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NIEDERÖSTERREICH

Danninger: „Trotz Lockdown ist die Wirtschaft um über fünf Prozent gewachsen”

Danninger: „Trotz Lockdown ist die Wirtschaft um über fünf Prozent gewachsen” (FOTO: Daniela Matejschek)

Wir sprachen mit Niederösterreichs Wirtschafts- und Tourismuslandesrat Jochen Danninger über die Stimmungslage unter den Betrieben, sowie den bevorstehenden Sommer-Tourismus in Niederösterreich.

KOSMO: Wie ist die Stimmungslage unter den Betrieben in Niederösterreich?
Jochen Danninger: Die Wirtschaftstreibenden haben in den vergangenen beiden Jahren eine wilde Achterbahnfahrt durchgemacht, aber haben sich herausragend geschlagen: Trotz Lockdown ist die Wirtschaft in Niederösterreich um über 5 Prozent gewachsen, 2021 war also ein konjunkturell starkes Jahr für unser Bundesland. 8 Milliarden Euro haben unsere Betriebe 2021 in den Standort investiert, so viel wie überhaupt noch nie zuvor. Wir sind also besser durch die Krise gekommen als viele andere Regionen Europas.

Mit dem Angriffskrieg Russlands ist die Unsicherheit aber wieder gestiegen. Der Krieg produziert weltweit Verlierer, die Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft mussten deutlich nach unten geschraubt werden. Und trotzdem ist das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Niederösterreich weiterhin groß. Vor wenigen Wochen hat sich der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim entschieden, ein Werk in Bruck an der Leitha zu errichten. Mit 1,2 Milliarden Euro und 800 neuen Arbeitsplätzen ist das die größte Ansiedlung in der Geschichte unseres Bundeslandes. Wer solche Investments tätigt, blickt trotz aller Herausforderungen mit Optimismus und Vertrauen in die Zukunft.

Welche Beweggründe gibt es für Betriebe, sich in Niederösterreich anzusiedeln?
Niederösterreich bietet hervorragende Rahmenbedingungen, topmoderne Infrastruktur und ein wirtschaftsfreundliches Umfeld. Dabei können wir mit den 17 Wirtschaftsparks, die unsere Wirtschaftsagentur ecoplus im ganzen Land betreibt, ebenso punkten, wie mit den vier Technopolen, an denen praxisorientierte Spitzenforschung betrieben wird. Gleichzeitig ist es uns besser als vielen anderen Regionen gelungen, Wirtschaft und Umwelt in Balance zu halten. Unsere hohe Lebensqualität ist für viele internationale Unternehmen ein wichtiges Kriterium bei der Standortwahl und nicht zuletzt setzen gerade in Krisenzeiten viele Betriebe bei der Standortsuche ganz besonders auf Stabilität, Kontinuität und Verlässlichkeit. Hier spielt Niederösterreich in der obersten Liga.

Wie wirkt sich der Ukraine-Krieg auf die Unternehmen aus? Welche Probleme haben sich aufgetan?
Der Krieg hat enorme Auswirkungen auf ganz Europa. Die ersten Folgen spüren wir alle bei den stark gestiegenen Energiepreisen, die für Menschen und Betriebe eine große Belastung sind. Wie groß die Auswirkungen schlussendlich wirklich sein werden, hängt allerdings alleine vom weiteren Verlauf des Krieges ab. Aktuell gehen die Wirtschaftsforscher für Niederösterreich weiterhin von einem soliden Wirtschaftswachstum auch im aktuellen Jahr aus. Langfristig müssen wir unsere Abhängigkeit von den russischen Rohstoffen, vor allem beim Gas, reduzieren.

Der Krieg hat enorme Auswirkungen auf ganz Europa. Die ersten Folgen spüren wir alle bei den gestiegenen Energiepreisen.

Jochen Danninger

Welche Auswirkungen hat der Krieg auf die niederösterreichische Exportwirtschaft?
Für eine kleine Volkswirtschaft wie unsere ist der Export unerlässlich. Jeder zweite Euro, der in Niederösterreich erwirtschaftet wird, und jeder vierte Arbeitsplatz stehen mit den Exporten in Verbindung. Allerdings hat der Krieg in der Ukraine natürlich auch Auswirkungen auf unsere Exportwirtschaft. Daher ist es umso wichtiger, dass sich unsere Exportwirtschaft weiterhin sehr breit aufstellt und wir uns nicht auf einzelne Märkte verlassen. Mit einer großen Delegationsreise in die USA unter der Führung unserer Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wollen wir die Exporte auch außerhalb Europas weiter ankurbeln.

Welche Anstrengungen unternimmt Niederösterreich, um dem digitalen Wandel zu begegnen?
Zahlreiche Betriebe haben die Pandemie genutzt, um ihre Prozesse und Geschäfts-modelle zu digitalisieren. Auch der Mitarbeitermangel führt dazu, dass immer mehr Betriebe in unserem Bundesland auf Automatisierung und Digitalisierung setzen. Wir unterstützen unsere Betriebe dabei umfassend. Vor allem mit dem Haus der Digitalisierung, dass wir bis 2023 in Tulln errichten, schaffen wir einen international viel beachteten Leuchtturm, der für Betriebe und Menschen, die die Chancen der Digitalisierung für sich nutzen wollen, eine Anlaufstelle sein wird.

