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Kreditaufnahme

Wohnen wird unbezahlbar: Österreichs Immobilienkredite steigen steil, Mieten ziehen mit an

(FOTO: iStock/filmfoto)
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Zum ersten Mal seit dem Start der Datenerfassung im Jahre 1998 erlebt Österreich einen Rückgang des Kreditvolumens bei privaten Haushalten. Eine Entwicklung, die vor dem Hintergrund sprunghaft gestiegener Zinsen im gesamten Euroraum kaum überrascht. Die Europäische Zentralbank hat den Leitzinssatz auf markante 4,5 Prozent fixiert. Das beschwert Kreditnehmern bei Immobiliendarlehen Zinssätze von über drei Prozent. Diese Konditionen veranlassen viele Bürgerinnen und Bürger dazu, potentielle Investitionen und Anschaffungen mehrfach zu überdenken.

Besonders hart traf es im vergangenen Jahr den privaten Wohnbau, da das Volumen der neu vergebenen Wohnbaukredite spürbar gesunken ist. Dies ist einer der Hauptgründe für die derzeitige Schwächephase der heimischen Bauindustrie. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat genau das im Blick: eine schwächere Kreditnachfrage und eine abnehmende Bautätigkeit. Ihre Absicht ist es, durch die hohen Zinsen die Nachfrage nach Gütern aller Art, einschließlich Immobilien und Bauaufträgen, zu drosseln, um die Inflation zu bekämpfen.

Auswirkungen der Zinserhöhungen

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat sich in einer kürzlich veröffentlichten Analyse die Auswirkungen der Zinserhöhungen der Notenbanken auf die Immobilienmärkte verschiedener Länder angesehen. Dabei wurde untersucht, wie stark sich Zinsänderungen auf die Realwirtschaft auswirken. Die EZB strebt nicht nur eine Beeinflussung der Kreditvergabe und eine Schwächung des Baugewerbes an. Höhere Zinsen sollen auch die KonsumentInnen dazu bringen, sparsamer zu sein. Doch dieser Mechanismus wirkt in den verschiedenen Ländern unterschiedlich stark.

Belastung der österreichischen Haushalte

Die Zahlen des IWF verdeutlichen die Belastung der österreichischen Haushalte durch gestiegene Zinszahlungen. Seit Juli 2022 sind die Ratenzahlungen der Haushalte an die Banken gemessen am Bruttoinlandsprodukt um etwa 0,5 Prozent gestiegen, was Kosten von etwa 2,2 Milliarden Euro entspricht. Der Grund hierfür liegt vor allem in der hohen Anzahl an variabel verzinsten Darlehen in Österreich. Rund 500.000 Haushalte haben solche Kredite, was die heimischen Haushalte im Mittelfeld der Länder mit hohen Zinskosten platziert. In dieser Situation wird deutlich, dass Diskussionen über Zinsdeckel in Österreich die Zinspolitik der EZB unterlaufen könnten. Ein solcher Zinsdeckel, wie ihn beispielsweise die SPÖ in Niederösterreich gefordert hat, wird dadurch keinesfalls als falsch angesehen.

Insgesamt kommt der Währungsfonds zu dem Schluss, dass sich Zentralbanken heute schwerer damit tun, ihre Zinsen in der Realwirtschaft wirksam werden zu lassen, als noch vor zehn oder 15 Jahren. Dies liegt unter anderem daran, dass der Anteil der fix verzinsten Kredite in vielen Ländern seit der langen Periode niedriger Zinsen seit 2008 gestiegen ist, auch in Österreich. Eine größere Anzahl von Haushalten ist somit von einem Zinsanstieg entkoppelt. Der Währungsfonds warnt in seiner Analyse zudem davor, dass je länger die Phase hoher Zinsen anhält, desto stärker negative wirtschaftliche Folgen zu spüren sein werden. Viele Darlehen haben nur für eine begrenzte Zeit feste Zinssätze. Mit der Zeit werden immer mehr feste Kredite zu variablen, was für die Haushalte bedeutet: steigende monatliche Ratenzahlungen.

Sandra Plesser
Als zweites Kind jugoslawischer Gastarbeiter wurde Sandra in Wien geboren und studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Während ihrer Tätigkeit als Redakteurin bei Advanced Photoshop, mokant und Der Standard baute sie mittels Weiterbildungen ihr Wissen im Bereich Social Media-, Content- und Veranstaltungsmanagement aus. Nach drei Jahren in der Eventorganisation widmet sie sich bei KOSMO wieder ihrer Passion: dem Journalismus.