Seit den nächtlichen Luftschlägen Israels auf iranische Atomanlagen bewegen sich Öl‑, Gas‑ und Goldpreise ruckartig nach oben. Auf den ersten Blick ist das eine Nachricht für Börsenberichte. Tatsächlich wird aber fast jede österreichische Haushaltskasse in den kommenden Wochen etwas davon spüren – beim Tanken, Heizen, Reisen, Einkaufen und sogar bei Spar‑ und Kreditkonditionen.
Brent‑Rohöl verteuerte sich heute um knapp neun Prozent, nachdem Iran Vergeltung ankündigte. Österreichische Durchschnittspreise lagen zu Beginn der Woche bei 1,490 € für Super 95 und 1,472 € für Diesel. Sollten die internationalen Notierungen nun dauerhaft über 80 Dollar je Barrel bleiben, rechnen Marktbeobachter damit, dass die Literpreise binnen zwei bis drei Wochen um rund sieben Cent steigen. Für einen Pendler mit 15 000 Kilometern Jahresfahrleistung wären das gut 105 Euro Mehrkosten im Jahr – ohne dass er einen Meter mehr fährt.
Heizen und Strom: Gas schlägt doppelt zu
Auch der europäische Gas‑Benchmark TTF sprang heute Vormittag um mehr als sechs Prozent, weil Händler ein Engpass‑Risiko bei LNG‑Lieferungen durch die Straße von Hormus einpreisen. Österreich bezieht weiterhin gut 54 Prozent seines gesamten Energiebedarfs aus dem Ausland; jede Preisspitze an der Börse taucht deshalb zeitversetzt auf der Jahresendabrechnung für Haushalts‑Gas und in den Großhandelspreisen für Strom auf.
Schon ein Plus von fünf Euro pro Megawattstunde kann einen typischen Wiener Fernwärmekunden um zehn Euro pro Quartal mehr kosten.
⇢ Sozialtarif & Preissenkung: So will die Koalition beim Strom entlasten
Lebensmittel: Dünger, Transport und Kühlung werden teurer
Ammoniak‑Produzenten in Europa kalkulieren ihre Kosten direkt auf Basis des Gaspreises. Wenn Gas teuer bleibt, verteuern sich synthetische Dünger – und damit auch Gemüse oder Getreide aus heimischem Anbau. Parallel steigen Kühl‑ und Transportkosten, weil Speditionen den Dieselaufschlag weitergeben. Den Effekt kennen Konsumentinnen und Konsumenten schon aus 2022: Damals zogen die Supermarktpreise binnen drei Monaten um fast fünf Prozent an, obwohl der Rohstoffanteil in vielen Produkten gering war.
Sommerurlaub: längere Routen, höherer Kerosinverbrauch
Nach dem Angriff haben Iran, Irak und Jordanien ihren Luftraum geschlossen, Israel sperrte den Flughafen Tel Aviv. Airlines wie Austrian, Lufthansa oder Ryanair müssen Asien‑ und Golfstrecken großräumig umleiten oder ganz streichen; laut Eurocontrol waren heute bereits rund 1 800 europäische Flüge betroffen. Umwege bedeuten mehr Kerosin und höheres Versicherungsrisiko – Kosten, die erfahrungsgemäß als Treibstoff‑Zuschlag bei den Ticketpreisen landen. Wer seinen Sommerurlaub noch nicht gebucht hat, könnte also bald Aufpreise sehen oder weniger Verbindungen vorfinden.
Online‑Shopping und Seefracht: Risikoaufschläge durch Hormus‑Route
Die Seeschifffahrt rechnet inzwischen mit „Kriegstarifen“ für Fahrten durch den Persischen Golf. Branchendienstleister berichten von ersten Aufschlägen auf Kriegsrisikoprämien und warnen, dass eine Eskalation den Engpass in der Straße von Hormus verschärfen könnte.
Höhere Fracht‑ und Versicherungskosten machen Containerware aus Asien – von Smartphones bis Sportschuhen – ab Werk teurer. Bis diese Steigerungen im Regalpreis ankommen, vergehen zwar einige Wochen, doch Handelsketten bestätigen bereits, dass sie neue Angebote vorsichtshalber mit Risikoaufschlägen kalkulieren.
Geldanlage und Kredite: Safe Haven gegen hohe Zinsen
Der Goldpreis kletterte auf ein Zwei‑Monats‑Hoch von 3 423 US‑Dollar je Unze, weil Anleger sichere Häfen suchen. Zeitgleich verlor der Euro leicht an Wert, was Importgüter zusätzlich verteuert. Die Europäische Zentralbank hatte ihr Leitzinsniveau erst letzte Woche auf zwei Prozent gesenkt und eine Sommerpause signalisiert.
Steigende Energiepreise können der EZB jedoch die Entscheidung über weitere Zinssenkungen erschweren. Für Haushalte mit variablen Hypotheken bleibt damit das Risiko, dass die Raten länger hoch bleiben, statt wie erhofft ab Herbst zu sinken.
Inflationsschlusslicht droht wieder aufzuleben
Die Oesterreichische Nationalbank ging bislang für 2025 von einer HVPI‑Inflationsrate von 2,9 Prozent aus, deutlich niedriger als in den Krisenjahren 2022/23. Doch der neuerliche Energieschock liefert den fehlenden Treiber, der diese Prognose nach oben schieben könnte, zumal staatliche Preisbremsen seit Jahresbeginn auslaufen.
Sollte sich die Lage im Golf nicht rasch beruhigen, müssen Konsumentinnen und Konsumenten deshalb mit einem spürbaren Aufschlag auf ihre Lebenshaltungskosten rechnen – quer durchs Budget, vom täglichen Einkauf bis zur Nebenkostenabrechnung.
Der Konflikt in mehr als 3 000 Kilometern Entfernung schlägt binnen Tagen auf Tankstellen, Stromrechnungen, Flugpläne und Finanzmärkte in Österreich durch. Wer jetzt schon knapp kalkuliert, wird die kommenden Wochen besonders aufmerksam auf Preise schauen müssen.
Für die durchschnittliche Familie heißt das: ein sorgfältigeres Haushaltsbuch, vielleicht eine etwas teurere Urlaubsreise und wenig Hoffnung auf schnelle Zinsentlastung. Solange im Nahen Osten geschossen wird, bleibt die Preislage hierzulande fragil.
Folge uns auf Social Media!