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LEBENSRETTUNG

Grenzenlose Nächstenliebe: Eine Fremde spendete Ilija ihre Niere!

FOTO: KOSMO)

LEBENSRETTUNG. Wenn ein Organ im menschlichen Körper versagt und herkömmliche Behandlungsmethoden keine Hoffnung auf Heilung bieten, ist eine Transplantation die einzige Lösung. Der Wettlauf gegen die Zeit ist schrecklich und häufig liegt die einzige Hoffnung in einem Spender. Glücklicherweise gibt es Menschen, die helfen…

Österreich ist Mitglied von Eurotransplant und das Gesetz über Transplantationen ist so, dass der Erhalt eines neuen Organs sicher ist, wenn dafür die medizinische Indikation besteht. Natürlich kann die Bürokratie manchmal langsam sein oder man muss einfach länger auf ein passendes Organ warten. Leider ist das alles in den Ländern des Westbalkans viel schwerer, denn die Menschen haben sich viel weniger mit Organspenden auseinandergesetzt und haben aufgrund mangelnder Information auch mehr Angst.

Wenn die nächsten Angehörigen aus berechtigten Gründen kein Organ spenden können und kein Geld für eine Behandlung im Ausland vorhanden ist, ist der Patient zur Dialyse verurteilt, sofern es um die Nieren geht, oder zum schnellen Sterben, wenn es sich um die Leber oder um Haut handelt. Bei den Recherchen zu diesem Thema ist KOSMO jedoch auf strahlende Beispiele von Humanität und Menschlichkeit gestoßen.

Alle Transplantationspatienten, mit denen wir gesprochen haben, sind ebenso wie auch ihre Retter sehr jung, und dass das menschliche Engagement keine Grenzen kennt, zeigt auch die Tatsache, dass die Organspender und die Empfänger aus unseren Geschichten nicht miteinander verwandt waren.

Konstantina Nina Maraš (34) und Ilija Bulajić (32)

Der jungen Nikšićerin Konstantina Maraš, der sehr engagierten Leiterin der humanitären Organisation „Izvor života“, erzählte eines Tages eine Freundin, dass für ihren Mitbürger Ilija Bulajić Geld gesammelt würde, damit er sich eine Nierentransplantation leisten könnte. Ein paar Tage später rief sie Ilija an und fragte ihn, obwohl sie sich nicht kannten, und welche Blutgruppe er hatte. Als er ihr antwortete, erklärte sie mit ganz normaler Stimme: „Wir haben dieselbe Blutgruppe, wenn es dir recht ist, werde ich dir eine meiner Nieren geben.“ Auf der anderen Leitung folgte nur Schweigen.

EINZIGARTIG. Konstantina und Ilija kannten sich nicht, aber sie spendete ihm ohne zu zögern eine Niere. Heute stehen sie sich nahe wie Bruder und Schwester. (FOTO: KOSMO)

„Eine bestimmte Zeit lang hörte ich Ilijas Stimme nicht, denn er war geschockt. Als wir uns trafen, konnte er noch immer nicht glauben, dass ich fest entschlossen war, ihm zu helfen. Da ich über alles informiert war, was mich erwartete, spürte ich keinerlei Angst und war auch keinen Moment lang unsicher. Ich wollte diesem jungen Mann helfen, mit dem das Leben nicht eben sanft umgesprungen war. Ich habe mich sofort den Tests unterzogen, und als ich die Bestätigung erhielt, dass meine Niere für Ilija passte, begannen die Vorbereitungen für die Reise zur Operation nach Istanbul. Meine Mutter hatte Angst, was ich verstehen kann, denn ich habe selbst eine Tochter. Aber als alles vorbei war, hat sie sich beruhigt, denn sie konnte sich davon überzeugen, dass ich noch immer gesund war und dass mir nichts fehlte. Übrigens werden manche Leute überhaupt mit nur einer Niere geboren und werden auch sehr alt“, betont unsere junge Helferin ohne nachzudenken.

Seit der Operation ist ein Jahr vergangen und die beiden jungen Nikšićer sind unzertrennliche Freunde geworden und betrachten einander wie die engsten Verwandten. „Ich habe keine Brüder und Schwestern, Ilijas Eltern und seine einzige Schwester sind gestorben. Er hat nur eine Oma, die schon sehr alt ist. Einige Menschen haben mich ungläubig angeschaut und es gab auch welche, die mich noch heute für nicht normal halten, aber die meisten sehen mich als Heldin, was ich nicht bin. Durch mein Engagement in der humanitären Arbeit habe ich genug fremdes Leid gesehen und es hat mich nie gleichgültig gelassen. Ich glaube an das Gute und ich weiß, dass ich das Richtige getan habe, “ unterstreicht Nina Maraš.

Die Autoimmunerkrankung der Niere trat bei Ilija überraschend auf und schritt sehr schnell voran, sodass von der ersten Diagnose bis zur ersten Dialyse nur vier Monate vergingen.

„Ich habe mich nicht aufgegeben und mich nicht mit der Tatsache abgefunden, dass ich für mein ganzes Leben in gewissen Dingen beschränkt sein sollte. Ich wollte zu einer Kadaver-Transplantation nach Padua oder Weißrussland fahren. Dafür habe ich Geld gesammelt, denn ich hatte niemanden in der Familie, der mir eine Niere gespendet hätte. Und dann kam Nina. Ich gebe zu, ich habe zuerst an der Ernsthaftigkeit ihres Angebots gezweifelt. Aber als wir mit den Untersuchungen beim Arzt begannen, habe ich mit der Zeit begriffen, dass sie es ernst meint. Ich war verblüfft über diese große Humanität und das Leben wurde wieder schön“, sagt Ilija Bulajić zu Beginn unseres Gesprächs und fügt hinzu, dass auch seine Freunde und Verwandte überrascht waren.

10.000 Euro hat Ilija einer Mitbürgerin für eine neue Niere geschenkt.

Einige fragten sogar, wie viel Geld Nina für die Niere forderte. Istanbul erwies sich als bestes Ziel, denn in der dortigen Klinik werden Transplantationen von lebenden Spendern durchgeführt. Aber Nina und Nikola waren der einzige Fall von Menschen, die sich vorher nicht gekannt hatten. Beide sprachen mit der Ethikkommission und durchliefen alle Vorbereitungen, bevor sie in den Operationssaal kamen.

„Das Geld für die Transplantation in der Türkei war schnell beisammen und die zehntausend Euro, die ich zusätzlich zu der erforderlichen Summe hatte, habe ich vor meiner Reise nach Istanbul Rosa Knežević gegeben, die sich auf eine neue Niere in Weißrussland vorbereitete. Ninas und meine Operation verlief ohne Komplikationen und alle späteren Kontrollen zeigten, dass die gespendete Niere einwandfrei funktioniert. Mit regelmäßiger Therapie konnte ich in mein normales Leben zurückkehren“, fügt Ilija hinzu.

KONSTANTINA: „Die meisten sehen mich als Heldin, was ich nicht bin. Ich habe nur geholfen.“

Nina und Ilija sind heute, wie sie sagen, sehr eng befreundet. Er hatte vor der Operation im Unterbewusstsein Angst um sie, denn er empfand sie wie eine leibliche Schwester, und Ninas Mama sagt, dass sie einen Sohn gewonnen hat. Und wieder einmal hat sich gezeigt, dass das Leben die besten Geschichten schreibt.

Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.