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MISCHEHE

„Mein Vater wollte meinen Freund erschießen, weil er Moslem ist!“

„Wenn man ihren Vater mit den Mädels spielen sieht, erkennt man keinen Funken Hass mehr in seinen Augen“, so der junge Familienvater im Interview mit unserer Redakteurin. (FOTO: KOSMO)

Die Ruhe nach dem Sturm
Und dennoch – auch Jahre später hatte das Paar noch mit Vorurteilen seitens Ivas restlicher Familie zu kämpfen. Viele dachten, er würde ihr ein Kopftuch aufzwingen, ihr verbieten sich zu schminken, und sie generell unterdrücken. Die gängigen Klischees hielten sich hartnäckig, bis sie merkten, dass keine dieser Vorstellungen eintraf. Erst dann – drei, vier Jahre später verschwanden die Berührungsängste. „Mittlerweile hat Ismet so gut wie jeder aus der Familie akzeptiert“, so Iva sichtlich erleichtert.

Aber auch die Lage im Familienhaus der Kroatin hat sich beruhigt. Als Hauptgrund dafür sehen Iva und Ismet ihre zwei Töchter. „Wenn man ihren Vater mit den Mädels spielen sieht, erkennt man keinen Funken Hass mehr in seinen Augen – Da ist nur noch Liebe“, so der junge Familienvater.

Ob Ismet glaubt, dass seine Familie Iva nur deshalb derart akzeptierte und integrierte, weil sie die Frau ist, und in seine Familie einheiratete? „Es kann sein, dass sie nicht ganz so locker reagiert hätten, wenn meine Schwester einen Kroaten geheiratet hätte, wie als ich Iva das Ja-Wort gab“, stellte Ismet klar.

LESEN SIE AUCH: “Hier sind wir einander viel näher, als wir es am Balkan waren.”

  

Zum ersten Mal in der Geschichte unserer Glaubensgemeinschaften haben ihre Vertreter einem österreichischen Medium ein gemeinsames Interview gegeben. Heute ist der Glaube mehr denn je mit den Herausforderungen des Alltagslebens konfrontiert.

 

 

„Bei unseren Kindern machen wir alles anders!“
Häufig bestehen Eltern aus unserer Community, aber auch aus anderen uns ähnlichen Kulturen darauf, dass sich ihre Kinder nur mit Ihresgleichen einlassen, da gemischte Partnerschaften und Ehen häufig zu Komplikationen und Uneinigkeiten führen können. Ich wollte wissen, welchen Standpunkt Iva und Ismet bei ihren Töchtern vertreten.

„Es wäre doch sehr scheinheilig von unseren Kindern zu verlangen, sich irgendwann nur in Kroaten oder Türken zu verlieben“, wenn wir selbst nicht unter Unseresgleichen geblieben sind. Wie heißt es so schön – wo die Liebe hinfällt. Man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt“, so Ismet, der beteuert, dass Dinge, wie diese in ihrer Erziehung niemals eine Rolle spielen werden.

Das Paar versucht grundsätzlich die Traditionen beider Kulturen zu vereinen. Die Feiertage beider Religionen werden zelebriert. Die Kinder haben aber die Religion des Vaters und essen kein Schweinefleisch. Wie sich das Paar darauf einigte, interessierte mich brennend. „Es stand von Anfang an fest, dass unsere Kinder nicht getauft werden. Es wird doch auch unter uns Balkanesen ständig gepredigt, dass man die Religion des Vaters annimmt“, so Iva entschlossen.

„Wo die Liebe hinfällt.
Man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt
– Ismet

Generell sei der dreisprachige Haushalt in dem die Kinder aufwachsen ein enormer Vorteil für die Töchter, so das Paar. Aber auch Iva und Ismet konnten von der Sprachenvielfalt profitieren. „Wir verstehen beide die Sprache des jeweils anderen, aber er spricht besser kroatisch, als ich türkisch. Manchmal singt er sogar in meiner Muttersprache“, verrät uns Iva lachend.

Ein gut gemeinter Rat
Aber auch zehn Jahre später gibt es Menschen in ihrem Umfeld, die Ivas und Ismets Liebe nichts abgewinnen können, sie gar verurteilen. Egal, ist ihnen diese Tatsache zwar nicht, aber laut ihnen lernt man damit zu leben. „Viele zerreißen sich nach wie vor das Maul über uns. Das stecken wir weg – aber bei unseren Töchtern hört der Spaß auf. Sie haben damit rein gar nichts zu tun“, so Ismet.

Das größte Opfer ihrer Liebe seien die zwei Jahre ohne Ivas Familie gewesen, das steht fest. Aber dennoch – das Paar bereut nichts. Gleichgesinnten raten sie: „Kämpft für eure Liebe. Ihr müsst standhaft bleiben, und für euren Partner einstehen. In den meisten Fällen sehen die Eltern ein, dass sie viel Lärm um nichts machen – spätestens, wenn die Enkelkinder da sind. Meine Eltern haben es begriffen – entweder sie verlieren ihre Tochter, oder sie bekommen mich zurück und einen Sohn dazu“, verriet uns Iva abschließend.