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INTERVIEW

Radosavljević & Jurišić: „Die BKS-Community soll und muss am 15. Oktober wählen gehen“

Radosavljevic - Jurisic Interview
(FOTO: Wikimedia Commons/Gryffindor; zVg.)

Für die kommenden Nationalratswahlen befinden sich sowohl auf der Bundesliste als auch auf den Landeslisten der SPÖ zahlreiche Kandidaten mit Balkanwurzeln. Dazu gehören auch Kristina Radosavljević aus Wien und Darko Jurišić aus Linz. Diese ambitionierten und jungen Politikern hat KOSMO exklusiv für euch interviewt.

1. Sie sind Kandidaten auf der SPÖ-Bundesliste. Auf welchem Listenplatz befinden Sie sich und was hat Sie dazu bewegt, politisch aktiv zu werden?
Kristina Radosavljević: Ich bin Kandidatin der SPÖ Landesliste Wien Nr. 58. Mein Entschluss sich aktiv mit Politik zu befassen, hatte mehrere Gründe. Einer davon war, dass es sehr wenige Menschen und insbesondere Frauen mit Migrationshintergrund gibt und noch weniger mit serbischen Wurzeln. Ein weiterer, dass ich mit einigen Entwicklungen in der Gesellschaft als auch in der Politik unzufrieden war und ich mir dachte, anstatt mich nur darüber zu beschweren, was nicht alles falsch rennt, wollte ich aktiv mit gestalten, denn ich bin der Überzeugung, dass es nur so funktionieren kann. Es wäre schön, wenn sich der oder die Eine finden würde dem/der es ähnlich geht.

Darko Jurišić: Ich befinde mich auf dem 79. Platz der Bundesliste. Ich kandidiere bei den kommenden Wahlen bereits zum zweiten Mal. 2015 war ich bereits Kandidat auf Landesniveau in Oberösterreich. Ich engagiere mich sehr für die serbische Community und dabei habe ich festgestellt, dass nur eine kleine Anzahl an Menschen mit serbischen Wurzeln politisch aktiv ist. Ich bin überzeugt, dass man hier etwas ändern kann und muss. Aus diesem Grund habe ich begonnen, mich aktiv mit Politik zu befassen, um ein Vorbild für Andere zu sein, sodass diese – vor allem junge Menschen – auch politisch aktiv werden.

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Sie sind attraktiver denn je, die sogenannten Ausländer, die den Wahlkampf bestimmen. Nicht wirklich, da sie nur den Zündstoff für die Politik bieten. Themen wie Migration, Asyl und Integration dominieren die „inoffiziellen“ Parteiprogramme.

 

2. Warum ist, Ihrer Meinung nach, die SPÖ eine Parte für den österreichischen Durchschnittsbürger?
Kristina Radosavljević: Wie wir wissen befindet sich Österreich momentan in einem Aufschwung und zu gleicher Zeit wissen wir aber auch, dass die reichsten 1%der Bevölkerung über ca. 40,5% des gesamten Vermögens besitzen. Die Aufgabe der Politik ist es dieses Ungleichgewicht zu korrigieren, denn wir haben ja gesehen, dass es der freie Markt alleine nicht kann (nach dem Motto-„mehr privat, weniger Staat“) und daher braucht es die SPÖ, welche sich seit 128 Jahren in Österreich für soziale Gerechtigkeit einsetzt.

Darko Jurišić: Ich bin der Meinung, dass die SPÖ die einzige Partei ist, welche sich mit ihrem Programm um die Bedürfnisse aller Bürger kümmert und nicht nur um die reichen 5 Prozent.

