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NIEDERÖSTERREICH

„Beim Parkpickerl hat uns Wien vor vollendete Tatsachen gestellt“

Bernhard Ebner: "„Heuer ist nicht nur ein Jubiläums- sondern auch ein Arbeitsjahr in Niederösterreich“ (FOTO: Bojan Stekić)

Wir sprachen mit dem Landesgeschäftsführer der Volkspartei Niederösterreich, Bernhard Ebner, über die Auswirkungen der Ausweitung des Parkpickerls auf die umliegenden Gemeinden in Niederösterreich, sowie über die Energieversorgung in Krisenzeiten.

KOSMO: Mit 1. März hat die Stadt Wien das flächendeckende Parkpickerl beschlossen. Das stellt ein großes Problem für Pendler aus Niederösterreich und dem Burgenland dar. Wie kann man die entstandenen Probleme lösen?
Bernhard Ebner: Durch die Erweiterung der Parkpickerlzone wurden die Pendler weiter an die Stadtgrenze verdrängt. Es gibt 24 Gemeinden rund um Wien, die betroffen sind. Wir dürfen nicht vergessen, dass Niederösterreich ein Pendlerland ist, in welchem ca. 200.000 Personen nach Wien pendeln. Da das Parkpickerl vor kurzem eingeführt wurde, gibt es derzeit keine großen Aufregungen diesbezüglich. Aber auch deswegen nicht, weil Niederösterreich seine Hausaufgaben in diesem Bereich in Form von Park & Ride Garagen, Zweiradstellplätze etc. gemacht hat. Das Thema Pendeln ist für uns kein neues, da wir auf die neue Situation gut vorbereitet waren. Wir bieten den NiederösterreicherInnen ca. 42.000 Pendlerparkplätze für Autos und rund 24.000 Stellplätze für Räder an.

Zusätzlich gibt es andere Maßnahmen, die wir umgesetzt haben. Mit dem KlimaTicket kann man ohne zusätzliche Kosten direkt in die Stadt hineinfahren. Wir bauen zurzeit die größte Parkanlage in Hollabrunn, der größten Gemeinde in Wiener Umland. Unser Ziel ist es, dass möglichst viele PendlerInnen auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Darüber hinaus haben wir den eigenen blau-gelben Mobilitätsplan mit drei „Bs – bequemer, besser, billiger“ erstellt. Billiger haben wir bereits durch das KlimaTicket gesichert und arbeiten intensiv daran, dass es noch bequemer und besser wird. Dafür brauchen wir neueres Wagenmaterial in Niederösterreich, besonders auf der Franz-Josephs-Bahn sowie bessere und bequemere Zugsverbindungen, auch wenn es um die Taktungen geht. Jetzt ist es unsere Aufgabe zu werben und bewerben, dass Menschen auf Öffis umsteigen. Eines ist noch festzuhalten – es herrscht in Niederösterreich vielerorts Vollbeschäftigung. Aus diesem Grund entscheiden sich viele Pendler, ihren Job in Wien aufzugeben. Dadurch sparen sich nicht nur Zeit, sondern auch Mehrkosten.

Gibt es mit der Stadt Wien eine gemeinsame Strategie?
Das Miteinander und die Zusammenarbeit mit der Wiener Stadtregierung ist für uns sehr wichtig und wir arbeiten gemeinsam an vielen Themen. Leider war das beim Parkpickerl nicht der Fall und wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. Bei einigen Park & Ride Anlagen war es nicht möglich, dass Wien diese mitfinanziert, weshalb wir gezwungen waren landesintere Lösungen zu finden z.B. als Land mussten wir Parkplätze kaufen. Wir geben unser Bestes, um das Pendeln für die NiederösterreicherInnen bequemer und günstiger zu gestalten. Jedoch steigen in diesem Bereich die Bedürfnisse stets, weshalb es manchmal schwierig ist, auf diese rechtzeitig einzugehen.

Ein großes Ereignis heuer ist das 100-jährige Bestehen des Landes. Auf welche Highlights dürfen wir uns freuen?
Am 1.1.1922 ist das Trennungsgesetz zwischen Wien und Niederösterreich in Kraft getreten. Seitdem existiert Niederösterreich in bestehender Form, mit einigen Unterbrechungen während des Zweiten Weltkriegs. In diesen 100 Jahren hat das Land großartige Entwicklungen zu verzeichnen. Das Land war früher das klassische Agrarland um Wien. Seit dem hat sich Niederösterreich enorm entwickelt – aus dem Agrarland wurde ein Wirtschaftsland, Industrieland, Wissenschaftsland, Kulturland, Familienland etc. Wenn wir uns all diese Entwicklungen anschauen, können wir mit Stolz zurückblicken. Diesen Stolz wollen wir bei „100 Jahre Niederösterreich“ sichtbar machen.

