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GESCHICHTE

Balkan Stories: Jugoslawin auf Abwegen

(Foto: Wikimedia Commons/Ванилица)

Ausgerechnet der – unverständliche – kommerzielle Erfolg des Barbie-Films fördert ein fragwürdiges Kapitel einer Ikone der Jugo-Musik zu Tage. Das Muzej Jugoslavije hat Bilder eines Exponats veröffentlicht, über das Lepa Brena heute wohl kaum mehr reden will.

Einmal schon brachte der Film Hajde da se volimo 3 Lepa Brena in Bedrängnis.

In einer Szene des 1990 veröffentlichten Films trug sie ein Safari-Kostüm.

Bosnjakische Nationalisten legten das Kostüm im Bosnien-Krieg als eine Uniform der Armee der Republika Srpska aus.

Sie beschuldigten die in Brcko aufgewachsene Ikone der jugoslawischen Popmusik, mit der Uniform die Armee der RS zu unterstützen, die gegen Bosnien Krieg führte und zehntausende Menschen massakrierte.

Es dauerte Jahre, bis das Missverständnis aufgeklärt war.

Kein Missverständnis ist dieses Exponat, dessen Foto am Montag das Muzej Jugoslavije in Beograd veröffentlichte.

Lepa Brena als Action-Figur, sichtbar als Imitat der damals so beliebten Barbie-Puppen.

Die Action-Figur war ein Fanartikel für den Film Hajde da se volimo 3.

Die seichte Komödie ist ein Starvehikel für die Sängerin, die damals auf dem Gipfel ihrer Karriere stand.

Im Jahr davor war mit Jugoslovenka ihr bis heute größter Hit erschienen.

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Bis heute gilt der Song als eine der inoffiziellen Hymnen Jugoslawiens.

Den Rang abgelaufen wurde Jugoslovenka nur vom Album Ćiribiribela von Bijelo Dugme, das im gleichen Jahr erschien – und Đurđevdan enthielt – bis heute das kommerziell erfolgreichste Lied Jugoslawiens und seiner Nachfolgestaaten.

Etwas peinlich ist die Sache schon

Unabhängig von der künstlerischen Qualität des Films ist er als eines der letzten genuin jugoslawischen Werke zu sehen, das im ganzen Land Menschen aller Abstammungen in die Kinos und zum Lachen brachte – und damit in gewisser Weise ein Gegenentwurf zur schwelenden Krise war, die eineinhalb Jahre später so blutig ausbrechen sollte.

Dennoch: Lepa Brena als Barbie?

Das ist mittelschwer gewöhnungsbedürftig.

1990-er hin oder her, genau genommen ist es etwas peinlich.

Es spricht aber für das Muzej Jugoslavije in Beograd, dieses Exponat zeitgleich zum Start des rätselhaft erfolgreichen Machwerks „Barbie – der Film“ zu veröffentlichen.

Es zeigt, wie reichhaltig der Fundus dieses Museums ist.

Und wie sehr seine Beschäftigten engagiert sind, die Exponate der Öffentlichkeit vorzustellen.

Wer in Beograd ist, sollte das Museum unbedingt besuchen.

Es hat neben sehr lehrreichen Dauerausstellungen immer sehr kreative und spannende Ausstellungen im Hauptgebäude zu bieten, dem Museum des 25. Mai – sofern letzteres nicht gerade umgebaut wird.

Balkan Stories, Christoph Baumgarten

Christoph Baumgarten ist Journalist und Balkanreisender aus Leidenschaft. Seit 2015 verbindet er beide Leidenschaften auf seinem Blog Balkan Stories. Dort versucht er, Geschichten zu erzählen, für die es in größeren Medien meist keinen Platz gibt und stellt die Menschen in den Mittelpunkt.

Mehr von Christoph könnt ihr unter balkanstories.net nachlesen.