„Zahlreiche Betriebe haben die Pandemie genutzt, um ihre Prozesse und Geschäftsmodelle zu digitalisieren. Auch der Mitarbeitermangel führt dazu, dass immer mehr Betriebe in unserem Bundesland auf Automatisierung und Digitalisierung setzen.” (FOTO: Daniela Matejschek)

Unternehmer im ganzen Land suchen händeringend nach Fachkräften. Wie kann ihnen das Land Niederösterreich helfen?
Vor ein paar Monaten haben wir noch vom Fachkräftemangel gesprochen, mittlerweile müssen wir aber von einem Mitarbeitermangel quer durch viele Branchen sprechen. Das ist eine ganz große Herausforderung für ganz Österreich, vor allem weil immer mehr geburtenstarke Jahrgänge in Pension gehen. Leider gibt es dafür keine Patentlösung, sondern wir müssen auf vielen unterschiedlichen Ebenen ansetzen. Im Hochtechnologie-Bereich kann das zum Beispiel die verstärkte Beschäftigung von hochqualifizierten Schlüsselarbeitskräften aus dem Ausland sein, sogenannter Expats. ecoplus unterstützt hier Schlüsselkräfte, aus dem Ausland in Niederösterreich anzukommen. Darüber hinaus erarbeiten ecoplus und die WKNÖ ein Programm unter dem Titel „Talente-Magnet“, um gerade kleinere Betriebe zu unterstützen, neue Mitarbeiter effektiver anzusprechen und bestehende Arbeitskräfte länger an den Betrieb zu binden. Und wir brauchen auch bei der Reform der Arbeitslosenunterstützung mehr Anreize, um einen Job anzunehmen. Die größten Hoffnungen müssen wir aber weiterhin auf die Lehre setzen und noch mehr junge Menschen dazu motivieren, einen zukunftssicheren Lehrberuf in Niederösterreich zu ergreifen.

Mit welchen Erwartungen startet der Tourismus in die Sommersaison 2022?
Der Tourismus in Niederösterreich steht heuer vor einer ganz entscheidenden Saison. Denn nach dem Wegfall der meisten Corona-Beschränkungen befinden wir uns wieder im internationalen Wettbewerb und wir müssen alles dafür tun, dass sich heuer möglichst viele Gäste für einen Urlaub bei uns entscheiden. Nach zwei Jahren Pandemie haben die Gäste wieder die freie Wahl, ob sie einen Langstreckenflug nach Mauritius buchen oder zum Weintrinken und Genießen in die Wachau fahren. Damit 2022 das Jahr des Aufschwungs für den Tourismus in NÖ wird, müssen wir noch stärker auf die Themen Regionalität und Qualität setzen. Jedes Jahr werden 40 Millionen Tagesausflüge nach NÖ unternommen werden. Und unser großes Ziel ist es, aus diesen Ausflugsgästen auch möglichst viele Nächtigungsgäste zu machen.

Wir wollen das Land Niederösterreich zur Top-Rad-Destination im Herzen Europas machen.

Jochen Danninger

Welche Schwerpunkte setzt Niederösterreich im Tourismus?
Wir wollen Niederösterreich zur Top-Rad-Destination im Herzen Europas zu machen. Dazu investieren wir weitere in unsere Radrouten und bieten attraktive Rad-Packages. In den kommenden fünf Jahren haben wir hier Investitionen von 13 Mio. Euro geplant, um die touristisch genutzten Radwege weiter zu attraktivieren. Im Schnitt gibt ein Radler, der in Niederösterreich nächtigt, 94 Euro pro Tag aus. Unser Ziel ist es, dass die Gäste unsere Radstrecken nicht möglichst rasch abfahren, sondern dass wir ihnen viele attraktive Stationen zum Verweilen und Konsumieren bieten. Wir wollen so die Wertschöpfung weiter erhöhen. Mit maßgeschneiderten Rad-Angeboten mit Nächtigungen wird uns dies gelingen.

Auch Mountainbike wird immer mehr Thema. Hier haben wir unser Streckennetz deutlich um 600 Kilometer auf in Summe 6.000 Kilometer ausgebaut. Mit der NÖ Card wollen wir unsere Stellung als das Ausflugsziel in Österreich weiter ausbauen. Darüber hinaus ist Niederösterreich weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt für seine kulinarische Vielfalt: großartige Speisen aus regionalen Zutaten und unseren herrlichen Wein. Unsere Gastgeber erbringen Spitzenleistungen, die auch im internationalen Vergleich ihresgleichen suchen. Das Comeback des Tourismus in Niederösterreich führt also im wahrsten Sinne des Wortes durch den Magen.

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Nach meinem Publizistik und Kommunikationswissenschaft Studium, blieb ich meiner großen Medienliebe treu und entwickelte mich immer weiter. Aufgrund ständigen Kontakttretens mit verschiedenen Menschen, kann ich behaupten, dass ich ein kontaktfreudiger, junger Mensch bin. Eine gute Geschichte ist die Voraussetzung unserer Profession, die viel Verantwortung in jede Recherche und jedem Text mit sich trägt. Meine Leidenschaft gilt definitiv den Chronik-Themen, denn neben der Liebe für Chronik habe ich eine große Schwäche für Promis.