsiedlung des Ortes Krivelj und Fragen der Nutzung der Grundstücke zu erörtern. Bisher wurden zwei Sitzungen der Arbeitsgruppe abgehalten, auf denen die komplexesten Fragen erörtert wurden und eine optimale Lösung nicht nur für den Ort Krivelj, sondern für das gesamte Bergbaugebiet Bor-Majdanpek und alle besiedelten Orte gesucht wurde, die in der Zukunft direkt oder indirekt unter den Einfluss der Bergbautätigkeit geraten könnten. Daneben haben Vertreter des MRE mehrere Treffen mit den Bewohnern von Krivelj abgehalten und in Zusammenarbeit mit Fachleuten des Instituts für Architektur und Urbanismus die günstigste Destination für die Übersiedlung des Ortes gesucht”, heißt es aus dem Ministerium. Man weist darauf hin, dass in diesen Sitzungen sechs Orte gefunden wurden, von denen drei in die engere Wahl gezogen wurden.
„Schon demnächst findet ein weiteres Treffen statt, bei dem Bilanz gezogen wird, was bisher getan wurde, und die endgültigen Beschlüsse gefasst werden.”
Wann dieses „demnächst” sein wird und wann die endgültigen Beschlüsse gefasst werden, bleibt abzuwarten. Aber Krivelj ist nicht der erste Ort, der auf diese Weise umgesiedelt werden muss. Im Kolubara-Becken wurden über 3.000 Haushalte abgesiedelt und Ähnliches passiert derzeit im Kostolac-Becken. Das alles sieht auf dem Papier, und in den Vorschriften gut aus, aber vor Ort sind die Sorgen der Einwohner sehr berechtigt.
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