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Verstoß

EU-Ultimatum: Brüssel gibt Österreich nur 60 Tage für Umwelt-Reform

Ursula von der Leyen Österreich
FOTO: EPA-EFE/VIRGINIA MAYO

Brüssel zeigt Österreich die gelbe Karte: Wegen Mängeln bei Umweltprüfungen droht ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof – die Uhr tickt.

Die EU-Kommission hat Österreich wegen mangelhafter Umsetzung der Umweltverträglichkeitsprüfungs-Richtlinie eine förmliche Verwarnung erteilt. Österreich hat nun zwei Monate Zeit, auf die Kritik zu reagieren und entsprechende Anpassungen vorzunehmen, andernfalls droht ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof.

In einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme kritisierte die Kommission sowohl Österreich als auch Ungarn für Defizite bei der Implementierung der UVP-Richtlinie (Umweltverträglichkeitsprüfungs-Richtlinie). Diese EU-Regelung schreibt vor, dass größere Bau- und Entwicklungsvorhaben innerhalb der Union vor ihrer Realisierung einer umfassenden Prüfung ihrer Umweltauswirkungen unterzogen werden müssen.

Nach Einschätzung der Brüsseler Behörde weist die österreichische Gesetzgebung in diesem Bereich erhebliche Mängel auf. Besonders problematisch sei die unzureichende Berücksichtigung kumulativer Umwelteffekte sowie die Festlegung von Projektschwellenwerten. Die Kommission befürchtet, dass unter den aktuellen Bestimmungen Projekte ohne angemessene Umweltprüfung genehmigt werden könnten, was potenzielle Risiken für Umwelt und Gesundheit berge.

Konkrete Kritikpunkte

Im Falle Ungarns bemängelt die Kommission, dass das nationale Recht zu weitreichende Ausnahmen von der UVP-Pflicht vorsieht. Die Kommission hatte Österreich bereits im April 2024 und Ungarn im Juli 2019 mit Aufforderungsschreiben zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie gedrängt.

Da beide Länder nach Ansicht der Kommission die identifizierten Defizite nicht ausreichend behoben haben, wurden nun mit Gründen versehene Stellungnahmen übermittelt. Sowohl Österreich als auch Ungarn haben eine zweimonatige Frist, um die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Sollten die Anpassungen ausbleiben, kann die Kommission den Fall dem Europäischen Gerichtshof vorlegen.

Bemerkenswert ist, dass das Bundesministerium bereits 2023 eine Novelle des UVP-Gesetzes verabschiedet hatte, die mehr Verfahrenseffizienz und Erleichterungen für Vorhaben im Bereich der Energiewende bringen sollte. Offenbar haben diese Änderungen jedoch nicht alle von der EU-Kommission beanstandeten Mängel beseitigt, insbesondere bei der Berücksichtigung kumulativer Umwelteffekte und der Festlegung von Projektschwellenwerten.

Arbeitszeitvorschriften

Parallel dazu hat die EU-Kommission ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet. Dieses betrifft die Einhaltung europäischer Arbeitszeitvorschriften. Die Kommission beanstandet, dass die österreichischen Regelungen für Beschäftigte der teilstaatlichen Unternehmen Post und Telekom ungünstige Arbeitsbedingungen schaffen.

Die Kritik richtet sich insbesondere auf Bestimmungen zur täglichen Mindestruhezeit, zur Urlaubsvertretung, zum Krankenstand und zum bezahlten Jahresurlaub. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass diese Regelungen gegen die EU-Arbeitszeitrichtlinie verstoßen und somit den Gesundheitsschutz und die Sicherheit der betroffenen Arbeitnehmer nicht gewährleisten.

Auch in diesem Fall hat Österreich zwei Monate Zeit, um auf die Beanstandungen zu reagieren.

Das aktuelle Vorgehen der EU-Kommission reiht sich in eine größere Anzahl von Verfahren ein. Erst im März 2025 hat die Kommission vier weitere Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eröffnet, darunter wegen mangelhafter Umsetzung der Vorschriften für die Strommarktgestaltung sowie für Sozialvorschriften im Straßengüterverkehr.