Heuer ist nicht nur ein Jubiläums-, sondern auch ein Arbeitsjahr. Aus diesem Grund hat sich die Landesregierung unter dem Motto „Mein Land denkt an morgen“ als Ziel gesetzt eine neue Landesstrategie abzuarbeiten. Gemeinsam mit der Bevölkerung werden ExpertInnen eine gemeinsame Strategie auf diversen Ebenen für 2030 erstellen. Was Niederösterreich stark ausmacht, ist die Gemeindearbeit und die Partnerschaft zwischen dem Land und den Gemeinden. Das Land hat 373 Gemeinden mit vielen unterschieldichen Verbänden. Zwei Drittel aller Verbände in Österreich haben ihren Sitz in Niederösterreich, welche das Herz der Gemeindeverwaltung sind.

Wir sind sehr stolz auf die Entwicklungen in Niederösterreich in den letzten 100 Jahren und diesen Stolz wollen wir bei „100 Jahren Niederösterreich“ sichtbar machen.

Bernhard Ebner

Nach diesem Jubiläumsjahr stehen die Landtagswahlen am Programm. Befindet man sich bereits im Wahlkampf?
Nein. Für uns ist dieses Jahr ein Jubiläumsjahr, aber in erster Linie ein Arbeitsjahr. Es gibt viele Themen, die derzeit bearbeitet und vorantreiben werden müssen. Nächstes Jahr haben wir Landtagswahlen und das wird uns dann beschäftigen, aber jetzt geht es um die Arbeit für das Land und nicht um den Wahlkampf.  

Niederösterreich hat das Ausbildungspaket für Pflegeberufe bis 2030 angekündigt. Was kann man darunter verstehen?
Wir haben festgestellt, dass uns in den nächsten 10 Jahren in Niederösterreich über 9.000 Pflegekräfte fehlen werden, um den Bedarf abzudecken. Deshalb etablieren wir eine neue Fachhochschule für Pflegeberufe in Mistelbach. Jeder, der in einen Pflegeberuf wechselt, bekommt eine monatliche, finanzielle Unterstützung des Landes in Höhe von 420 Euro. Man muss sich jedoch dazu verpflichten, eine Arbeit in Niederösterreich anzunehmen. Im Fall eines Studiums werden die Studiengebühren zusätzlich ersetzt. Die Vorrausetzung ist, dass man so lange in Niederösterreich arbeiten muss, so lange die Ausbildung gedauert hat.  

Jeder, der einen Pflegeberuf wechselt, bekommt eine monatliche, finanzielle Unterstützung des Landes in Höhe von 420 Euro, wenn er sich verpflichtet, eine Arbeit in Niederösterreich anzunehmen.

Bernhard Ebner

Angesichts der Ukraine-Krise: Wie schafft man es in Niederösterreich nicht mehr vom russischen Gas abhängig zu sein?
Wir hatten sehr starke wirtschaftliche und Handelsbeziehungen mit Russland und der Ukraine. Viele niederösterreichische Betriebe haben ihre Niederlassungen in diesen Ländern. Deswegen gibt es auch große Hilfsbereitschaft in Niederösterreich, wenn es um die Hilfe für die von der Krise betroffenen Personen oder Flüchtlinge geht. Derzeit gibt es viele Hilfsaktionen. Eine von ihnen ist die Plattform „Niederösterreich hilft“. Außerdem haben wir mit der jungen ÖVP 15.000 Hygienetaschen gesammelt.

Das Thema Energieversorgung beschäftigt uns natürlich und wir sehen, dass die Teuerungswelle durch die Ukraine-Krise noch verstärkt wird. Bezüglich der Stromversorgung müssen wir uns keine Sorgen machen, da 100 Prozent der Haushalte Strom aus erneubaren Energiequellen bekommen. Schwieriger wird es mit dem Heizen. Aber zum Glück heizen bereits viele mit Biomasse.

Bundeskanzler Karl Nehammer arbeitet jetzt daran, ein Gesetz zu verabschieden, welches eine Einlagerungsverpflichtung vorsieht. Das heißt, dass zwei Drittel der Gasvorräte vor Ort verfügbar sein müssen.