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RECHTLICHES

Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“: Welche Voraussetzungen müssen Sie erfüllen?

(FOTO: iStock/Bojan Stekic)

Sie möchten Ihre Familie nach Österreich bringen, sind sich aber unsicher, welche Aufenthaltstitel Sie benötigen oder an wen Sie sich wenden sollen? Wir haben über dieses Thema mit dem Jurist Haris Dzidic von der Kanzlei G&L Rechtsanwälte (Gottgeisl Leinsmer Weber Rechtsanwälte GmbH) gesprochen.

Die Aufenthaltstitel „Familienangehörige” ermöglicht Familienmitgliedern aus Drittstaaten (Staaten, die nicht Mitglieder des EWR (europäischer Wirtschaftsraum EU, Island, Lichtenstein und Norwegen) sind, ausgenommen die Schweiz) ein vorübergehendes Niederlassen mit uneingeschränktem Zugang zum Arbeitsmarkt.

Familienmitglieder aus Drittstaaten können diese Aufenthaltsgenehmigung beantragen, wenn die Person, die die Familie zusammenführt, kein österreichischer Staatsbürger oder EU-Bürger ist, aber ein Aufenthaltsrecht in der EU besitzt oder als Schweizer Bürger, wenn sie das Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten aufgrund des Abkommens über die Freizügigkeit zwischen der EG und der Schweiz nicht in Anspruch genommen hat und dauerhaft in Österreich lebt.


Zu den „Familienangehörigen” (Kernfamilie) gehören:

  • Ehepartner
  • Eingetragene Partner
  • minderjährige Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder)
  • Ehepartner und eingetragene Partner müssen zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens 21 Jahre alt sein

Wie schnell muss über einen Antrag entschieden werden?

„Die Behörden sind gesetzlich verpflichtet, binnen 6 Monate ab Antragstellung über die Gewährung des Aufenthaltstitels zu entscheiden. Geschieht das nicht, kann eine sogenannte Säumnisbeschwerde erhoben werden. In der Praxis bedeutet das, dass die Behörde dann entweder zügig in der Sache selbst entscheidet oder die Sache dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorlegt“, betont Mag. Haris Dzidic.

(Foto: Bojan Stekic)

Voraussetzungen

Es müssen die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen sowie die speziellen Erteilungsvoraussetzungen erfüllt sein:

  • Einkommen

(Einkommenshöhe ab 1. Januar 2024):
Für Alleinstehende:
1.217,96 Euro
Für Ehepaare:
1.921,46 Euro.
Für jedes Kind:
zusätzlich 187,93 Euro.

Nach Abzug der monatlichen Fixkosten wie Miete und Kreditraten müssen verfügbare Beträge über 359,72 Euro (der „Wert der freien Station” für 2024 gemäß § 292 Abs. 3 ASVG) liegen. Es ist wichtig, Ersparnisse in die Berechnung einzubeziehen und die Herkunft des Geldes nachzuweisen.

Wichtig zu wissen

„Wer einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt hat, darf das Ergebnis nicht automatisch in Österreich abwarten. Der Antragsteller muss vor Ablauf der 90 Tage (visumsfreie legale Aufenthalt) ausreisen. In der Praxis empfiehlt es sich daher, einige Tage vor Ablauf der 90 Tage auszureisen, damit im Falle der Erteilung des Aufenthaltstitels, eine Rückreise nach Österreich zur Abholung des Aufenthaltstitels möglich ist. Ansonsten kann nämlich auch ein allenfalls positiv erteilter Aufenthaltstitel in Österreich nicht abgeholt werden. Will man binnen 90 Tagen nicht wieder aus Österreich ausreisen, kann ein Zusatzantrag gemäß § 21 Abs 3 NAG gestellt werden, damit das Ergebnis in Österreich abgewartet werden darf. Dieser Zusatzantrag muss aber immer vor (!) Ablauf der 90 Tage gestellt werden. Außerdem ist das auch nur bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe (z.B. Erkrankung, Geburt eines Kindes) möglich“, so Dzidic.

KONTAKT

Gottgeisl Leinsmer Weber Rechtsanwälte GmbH

Mag. Haris Dzidic

Tel.: +43 1 600 27 71 – 50
Mobil: +43 670 550 75 73
E-Mail: hd@gl-recht.at
www.gl-recht.at

Liegen die Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitel nicht vor, führt das jedoch nicht automatisch zu einem negativen Bescheid.

„Vor allem wenn minderjährige Kinder im Spiel sind, gibt es oft gute Chancen trotzdem einen Aufenthaltstitel zu erhalten. Das Grundrecht auf Privat und Familienleben ist nämlich stets bei der Fallprüfung heranzuziehen und kann dazu führen, dass trotz fehlender Einzelkriterien ein positiver Aufenthaltstitel erteilt wird“, fügt er hinzu.

  • Krankenversicherung

Während des Aufenthalts in Österreich muss der/die Fremde über eine Krankenversicherung verfügen, die „alle Risiken” abdeckt und in Österreich gültig ist.

  • Unterkunft

Antragsteller/in muss in der Regel über einen Anspruch auf eine Unterkunft verfügen
(z.B. aufgrund eines Mietvertrages, Wohnrechtsvereinbarung), die für eine vergleichbar große Familie ortsüblich ist.

  • Erforderliche Unterlagen
  • Gültiges Reisedokument (z.B. Reisepass);
  • Bei Bedarf Geburtsurkunde oder ein entsprechendes Dokument;
  • Ein Foto, das nicht älter als sechs Monate sein darf (Maße: 45 x 35 mm);
  • Bei Bedarf Heiratsurkunde, Partnerschaftszertifikat, Adoptionsnachweis, • Nachweis oder Zertifikat über Verwandtschaft;
  • Bei Bedarf Nachweis über ein ortsübliches Wohnrecht, wie Mietverträge, Vorverträge über Nutzungsrechte oder Eigentumsnachweise;
  • Bei Bedarf Nachweis über eine Krankenversicherung, die alle Risiken abdeckt;
  • Nachweis über gesicherten Lebensunterhalt;
  • Nachweis über Kenntnisse der deutschen Sprache;
    In Einzelfällen können zusätzliche Dokumente erforderlich sein.

Anerkennung ausländischer Dokumente

Die Anerkennung beglaubigter Übersetzungen und Dokumente ist verfahrensabhängig, teilweise ist eine Apostille nötig.
Wenn ein ausländisches Dokument im Original zusammen mit einer beglaubigten Übersetzung vorgelegt werden muss, darf die Übersetzung in der Regel nur von einem gerichtlich zertifizierten Übersetzer durchgeführt werden. In die Liste der gerichtlich zertifizierten Übersetzer in Österreich können auch Übersetzer aus anderen EWR-Mitgliedstaaten eingetragen werden.

Kosten des Verfahrens:

Antragsgebühr: beträgt 120 Euro, 75 Euro für Kinder unter 6 Jahren.
Ausstellungsgebühr beträgt 20 Euro, 50 Euro für Kinder unter 6 Jahren.
Kosten für die Personalisierung (Aufnahme von Foto und Unterschrift) betragen: 20 Euro. Weiter Gebühren könne anfallen (zB für Geburtsurkunde, Heiratsurkunden, Partnerschaftsgebühr) je nach Art des Dokuments.