3. Aus welchen Gründen sollten Menschen mit Migrationshintergrund am 15. Oktober ein Kreuzerl bei der SPÖ machen?
Kristina Radosavljević: Die Grundsätze der Sozialdemokratie sind ja wie bekannt Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Gerade die Punkte Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind für ÖsterreicherInnen mit Migrationshintergrund ausschlaggebend.
Es geht dabei vorrangig um Chancengleicheit und den Menschen mit Respekt und Würde auf Augenhöhe zu begegnen. Angefangen bei der Bildung über Jobchancen, leistbarem Wohnen bis hin zu Gesundheit und Pensionen, dabei macht die SPÖ keine Unterschiede, wer, wo und mit welchem Namen bzw. Familiennamen auf die Welt gekommen ist, da dies Dinge sind die sich kein Mensch aussuchen kann.

Darko Jurišić: Die SPÖ ist die einzige Partei in Österreich, welche offen darüber gesprochen habt, dass Migranten bzw. Gastarbeiter einen großen Beitrag für Österreich geleistet haben. Ohne diesen wäre das Land nicht das, was es heute ist. Und dies stimmt auch so – dies kann ich nur bestätigten, da meine Eltern 1969 nach Österreich kamen und fleißig und hart arbeiteten. Zudem ist die SPÖ die erste Partei, welche Migranten mehr Rechte zugesprochen hat. Darunter fällt, zum Beispiel, die Möglichkeit eine Gemeindewohnung zu beantragen. Dank der Sozialdemokraten wurde auch die Situation der Arbeiter und Angestellten stark verbessert.

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4. Auf welche Themen haben Sie sich in der Arbeit mit und für Ihre Community besonders spezialisiert?
Kristina Radosavljević: Innerhalb der Partei bin ich aktiv in der „Jungen Generation“, in der Integration, bei den Sozialdemokratischen WiderstandkämpferInnen und natürlich bei den SPÖ-Frauen, weiters bin ich auch Mitglied beim MKÖ (Mauthausen Komitee Österreichs).

Darko Jurišić: Da ich im Bildungssektor tätig bin, fokussiere ich mich vor allem auf Aktivitäten und Programme, welche dabei helfen, dass unsere Kinder und Jugend vermehrt gute Lehrberufe erlernen oder einen Hochschulabschluss machen. Unsere Community hat sich erfolgreich integriert und die zweiten und dritten Generationen sprechen perfekt Deutsch. Man muss sie nur in die richtige Richtung leiten.

5. Wofür werden Sie sich in Zukunft einsetzen, um das Leben aller Bürger in Österreich zu verbessern?
Kristina Radosavljević: Ich werde mich weiterhin in den bereits genannten Bereichen engagieren. Besonders die Themen Antifaschismus und Antirassismus sind mir sehr persönlich sehr wichtig, da ich familiären Bezug dazu habe. Mein Großvater väterlicherseits war in Mauthausen interniert. Er war einer, der wenigen überlebenden Gefangenen aus Serbien. Leider ist es in der heutigen Zeit wieder salonfähig wird nationalistisch und rassistisch zu agieren und dieser Entwicklung gilt es entschlossen und mit aller Kraft entgegen zu treten. Ich bin der Meinung, dass nur ein respektvoller Umgang miteinander zu Sicherheit, Stabilität, Frieden und Wohlstand für jede und jeden führen kann.

Darko Jurišić: Um besser zu leben, bedarf es günstigen Versicherungsmöglichkeiten, wie z.B. die Abschaffung der Ambulanzgebühren, mehr Arbeitsplätzen und Gehältern, von welchen man leben kann und eines guten Bildungssystems, welches unseren Kindern eine bessere Zukunft ermöglicht.

