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4. August 1995

In Serbien Gedenktag, in Kroatien Feiertag: 28 Jahre nach „Oluja“

(FOTO: EPA/SASA STANKOVIC)

Während der 4. August für Kroatien einer der wichtigsten Nationalfeiertage ist, werden in Serbien an diesem Tag zahlreiche Trauerfeiern und Totengedenken abgehalten.

Auslöser für die Sieges- und Trauerfeiern auf der einen und auf der anderen Seite ist die Operation „Oluja“ (Sturm). Diese fand im August 1995 während des Bosnienkrieges statt und war eine bedeutende Militäroffensive der kroatischen Streitkräfte gegen serbische Truppen in Kroatien.

Ziel war es, die von Serben besetzten Gebiete zurückzuerobern. Die Operation war von großer Bedeutung, da sie zu einem Wendepunkt in dem Konflikt führte und die serbische Kontrolle über weite Teile Kroatiens beendete. Die Folgen waren jedoch gravierend, da Zehntausende Serben aus den eroberten Gebieten flohen, um der kroatischen Offensive zu entkommen. Es wurde über Menschenrechtsverletzungen und Vertreibungen berichtet, was zu einer lang anhaltenden Spannung zwischen Serbien und Kroatien führte. Die Operation „Oluja“ hat bis heute eine nachhaltige Wirkung auf die Region und bleibt ein umstrittenes Kapitel in der Geschichte des Balkans.

„Eines der größten ethnischen Säuberungsverbrechen der Welt“

Im Vorfeld des kroatischen Jahrestages hatte Serbien die Aktion zur Rückeroberung der serbischen Krajina mit 220.000 Vertriebenen als „eines der größten ethnischen Säuberungsverbrechen der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg“ bezeichnet. Die damals begangenen Kriegsverbrechen seien nie gesühnt worden. Seit dem Jahr 2000 wird „Oluja“ als Tag der Streitkräfte Kroatiens gefeiert.

In Serbien Gedenktag

Aus serbischer Sicht kann man „Oluja“ als Tragödie betrachten. Für die serbische Bevölkerung in den betroffenen Gebieten war es eine Zeit des Schreckens und der Angst. Die Offensive der kroatischen Streitkräfte führte zu Massenvertreibungen und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gegenüber der serbischen Bevölkerung.

Viele Serben wurden gewaltsam aus ihren Häusern vertrieben und gezwungen, ihr Heimatland zu verlassen. Die Operation „Oluja“ wird als ungerechte und gewaltsame Aktion wahrgenommen, die bis heute tiefe Wunden hinterlassen hat und die Beziehungen zwischen Serbien und Kroatien belastet. Es ist ein Ereignis, das die serbische Gemeinschaft weiterhin schmerzt und ihre Erinnerung an Leid und Verlust aufrechterhält.

(FOTO: EPA-EFE/MARKO DJOKOVIC)
(FOTO: EPA-EFE/MARKO DJOKOVIC)

In Kroatien Feiertag

Aus kroatischer Sicht wird „Oluja“ als entscheidender Schritt zur Befreiung des Landes angesehen. Nach langen Jahren der Besatzung durch serbische Truppen konnte Kroatien durch diese Offensive seine territorialen Integrität zurückerlangen. Die Operation markierte einen bedeutenden Sieg für die kroatischen Streitkräfte und ermöglichte die Rückkehr von Zehntausenden kroatischen Flüchtlingen in ihre Heimatgebiete.

Für Kroatien symbolisierte „Oluja“ eine Zeit der nationalen Einheit und des Stolzes, da das Land seine Unabhängigkeit und Souveränität erfolgreich verteidigen konnte. Obwohl es bedauerlich ist, dass es zu Vertreibungen kam, wird aus kroatischer Perspektive betont, dass die Operation als Antwort auf die zuvor erlittenen Verluste und Gräueltaten während des Krieges notwendig war. Heute sieht Kroatien die Operation „Oluja“ als einen entscheidenden Moment in seiner Geschichte und als Meilenstein auf dem Weg zu einer stabilen und friedlichen Region.

(FOTO: EPA-EFE/MIROSLAV LELAS)
(FOTO: EPA-EFE/MIROSLAV LELAS)

Das Haager Tribunal beschuldigt drei kroatische Generäle – Anta Gotovina, Ivan Cermak und Mladen Makrač – Verbrechen gegen Zivilisten im Zuge der Operation „Oluja“ begangen zu haben. Gotovina und Markač wurden zu 24 bzw. 18 Jahren Gefängnis verurteilt, aber nach etwas mehr als einem Jahr freigesprochen und aus der Haft entlassen.

Sandra Plesser
Als zweites Kind jugoslawischer Gastarbeiter wurde Sandra in Wien geboren und studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Während ihrer Tätigkeit als Redakteurin bei Advanced Photoshop, mokant und Der Standard baute sie mittels Weiterbildungen ihr Wissen im Bereich Social Media-, Content- und Veranstaltungsmanagement aus. Nach drei Jahren in der Eventorganisation widmet sie sich bei KOSMO wieder ihrer Passion: dem Journalismus.