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Familienrecht

Anwältin Ceovic: „Das Verschuldensprinzip bei Scheidungen sollte erneut geregelt werden“

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(Foto: Igor Ripak)

Sie müssen Unterhalt zahlen, sind sich aber unsicher über Ihre Rechte und wie das System in Österreich funktioniert? Wir haben über dieses Thema und seine rechtlichen Aspekte mit Anwältin Dr. Davorka Ceovic aus der Anwaltskanzlei Neulinger Mitrofanova Ceovic gesprochen.

Können Sie die Grundprinzipien des Unterhaltssystems in Österreich erläutern?

Dr. Davorka Ceovic: Es wird zwischen der Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem noch nicht selbsterhaltsungsfähigem Kind und der Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem geschiedenen Ehepartner unterschieden. Zudem gibt es auch eine Unterhaltsverpflichtung der Kinder gegenüber ihren Eltern und Großeltern, wenn diese nicht im Stande sind, sich selbst zu erhalten.

Wie wird der Unterhaltsbetrag für Kinder in Österreich berechnet und welche Faktoren beeinflussen diesen Betrag?

Unterlhaltsleistungen werden entweder in Naturalunterhalt oder Geldunterhalt geschuldet. Die Höhe des Kindesunterhaltes hängt grundsätzlich vom Alter des Kindes und vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen sowie von anderen Sorgepflichten des Unterhaltspflichtigen, ab.

Dr. Davorka ČEOVIĆ
Dr. Davorka Čeović

Wie ändert sich das Verfahren zur Festlegung des Unterhalts im Falle einer Scheidung, und gibt es einen Unterschied zwischen dem Unterhalt für Kinder und dem Unterhalt für den ehemaligen Ehepartner?

Der Unterhaltspflichtige kann gleichzeitig den Kindesunterhalt und den Ehegattenunterhalt schulden. Die Höhe des Ehegattenunterhaltes hängt von der Höhe des gemeinsamen Einkommens der Parteien und von anderen Sorgepflichten der unterhaltspflichtigen Partei ab. Zu berücksichtigen sind unter anderem auch die Lebensverhältnisse der Ehegatten.

Der Ehegatte, der an der Ehescheidung alleine oder überwiegend schuldig ist, kann verpflichtet werden dem schudlosen bzw weniger schuldigen Ehegatten, Unterhalt zu zahlen, soweit dieser auf den Unterhalt angewiesen ist.

Die Frage, ob überhaupt nach der Ehescheidung ein nachehelicher Ehegattenunterhalt dem geschiedenen Ehepartner zusteht, hängt grundsätzich vom Verschulden ab. Der Ehegatte, der an der Ehescheidung alleine oder überwiegend schuldig ist, kann verpflichtet werden dem schudlosen bzw weniger schuldigen Ehegatten, Unterhalt zu zahlen, soweit dieser auf den Unterhalt angewiesen ist. Allerdings gibt es auch einen verschuldensunabhängigen Unterhalt, dabei handelt es sich um einen Unterhaltsanspruch, der von einem Verschulden des anderen Ehegatte unabhängig ist.

Wie behandelt das österreichische Gesetz das Thema Nichtzahlung von Unterhalt und welche rechtlichen Konsequenzen gibt es für diejenigen, die ihre Verpflichtungen nicht erfüllen?

Wenn der unterhaltspflichtige Elternteil seiner Verpflichtung zur Zahlung des Kindesunterhaltes nicht nachkommt, kann der andere Elternteil, bei welchem das minderjährige Kind überwiegend lebt, gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Für das Verfahren über Unterhaltsansprüche von Kidnern ist das Bezirksgericht zuständig, in dessem Sprengel das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt bzw. Wohnsitz hat.

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Anwaltskanzlei Neulinger Mitrofanova Čeović

Lassen Sie sich im Bereich Gesellschaftsrecht, Strafrecht, Zivilrecht und/oder Familienrecht bei der Rechtsanwältin Dr. Davorka Ceovic beraten.

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Das Verfahren wird durch ein Antrag auf Festsetzung des Kindesunterhaltes eingeleitet. Beim Vorliegen eines vollstreckbaren Unterhaltstitels (wie Gerichtsbeschluss, Vergleich) kann gegen den Unterhaltspflichtigen ein Exekutionsverfahren eingeleitet und geführt werden.

Gibt es besondere Herausforderungen oder häufige Fragen, mit denen Ihre Mandanten in Bezug auf Unterhalt in Österreich konfrontiert sind?

Häufige Fragen, welche uns erreichen, betreffen die Frage nach der Höhe des Kindesunterhaltes, insbesondere wenn der Unterhaltspflichtige keiner Beschäftigung nachgehet.

Wie werden die Unterhaltsregeln in Fällen internationaler Ehen angewendet, oder wenn ein Elternteil im Ausland lebt?

Die Zuständigkeit den Kindesunterhalt betreffend, richtet sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt bzw dem Wohnsitz des Kindes und nicht des Unterhaltspflichtigen. Als Beispiel: Wenn das nicht selbsterhaltsungsfähige Kind in Österreich seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat und der unterhaltspflichtige Elternteil im Ausland lebt, dann ist das Gericht in Österreich für das Unterhaltsverfahren zuständig.  Die Zuständigkeit hinsichtlich des Ehegattenunterhalts nach der Ehescheidung oder des einstweiligen Ehegattenunerhalts richtet sich grundsätzlich nach dem letzten gemeinsamen Wohnsitz der Eheleute.

Gab es kürzlich gesetzliche Änderungen oder Gerichtsurteile in Österreich, die das Unterhaltssystem wesentlich beeinflusst haben?

Eine weitreichende Reform des Familienrechts wäre erstrebenswert. Insbesodnere sollte das Verschuldensprinzip bei Scheidungen neu geregelt werden.