6. Sie stammen beide aus Serbien und die serbische Community ist, abgesehen von der Tatsache, dass sie nur wenig Nutzen von ihren Bürgerrechten machen, politisch sehr gespalten…
Kristina Radosavljević: Wählerinnen und Wähler mit serbischen Wurzeln sollten die SPÖ wählen aus den gleichen Motiven wie alle anderen auch, denn die Ängste und Sorgen sind die Gleichen, wie die der autochthonen Bevölkerung. Es geht dabei um gerechtes Einkommen, Ausbildungschancen für ihre Kinder, genügend Arbeitsplätze, Sicherheit sowohl im klassischen, als auch im sozialen Sinne, wie z.B. Gesundheitsversorgung und Pensionen. Die Sozialdemokratie hat den österreichischen Wohlfahrtsstaat, so wir ihn hier und heute kennen bzw. gewohnt sind, maßgeblich geschaffen und geprägt. Auch jetzt hat die SPÖ in allen relevanten Zukunftsfragen ein Programm vorgelegt, wie unser Wohlfahrtsstaat erhalten bleibt und sich auch weiterhin, unter Bedachtnahme der globalen Veränderungen, entwickeln soll.

Darko Jurišić: Zu allererst, ist es wichtig zu betonen, dass alle wahlberechtigten Menschen aus unserer Community, den Weg zur Wahlurne machen sollten und müssen. Ich bin der Meinung, dass die SPÖ die beste Möglichkeit für uns darstellt, da wir zum größten Teil jener Gesellschaftsschicht angehören, welche vom SPÖ-Programm am meisten profitiert. Hierbei meine ich vor allem die Arbeiterklasse.

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7. Womit müssen Österreicher mit Migrationshintergrund rechnen, wenn sie von ihrer Stimme keinen Gebrauch machen?
Kristina Radosavljević: Wenn sie nicht wählen gehen, werden sie sicherlich über kurz oder lang mit etlichen Veränderungen konfrontiert werden. Viele davon könnten ihnen gerade aus der „Heimat“ sehr bekannt vorkommen, wie z.B. wenn Heilverfahren und Operationen nicht mehr von der Krankenkasse übernommen werden (Stichwort SMS-Sammelaufrufe) oder z.B. die Abschaffung der Arbeiterkammer, längere Arbeitszeiten bei gleichem Lohn, Verschärfungen und Kürzungen und/oder Deckelungen bei Sozialleistungen (Kinderbeihilfe,Mindestsicherung) usw. ich könnte noch sehr lange fortführen, denn sowohl das Programm der ÖVP als auch der FPÖ könnten aus einer Feder stammen und unterscheiden sich nur marginal. Wir haben in Österreich ein gutes und funktionierendes Auffangnetz, wenn mal etwas schief laufen sollte im Leben, sollte dieses Netz Risse bekommen oder zerschnitten werden, sind die Folgen weitreichend und meistens auch irreversibel.

Darko Jurišić: Wie ich bereits gesagt habe, gehört der Großteil der Migranten der Arbeiterklasse an und zu einer Verschlechterung ihrer Position kann es schneller kommen als manch einer das glauben mag. Ein Beispiel dafür wäre eine Abschaffung des Überstundenzuschlags bei 12-Stunden-Arbeitstagen und fehlenden Rechtsschutzes diesbezüglich. Es könnte auch dazu kommen, dass die Arbeiterkammer in ihren Rechten und Pflichten stark eingeschränkt oder gar abgeschafft wird. Hierbei muss ich betonten, dass die AK jährlich mehr als 500 Millionen Euro für ihre Mitglieder herausschlägt.


Kristina Radosavljević (37):
Ich bin 37 Jahre alt, Alleinerzieherin und von Beruf bin ich Assistentin der Geschäftsleitung. Ich kam in Wien als „Jugo“-Gastarbeiterkind auf die Welt und bin in dieser Stadt auch aufgewachsen, mein Vater stammt aus Serbien (Valjevo) und meine Mutter aus Bosnien-Herzegowina (Derventa).


Darko Jurišić (37): Ich bin als Lehrer in der HTL Linz tätig, weshalb ich mich persönlich vor allem im Bildungssektor engagiere. Meine Eltern stammen aus der Republika Srpska (Bosnien-Herzegowina), ich bin jedoch in Linz zur Welt kommen.