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ZORAN ILIĆ

„Die ÖVP vertritt viele Werte der BKS-Community. Aber das wissen leider zu wenige“

(FOTO: Neue Volkspartei)

Zoran Ilić ist langjähriger ÖVP-Politiker mit serbischen Wurzeln, dessen Eltern in den 70er Jahren nach Österreich gekommen sind. Bereits seit 18 Jahren politisch aktiv, war er von 2006 bis 2014 Bezirkssekretär und von 2011 bis 2017 Bezirksrat im 22. Wiener Gemeindebezirk. Seit 2017 bekleidet er das Amt des Klubobmanns. Wir trafen Ilić zum Gespräch über die bevorstehende Wien-Wahl.

KOSMO: Die ÖVP Donaustadt kritisierte häufig die Pop-Up-Radwege. Welche Verkehrskonzepte braucht es Ihrer Meinung nach, um die Situation im 22. Bezirk diesbezüglich zu verbessern?
Zoran Ilić: In der Donaustadt wird sehr viel gebaut, die Bevölkerungszahl steigt seit Jahren stetig. Leider hinkt die Infrastruktur hinterher. Ich sehe drei Herausforderungen: permanente Staus in den Durchzugsstraßen, schlechte Anbindung einzelner Bezirksteile an den öffentlichen Verkehr, Ideologie statt Pragmatismus beim Radverkehr. Wir wünschen uns einen Bezirksentwicklungsplan, der nicht nur die Bebauung erfasst, sondern auch ein ganzheitliches Verkehrskonzept erstellt. Beim Radverkehr wünschen wir uns vorrangig Verbindungen aus den einzelnen Bezirksteilen zu den U-Bahnstationen.

Wie steht es um den öffentlichen Verkehr bzw. Pendler aus Niederösterreich?
Die Öffis sollten nicht an der Stadtgrenze enden, sondern niederösterreichische Pendler schon möglichst vor der Stadtgrenze abholen. Die Querverbindung Donaustadt – Floridsdorf muss dringend ausgebaut werden. Warum hier nicht über innovative Ideen nachdenken, wie z.B. eine Seilbahnverbindung?

Wahlrecht auf Landesebene und Staatsbürgerschaft sind für uns untrennbar verbunden. Wer sich langfristig in Österreich niederlassen möchte, kann die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen.

– Zoran Ilić.

In kaum einem anderen Bezirk wird so viel gebaut wie in der Donaustadt. Wie bewerten Sie aktuellen (Wohn-)Bauplan und wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?
Aber es gibt ja gar keinen Wohnbauplan – das ist unser Hauptproblem! Die Zustände sind fast anarchistisch: gebaut wird an allen Ecken und Enden, ohne Bedachtnahme auf die Umgebung, das Ortsbild oder die bestehende Infrastruktur. Wir wollen einen Bezirksentwicklungsplan, der festlegt, wo sich die Stadt entwickeln kann und welche Flächen frei bleiben müssen. Ganz deutlich sprechen wir uns gegen Monsterbauten in Einfamilienhaussiedlungen aus. Hier muss die Wiener Bauordnung dringend geändert werden.

Eines Ihrer Kernanliegen ist die Bewahrung des ländlichen Charakters in bestimmten Bezirksteilen. Warum ist dies von so großer Wichtigkeit?
Wir möchten die traditionelle Identität der einzelnen Bezirksteile soweit möglich bewahren. Wer in den äußeren Teilen der Donaustadt wohnt, möchte keinen Down-Town-Flair sondern Ruhe, viel Grün, gute Nachbarschaft. Und wer hier wohnt, der möchte auch hier leben. Aufbau von Schlafstätten ist zu wenig, lebenswert ist ein Bezirksteil, wenn es ein Wirtshaus gibt, Ärzte, Schulen und Horte, eine Postfiliale und Apotheke, etc.

Sie sind auf Bezirksebene der einzige Politiker mit Migrationshintergrund? Wie erklären Sie sich das?
Meiner Erfahrung nach fehlt Migranten oft das “Netzwerk” beziehungsweise das “Systemwissen”, um sich politisch zu engagieren. Als meine Familie nach Österreich kam, kannten wir niemanden, wir haben bei null beginnen müssen. Wir wussten auch nicht, wie das hiesige System funktioniert. Das ist in der Politik natürlich von Nachteil.

Warum scheint das aktive politische Engagement in anderen Communitys, wie zum Beispiel der türkisch, besser zu funktionieren, als bei Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien der Fall ist?
Ich weiß nicht, wie produktiv das politische Engagement der türkischen Community tatsächlich ist – die Proteste in Favoriten werden wohl nicht gemeint sein. Politisches Engagement benötigt auch Zeit und ist viel unbezahlte Arbeit. Das muss man sich leisten können.

Die Neue Volkspartei vertritt viele Werte, die auch unsere Community teilt. Aber, das wissen leider zu wenige. Ich denke, dass die ÖVP in der Community präsenter sein und ihren Standpunkt deutlicher kommunizieren sollte: Wir stehen für Leistung und ein christlich geprägtes Europa.

Wie stehen Sie zum Thema Wahlrecht ohne Staatsbürgerschaft?
Wahlrecht auf Landesebene und Staatsbürgerschaft sind für uns untrennbar verbunden. Wer sich langfristig in Österreich niederlassen möchte, kann die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen. Für mich persönlich war die Verleihung ein ganz besonderer Moment, der mich mit Stolz und Freude erfüllt hat.

Ein großer Teil der Balkan-Community zählt traditionell nicht zur ÖVP-Wählerschaft. Wie möchten Sie sie von der türkisen Politik in Wien überzeugen?
Die Neue Volkspartei vertritt viele Werte, die auch unsere Community teilt. Aber das wissen leider zu wenige. Ich denke, dass die ÖVP in der Community präsenter sein und ihren Standpunkt deutlicher kommunizieren sollte: Wir stehen für Leistung und ein christlich geprägtes Europa. In dieser Kommunikation sehe ich auch meine Aufgabe für die kommenden fünf Jahre.