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GESCHICHTEN VOM BALKAN

Balkan Stories: Dan Republike, ein Besuch beim Ausgangspunkt

Dennoch war allen Delegierten klar, dass verlustreiche Kämpfe bevorstünden, bevor das Neue Jugoslawien zur Gänze befreit sein würde. Die Beschlüsse des November 1943 würden erst mittelbar entscheidend werden. Unmittelbar waren sie von – freilich unbezahlbarer – moralischer Wirkung für Millionen Einwohner Jugoslawiens und für die Verbündeten im Krieg: Großbritannien, die USA und die Sowjetunion.

Dass die Botschaft auch in die Welt hinausgetragen wurde, stellte ein Instrument sicher, dass das Neue Jugoslawien schon im Namen trug: Die TANJUG, die Telegrafske agencije nove Jugoslavije. Ihr Gründer war Moša Pijade, ein enger Verbündeter Titos. Die Agentur existierte erst seit Anfang November.

Sie blieb die offizielle Nachrichtenagentur Jugoslawiens bis zum blutigen Zerfall des Landes. In jugoslawischer Zeit war sie hoch respektiert. Kaum eine Nachrichtenagentur hatte so viele Korrespondenten in so vielen Staaten – Ergebnis der Außenpolitik Titos. Legendär ist auch das TANJUG-Bildarchiv.

(Foto: Balkan Stories)

Mit dem Beginn des Jugoslawienkrieges in den 1990-ern wurde die TANJUG zum Propagandainstrument des Milošević-Regimes und seiner Nachfolger. Im Vorjahr verkaufte die serbische Regierung die zehnjährigen Nutzungsrechte an der TANJUG für etwas mehr als 600.000 Euro an die Firma Tačno.

Tačno steht im Eigentum von Minacord Media, die dem serbischen Musiker Željko Joksimović und Radiotelevizija Pančevo gehört. Letzteres wiederum gehört Radoica Milosavljević, dem früheren Vorsitzenden der SPS und mittlerweile Großspender von Aleksandar Vučić.

Ein ähnlich ruhmloses Ende erlebte auch das Muzej AVNOJ-a in Jajce. Als der Krieg in Bosnien tobte, wurde es geschlossen. Erst im Jahr 2008 öffnete es seine Pforten wieder – vor allem dank der Initiative des Historikers Enes Milak, Milak wurde auch neuer Direktor des Museums.

3.000 Menschen reisten zur Wiedereröffnung an, wie der Deutschlandfunk damals berichtete.

Damals galt das als Hoffnungszeichen für den Tourismus in Jajce. Die kleine Stadt in Zentralbosnien hat drei Attraktionen: Die mittelalterliche Festung, den Wasserfall und eben das Muzej AVNOJ-a.

Letzteres erfreut sich nicht bei allen Einwohnern der mehrheitlich kroatischen Stadt großer Beliebtheit. Die klerikalnationalistische HDZ, Ableger der gleichnamigen Partei in Kroatien hat hier eine Hochburg. Sie will jede Erinnerung an Titos Jugoslawien austilgen. In der Ulica Maršala Tita, der Straße des Marschall Tito, haben Unbekannte fast alle Schilder mit Hausnummern übermalt. Nur die Ziffern sind noch sichtbar.

Und selbst die offiziellen Gedenkfeiern richten sich mittlerweile mehr nach Opportunität als nach tatsächlichen Jahrestagen. Die Feier des Museums etwa fand bereits am Wochenende statt.

Balkan Stories, Christoph Baumgarten

Christoph Baumgarten ist Journalist und Balkanreisender aus Leidenschaft. Seit 2015 verbindet er beide Leidenschaften auf seinem Blog Balkan Stories. Dort versucht er, Geschichten zu erzählen, für die es in größeren Medien meist keinen Platz gibt und stellt die Menschen in den Mittelpunkt.

Mehr von Christoph könnt ihr unter balkanstories.net nachlesen.