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POLITIK

Christian Stocker: „Wir lehnen eine Migration ins Sozialsystem ab”

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(Foto: Igor Ripak)

Wir haben uns mit dem ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker über politische Führung und Krisenmanagement sowie
Migrationsherausforderungen und wirtschaftlicher Stabilität unterhalten.

KOSMO: Könnten Sie die Hauptprioritäten und Ziele Ihrer Rolle als Generalsekretär erläutern?


Christian Stocker: In meiner Funktion als Generalsekretär der Österreichischen Volkspartei sehe ich es als meine Kernaufgabe, einen wesentlichen Beitrag zu leisten, dass wir bei den kommenden Nationalratswahlen erneut stärkste Kraft werden. Es geht darum, das Vertrauen der Wählerschaft zurückzugewinnen – und ich betone bewusst „zurückzugewinnen”. Die Volkspartei hat schwierige Zeiten durchlebt, und auch im Land waren die Herausforderungen beträchtlich. Es steht uns eine anspruchsvolle Aufgabe bevor, doch ich bin optimistisch, dass es uns mit Karl Nehammer als Bundeskanzler gelingen wird, erneut als stimmenstärkste Kraft aus den Wahlen hervorzugehen. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um sicherzustellen, dass unser Bundeskanzler auch weiterhin Karl Nehammer heißt.

Welche Strategien verfolgt die ÖVP, um das Vetrauen der Öffentlichkeit in die politische Führung des Landes wiederherzustellen?


Wir haben aus vergangenen Krisen gelernt und als Volkspartei verstanden, dass entschlossene Führung und Unterstützung der Menschen in unsicheren Zeiten entscheidend sind. Die Bundesregierung hat das Land erfolgreich durch schwierige Phasen geführt. Es gab eine Vielzahl an Herausforderungen zu bewältigen. Aber wir sind aus jeder Krise stärker hervorgegangen, als wir hineingegangen sind. Das gibt uns Zuversicht. Der Bundeskanzler hat mit „Glaub an Österreich” eine Initiative gestartet, die das Vertrauen in die Stärke und Lebensqualität unseres Landes zum Inhalt hat.

„Ich werde mein Möglichstes tun, damit Karl Nehammer Bundeskanzler bleibt”, so Stocker.

Wie kommentieren Sie die Kritik vom Othmar Karas, ehemahligen Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, und stimmen Sie seiner Aussage zu, dass die ÖVP nicht mehr die Kraft der Mitte in Österreich ist?


Dazu möchte ich klarstellen: Othmar Karas hat sich oft anders als die Volkspartei positioniert, besonders im Europäischen Parlament. Ich teile seine Ansicht nicht und bin überzeugt, dass die ÖVP nach wie vor die Partei der Mitte ist. Betrachtet man das politische Spektrum, so findet man die FPÖ weit rechts, während sich die SPÖ unter Andreas Babler immer weiter links positioniert. Die Volkspartei steht für die Mitte und vertritt die Interessen der Menschen, die das Rückgrat unseres Landes bilden: diejenigen, die täglich arbeiten und ein eigenverantwortliches Leben führen möchten. Sie sind bei der ÖVP bestens aufgehoben.

,,Angesichts der sich wandelnden Bedrohungslage in Österreich ist es essentiell, in die Sicherheit zu investieren.“ (Foto: Igor Ripak)

Wie beabsichtigt die Regierung, die Sicherheit in Österreich weiter zu erhöhen?


Das Budget, das in den kommenden Wochen im Parlament diskutiert wird, beinhaltet das höchste Sicherheitsbudget in der Geschichte der Republik. Unter der Leitung des Bundeskanzlers und des Finanzministers sowie mit starker Unterstützung der Verteidigungsministerin und des Innenministers wurde ein Budget präsentiert, das beispiellose Investitionen in die innere als auch die äußere Sicherheit vorsieht. Angesichts der sich wandelnden Bedrohungslage in Österreich ist es essentiell, in die Sicherheit zu investieren.

