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INTERVIEW

Gemeinsam durch gute und schlechte Zeiten

Ahmed Husagic - Interview
(FOTO: Markus Sibawra)

INTERVIEW. Ahmed Husagić, Integrationskoordinator in der SPÖ, steht bei den bevorstehenden Nationalratswahlen auf einem vorderen Listenplatz. Mit uns sprach er über die Wahlen und die Möglichkeit, als erster Politiker aus unserer Region ins Parlament einzuziehen.

 

KOSMO: Die Chancen, dass Sie als erster österreichischer Politiker mit Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien ins österreichische Parlament einziehen, sind größer denn je. Was bedeutet das für Sie und für die Menschen, die aus derselben Region stammen, aber in Österreich leben?
Ahmed Husagić: Der 29. Platz der Bundesliste, auf der insgesamt 462 Kandidatinnen und Kandidaten stehen, garantiert keinen Einzug ins Parlament, aber es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ich, wenn die SPÖ mehr Stimmen erhält als 2013, ein Direktmandat erhalte. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, dass während der fünfjährigen Legislaturperiode wieder Plätze im Parlament frei werden. Die bekommen dann die, die als nächste auf der Liste stehen. Theoretisch ist es also bis Platz 30 auf der Bundesliste möglich, in den kommenden fünf Jahren ein Mandat zu erhalten. Für mich wäre der Einzug ins Parlament eine große Chance, mehr für die Menschen zu tun.

 

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Unter die ersten 30 von mehr als 460 Bundeslistenplätzen hat es auch der aus Bosnien-Herzegowina stammende SPÖ-Politiker geschafft.

 

Empfinden Sie eine besondere politische Verantwortung gegenüber unserer Gemeinschaft?
Natürlich empfinde ich die. Wir haben gemeinsam gute, aber auch schlechte Zeiten durchlebt. Und das verbindet. Ich bin absolut überzeugt, dass diese Menschen Respekt verdienen, denken wir nur daran, was sie alles durchgemacht haben und wie viel Mühe sie investiert haben, um in dieser Gesellschaft Erfolg zu haben. Und die Statistiken zeigen, dass sie in Österreich die am besten integrierte Gemeinschaft sind.

 

Sie sind 2002 nach Wien gekommen. War die Situation in Bosnien-Herzegowina der Grund, dass Sie in Österreich in die Politik gegangen sind?
Ich habe mich immer für Politik interessiert, denn ich habe darin eine Möglichkeit gesehen, den Menschen zu helfen. Diese Hilfe umfasst nicht nur Direkthilfen, wie jene im Jahr 2014, als der Balkan unter schweren Überschwemmungen gelitten hat, sondern auch Hilfe für die Flüchtlinge im Jahr 2015. Wichtig sind hier aber auch konkrete Gesetzesbeschlüsse, die Veränderungen bringen und einen guten Rahmen für Fortschritte in der Gesellschaft schaffen. Von gesellschaftlichen Fortschritten profitieren alle.

 

Was können wir erwarten, wenn Sie ins Parlament kommen? Was werden Ihre ersten politischen Schritte sein?
Ich glaube, dass wir in der Bildung vor großen Herausforderungen stehen. Egal, ob es um die klassische Bildung geht oder um spezifische Themen wie die Demokratiebildung. Die Bildung ist die Grundlage für alles. Leider schließen Kinder mit Migrationshintergrund viel seltener höhere Schulen ab als Kinder ohne Migrationshintergrund. Was die Demokratiebildung betrifft: sie ist unverzichtbar, um das Funktionieren des Systems zu verstehen. Ohne diese Kenntnisse ist es viel schwerer, zurechtzukommen.

 

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Warum gab es Ihrer Meinung nach bisher keinen Vertreter unserer Gemeinschaft im Parlament?
Dafür gibt es zwei Gründe. Einer ist, dass nicht genügend Interesse an politischem Engagement besteht. Wenn Sie sich entscheiden, in die Politik zu gehen, verlieren Sie automatisch Ihre Privatsphäre. Das wollen viele nicht. Auf der anderen Seite gab es in einigen politischen Parteien noch immer Widerstände gegen die Beteiligung von Migrantinnen und Migranten.

 

Der wichtigste Slogan der SPÖ lautet: „Hol dir, was dir zusteht!“ Was steht den Menschen aus Ex-Jugoslawien, die hier leben, zu?
Ihnen stehen moderne Betreuungsplätze und hochwertige Schulen für ihre Kinder zu. Die Arbeiterinnen und Arbeiter brauchen sichere Arbeitsplätze und Sicherheit für sich und ihre Familien. Und die Pensionisten die verdienten Pensionen, die ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen.