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Balkan Stories: Sarajlije wollen ein Denkmal für Medo

(FOTO: zVg.)

Medo, der beliebteste Straßenhund Sarajevos, soll nach seinem tragischen Tod ein Denkmal bekommen. Geplant sind ein Wandgemälde und eine Erinnerungsplakette an seinem Lieblingsort. Bewohner sammeln Unterschriften und vergleichen Medo schon mit Hatchiko, dem berühmten Hund von Tokyo.

Auf den Gehsteig vor der Trafik in Grbavica haben Kinder Herzen gemalt.

Hier war Medos Lieblingsplatz.

Hier starb er vor wenigen Wochen, als ihn eine unachtsame Autofahrerin überfuhr.

Hier soll auch ein Denkmal für Sarajevos beliebtesten Straßenhund entstehen. Nach aktuellem Stand ein Wandgemälde und eine Erinnerungsplakette, wie die Zeitung Oslobođenje berichtet.

Das fordern Anrainer und die Tierschutzorganisation Ruka sa šapu, unterstützt von der Tierschutzvereinigung Av Mau Sarajevo.

Es werde ein Denkmal für Liebe, Treue und Freundschaft werden, heißt es von Ruka sa šapu. „Das ist das, was in dieser Zeit vielleicht am meisten fehlt“.

Bosniens Hachiko

Die Organisation geht noch weiter: „Wenn Japan sein Hachiko hat, soll Bosnien sein Med0 haben.“

Hachiko ist Japans legendärster Hund. Sein Denkmal ist heute eine der Sehenswürdigkeiten Tokyos

Hachiko begleitete in den 1920-ern seinen Herrn täglich zum Bahnhof, von dem aus er zur Arbeit fuhr. Täglich holte er ihn hier auch um 3 Uhr am Nachmittag ab. Nachdem der Besitzer plötzlich an seinem Arbeitsplatz starb, trottete Hachiko täglich zum Bahnhof, um auf ihn zu warten. Zehn Jahre lang, bis er selbst starb.

Hachiko ist weit über Japan hinaus zu einem Symbol für Liebe und Treue geworden. Seine Geschichte wurde zweimal verfilmt.

Bei allen Unterschieden ist die Geschichte Medos mit der von Hachiko vergleichbar.

Medo hatte keinen Besitzern. Er gehörte allen Bewohnern seiner Mahala und bewachte die Nachbarschaft. Vor allem auf Kinder und kleine Hunde passte er auf.

Und sofern er nicht in seinem zweiten Zuhause, dem Cafe Papagaj, oder auf einem seiner Spaziergänge war, lag Medo treu auf seinem Lieblingsplatz vor der Trafik. 14 Jahre lang.

(Mehr über Medos Leben erfahrt ihr hier und in diesem bewegenden Portrait von Oslobođenje)

Medo mag nicht einem bestimmten Menschen gegenüber treu bis in den Tod gewesen sein. Medo war es allen Menschen in seiner Mahala gegenüber.

Medos Menschen wollen es ihm mit einem Denkmal danken.

Um das zu ermöglichen, brauchen sie eine Genehmigung von der Bezirksverwaltung. Für diese Initiative sammeln sie, organisiert von Ruka sa šapu, Unterschriften. Die Listen liegen an mehreren Orten in Sarajevo und in Istočno Sarajevo auf. Eine Liste gibt es im oben verlinkten Artikel von Oslobođenje.

Die Aktion soll vorerst bis 25. April, dann werden die Unterschriften der Bezirksverwaltung übergeben. Unterstützt wird die Initiative von Ahmed Kosovec, einem Mitglied der Bezirksvertretung von Novo Sarajevo von der liberalen Partei Naša stranka.

Das Wandgemälde will ein lokaler Künstler kostenlos machen. Sobald es eine Genehmigung für die Gedenkplakette gibt, wird es zur Finanzierung eine stadtweite Sammelaktion geben, heißt es von Ruka sa šapu.

Das ist die Seele Sarajevos

Ein Denkmal für einen Straßenhund mag für Außenstehende aus dem Westen etwas überraschend wirken. Zum Charakter der Stadt Sarajevo und der Sarajlije passt es vollkommen.

So wurde vor eineinhalb Jahren auf der Carinski Most im Stadtzentrum ein Denkmal für den beliebten Zeitungsverkäufer Marko Didoi, genannt Markan, enthüllt.

Und gleich um die Ecke von Medos Lieblingsplatz gibt es ein Denkmal für Sarajevos Romeo und Julia, Boško und Admira. Das Paar war 1993 erschossen worden, als es versuchte, aus dem belagerten Sarajevo zu fliehen. Admira war Bosnjakin, Boško Serbe. Sie hatten sich auch vom Krieg nicht auseinanderbringen lassen und starben tragisch gemeinsam. Auch das ein Symbol von Treue und Liebe.

Über die Brücke, auf der Boško und Amira einem Scharfschützen zum Opfer fielen, muss Medo öfter auf seinen Ausflügen auf die andere Seite der Miljacka getrottet sein.

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Balkan Stories, Christoph Baumgarten

Christoph Baumgarten ist Journalist und Balkanreisender aus Leidenschaft. Seit 2015 verbindet er beide Leidenschaften auf seinem Blog Balkan Stories. Dort versucht er, Geschichten zu erzählen, für die es in größeren Medien meist keinen Platz gibt und stellt die Menschen in den Mittelpunkt.

Mehr von Christoph könnt ihr unter balkanstories.net nachlesen.