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KOMMENTAR

Erdoğan Besuch: Bosniens falscher Freund aus der Türkei

(Foto: zVg.)

Türkei und Bosnien-Herzegowina sind historisch, jedoch nicht wirtschaftlich, miteinander verbunden. Die honigsüßen Worte Erdoğans sichern nicht die Überlebenschancen des Balkan-Landes, dessen Zukunft in der EU liegen würde.

Am Sonntag hielt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan einen Wahlkampfautritt, den einzigen außerhalb der eigenen Landesgrenzen, in Sarajevo. Die sorgfältig inszenierte Veranstaltung sollte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Denn Erdogans Amtskollege und Gastgeber, Bakir Izetbegovic, sollte von den Massen ebenso profitieren. Nachdem Erdoğan von Österreich und Deutschland eine Abfuhr für seine politischen Auftritte erhielt, war der Besuch in Sarajevo eine Gelegenheit seine Macht und Stärke im Ausland zu demonstrieren. Am Balkan haben sowohl die EU als auch die USA strategisch betrachtet Interessen. Für die Türkei ein weiterer Grund auch mitzumischen. Die historischen Verbindungen zwischen dem osmanischem Reich und dem Balkan werden wieder aufgerollt.

Türkisches Geld stinkt nicht

Anfang Mai besuchte der serbische Präsident Aleksandar Vučić Erdoğan in Instanbul. Die beiden Staatsmänner unterzeichneten ein Abkommen zur Finanzierung und den Bau einer Autobahn zwischen Belgrad und Sarajevo (KOSMO hat berichtet). Vučić bekundete eine tiefe Verbundenheit mit der Türkei, Erdoğan möchte den Handel mit dem Balkan-Land auf drei Milliarden Dollar ankurbeln. Diese Achse wurde medial weniger analysiert, als Erdoğans Aufenthalt in Sarajevo. Die Begeisterung der Öffentlichkeit für Erdoğans Auftritte, trotz Verbot in bestimmten Ländern, ist bemerkenswert.

Kurzfristiges Denken

Aber zurück zu Izetbegovic, der dieses Mal, so wie jedes Mal, wenn die Türkei in Bosnien die Fahnen hisst, ohne wirtschaftlichen Profit durch die Finger schaut. Denn Izetbegovic war mehr darauf bedacht, Unterstützung für seine eigene Partei SDA zu gewinnen, als langfristig über den Tellerrand zu blicken. Erdoğans größenwahnsinniges Streben nach Macht und Prestige im „nahen Ausland“ lehnten europäische Länder ab, für Izetbegovic spielt dies keine Rolle. Er wollte die Massen für die SDA mobilisieren, die sich Tausenden Türken in der Sporthalle Zetra angeschlossen hatten. Das Duo Erdoğan-Izetbegovic entfaltete ihr Potential bis zur Gänze. Aber hinter den Kulissen der Inszenierung wurde bereits der internationale Schaden für Bosnien-Herzegowina angerichtet. Denn die ohnehin schwachen demokratischen Institutionen des Landes wurden erneut erschüttert. Ob jemand im sogenannten „pro-bosnischen“ politischen Establishment den Mut hat, das zu zugeben, ist eher unwahrscheinlich, denn Erdoğans ist ein Autokrat.

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