Mit Initiativen wie dem Beitritt zu „Sky Shield“ als Schutz gegen Raketen und Drohnen sowie einer zusätzlichen Bereitstellung von mehr als zwei Milliarden Euro für die Sicherheit setzen wir entscheidende Schritte. Der Innenminister hat zudem eine umfangreiche Rekrutierungsoffensive eingeleitet.

Wie begegnet die ÖVP den Herausforderungen, die sich aus dem Anstieg der Asylanträge in Österreich ergeben?


Angesichts der Herausforderung, die letztes Jahr durch über 100.000 Asylanträge entstanden ist, hat die Regierung, insbesondere der Innenminister in Zusammenarbeit mit dem Bundeskanzler, durch internationale Vereinbarungen und verstärkten Grenzschutz eine Halbierung dieser Zahlen erreicht. Maßnahmen wie die Aufhebung der Visafreiheit für bestimmte Länder und die Kooperation mit Nachbarstaaten, wie beispielsweise der Operation Fox in Ungarn, haben dazu beigetragen.

Dennoch bleibt das Asylproblem bestehen, da eine europaweite Lösung noch aussteht. Österreich allein kann dieses Problem nicht lösen, aber wir ergreifen alle möglichen nationalen Maßnahmen, um die Situation bestmöglich zu handhaben.

,,Es ist wichtig, Asyl und Arbeitsmigration klar zu trennen, da beides unterschiedliche Angelegenheiten sind.”


Wie steht die ÖVP zu den Intiativen von deutschen Bundeskanlzer Olaf Scholz, Migrationszentren in Nigeria zu erweitern? Wäre das aus Ihrer Sicht eine Option für Österreich?


Das Konzept, Asylzentren in afrikanischen Ländern zu errichten, wo Verfahren nach EU-Standards durchgeführt werden, ist nicht neu und wird bereits in anderen Ländern erwogen. Dieser Ansatz könnte hilfreich sein, doch eine umfassende europäische Lösung ist notwendig. Asyl bedeutet temporären Schutz, und wer ihn wirklich benötigt, sollte ihn auch erhalten.

Österreich hat in der Vergangenheit seine Bereitschaft gezeigt, Verfolgte aufzunehmen, wie während des Ungarnaufstands oder der Krise in der Tschechoslowakei 1968, und kürzlich bei der Aufnahme Vertriebener aus der Ukraine. Wir unterscheiden klar zwischen Schutz vor Verfolgung und Arbeitsmigration, letztere ist durch die Rot-Weiß-Rot-Karte geregelt. Was wir jedoch ablehnen, ist eine Migration ins Sozialsystem unter dem Vorwand von Asyl. Dagegen müssen wir konkrete Maßnahmen ergreifen. Das macht diese Bundesregierung auch konsequent.

,,Die Route über den Westbalkan bleibt aktiv, und wir setzen auf Kooperation mit den Balkanstaaten und auf EU-Ebene, um die Situation zu verbessern.“ (Foto: Igor Ripak)

Wie beurteilt die ÖVP die Situation auf der Balkanroute und welche Maßnahmen schlägt sie vor, um die Migrationsherausforderungen zu bewältigen?


Die Migrationsrouten, einschließlich der Balkanroute, verlagern sich ständig und entlasten manche Länder, während sie anderen mehr Druck auferlegen. Die Route über den Westbalkan bleibt aktiv, und wir setzen auf Kooperation mit den Balkanstaaten und auf EU-Ebene, um die Situation zu verbessern. Wir befürworten einen starken Außengrenzschutz und eine Asylentscheidung direkt an der Grenze. Zudem erkennen wir an, dass geregelte und legale Zuwanderung positiv ist, insbesondere wenn sie den Arbeitsmarkt unterstützt.

Wir erwarten jedoch, dass alle, die Schutz suchen oder als Arbeitsmigranten kommen, sich an die Gesetze und Regeln in Österreich halten. Verbrechen und Missachtungen unserer Gesetze durch Asylsuchende sind inakzeptabel. Es ist wichtig, Asyl und Arbeitsmigration klar zu trennen, da beides unterschiedliche Angelegenheiten sind.