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Welterbestreit

Zoff um den Heumarkt: Wien bleibt UNESCO-Sorgenkind

Heumarkt Neu
FOTO: Heumarkt Neu

Trotz Hochhausverbotszone bleibt Wiens Innenstadt auf der UNESCO-Roten Liste. Der Streit um das Heumarkt-Projekt mit seinen umstrittenen Bauhöhen verhindert die erhoffte Entlastung.

Weiterhin gefährdetes Welterbe

Der Versuch, durch eine Hochhausverbotszone in der Wiener Innenstadt die UNESCO zu besänftigen, ist fehlgeschlagen. Laut einem fünfseitigen Entscheidungsentwurf, der dem KURIER vorliegt, wird das Welterbe-Komitee beschließen, das historische Zentrum Wiens weiterhin als gefährdetes Welterbe einzustufen. Die formelle Entscheidung wird bei der Welterbekonferenz Anfang Juli in Paris fallen.

Für die österreichische Hauptstadt, die seit 2017 wegen des umstrittenen Heumarkt-Projekts auf der kritischen Liste steht, bedeutet dies eine weitere Enttäuschung. Bereits im Vorjahr hatte man – noch vor der Wien-Wahl – gehofft, von der Liste gestrichen zu werden. Damals gab es immerhin einen kleinen Lichtblick: Welterbe-Direktor Lazare Eloundou Assomo stellte persönlich eine mögliche Streichung für 2025 in Aussicht. Diese Perspektive hat sich nun zerschlagen.

Bei dem kontroversen Bauprojekt des Investors Michael Tojner wurden keine nennenswerten Fortschritte oder weitere Größenreduzierungen erreicht. Die UNESCO zeigt in ihrem Entscheidungsentwurf keinerlei Kompromissbereitschaft und beharrt auf einer Lösung, die mit dem Welterbestatus vereinbar ist. Sie fordert einen überarbeiteten Entwurf, der auf den vier von einer UNESCO-Expertenmission vorgeschlagenen Optionen basieren soll.

Umstrittenes Bauprojekt

Die geplante Neugestaltung des Wiener Heumarkt-Areals mit Hotel Intercontinental und Eislaufverein an der Grenze zwischen dem ersten und dritten Bezirk beschäftigt die Öffentlichkeit bereits seit 2012. Ursprünglich war ein 74 Meter hoher Luxus-Wohnturm des brasilianischen Architekten Isay Weinfeld vorgesehen. Nach Kritik wegen der Lage in der Welterbe-Kernzone wurden die Höhen schrittweise verringert.

Die Flächenwidmung von 2017 erlaubte noch eine Höhe von 66 Metern. 2023 wurde das Projekt mit maximalen Bauhöhen von 56,5 bzw. 47,85 Metern vorgestellt. Später folgte die Zusage, beim Wohnturm zwei weitere Geschoße zu streichen (49,95 Meter).

Kurz vor der Welterbe-Sitzung im Juli 2024 wurde eine neue Variante mit Höhen von 44 und 48 Metern präsentiert. Doch selbst dieser Kompromissvorschlag erfüllte nach Ansicht der Welterbehüter nicht die notwendigen Anforderungen. Bei drei der von der UNESCO vorgeschlagenen Varianten müssten die Baukörper auf die Höhe der umliegenden Gründerzeithäuser reduziert werden.

UNESCO-Forderungen

Wien steht seit 2017 wegen des Heumarkt-Projekts auf der Liste der gefährdeten Welterbestätten. Auch beim Schloss Schönbrunn, das seit 1996 zum Weltkulturerbe zählt, gab es bereits Interventionen aus Paris. Falls Wien eine akzeptable Lösung findet, verlangt die UNESCO erneut eine Expertenmission zur Bewertung und um festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine Streichung von der Liste des gefährdeten Welterbes erfüllt sind.

Die nächste Gelegenheit dafür wäre im Sommer 2026. Zuvor muss bis Februar 2026 ein aktualisierter Zustandsbericht eingereicht werden.

Die UNESCO äußerte sich aber auch anerkennend: Es seien „erhebliche Fortschritte bei der Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen“ erzielt worden – etwa durch den neuen Stadtentwicklungsplan STEP 2035 und ein überarbeitetes Denkmalschutzgesetz. Bei anderen potenziellen Problemzonen wünscht das Welterbezentrum weiterhin vollständige Informationen.

Laut dem UNESCO-Dossier vertritt die Stadt Wien den Standpunkt, dass das Heumarkt-Projekt bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens zur Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ausgesetzt ist. Man wolle dann gemeinsam mit dem Projektentwickler entscheiden, ob ein bereits eingereichtes Projekt oder eine neue Variante weiterverfolgt werden soll.

Zuletzt hieß es, dass aufgrund der langwierigen Gerichts- und Behördenverfahren frühestens 2027/28 mit dem Baubeginn am Heumarkt zu rechnen sei.