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INTERVIEW

Balkanale Filmtage: „Wir wollen keinen Jugoslawienkrieg, wir wollen Frauen“

Balkanale-Interview
(FOTO: Balkanale)

Bereits zum zweiten Mal verwandelt sich die beliebte Partymeile der BKS-Community, bekannt unter dem Synonym „Balkanstraße“, in den Schauplatz für die Balkanale Filmtage.

Von 24. bis 28. September 2018 werden an vier unterschiedlichen Locations der Ottakringer Straße insgesamt neun Streifen von und über die Länder des ehemaligen Jugoslawiens gezeigt. Während des fünftägigen Festival kann man nicht nur tolle Filme genießen, sondern auch beliebte Lokale ganz anders erleben. So fungieren zum Beispiel der neueröffnete Club Eisberg und das traditionelle CAFÉ BAR LABY dieses Mal nicht als Partyort, sondern als Kino. Und all dies bei freiem Eintritt.

Wie wart ihr mit der ersten Balkanale zufrieden? Wie waren die Reaktionen und was ist am meisten hängen geblieben?
Josip Dusper: Wir waren wirklich erstaunt über den großen Besucher*innenandrang. Aber eigentlich kein Wunder bei so vielen Wiener*innen mit BKMS-Jugo-„wie-auch-immer“-Verbindung. Ich habe jeden Tag aufs Neue gezittert, ob genug Leute kommen werden und dann hatten wir aber immer randvolle Projektionen.
Anna Sophie Lehner: Es war irgendwie eine schöne Erkenntnis, dass man eine Stadt und was in ihr passiert so mitgestalten kann. Auf einmal gab’s auf der Wiener Balkanmeile auch Kinos. Für mich hängengeblieben ist eine ältere Dame. Sie war jeden Tag, bei jedem Screening anwesend. Am letzten Tag hat sie dann erfahren, dass das nicht ewig so weitergehen wird. Ihre Enttäuschung war so groß.

Warum habt ihr ein Jahr Pause bis zu den zweiten Filmtagen auf der Ottakringer Straße eingelegt?
Anna: Das ist leicht erklärt: Ohne Josip geht die BALKANALE nicht und der hatte in dem Jahr durchgehend mit Nasennebenhöhlenentzündungen zu kämpfen.
Josip: Nach halb aufgekaufter Apotheke, einer nutzlosen Operation, habe ich mithilfe einer Psychotherapie die Nebenhöhlenentzündungen besiegt. Mögen die österreichischen Krankenkassen wie in Deutschland auch bald die Kosten für Psychotherapien übernehmen.

Die OTK in drei Worten? „Irgendwas zwischen imponierend, gemütlich, schrill und unauffällig. Das waren jetzt vier Begriffe“, so Josip lachend.

Josip-Balkanale

Was erwartet uns heuer Neues, bzw. worauf freut ihr euch am meisten?
Josip: Neu ist der große, weite Raum in der Ottakringerbrauerei, der ausschaut wie eine Fabrikshalle. Der frisch eröffnete Club Eisberg und sein weißes, eisiges Interior-Design und die zusätzliche Videoinstallation im Kunstcafé AU – das sind Clips von Youtube Star Sandra Silađev alias Dinja.
Anna: Wir freuen uns am meisten auf die Filme, die diesmal einen starken Gegenwartsbezug aufweisen. Mich hat „Žaba“ von Elmir Jukić im Vorfeld sehr gerührt. Der Film erzählt vom Streit dreier Männer, aber in Wahrheit geht’s um die Frage: was fängt man mit dem Leben an? Das Drehbuch hat es mir angetan.
Josip: Die Filme haben uns unterschiedlich bewegt. Ich wollte z.B. „Egzorcisam“ gar nicht erst sehen, weil ich keine Horrorfilme mag, aber der Regisseur Dalibor Matanić ist ein Genie und hat mich mit dem schrittweisen Auflösen des komplexen Konflikts in der Geschichte und der Ästhetik im Film gefesselt und begeistert.

„Weil der Balkan in Wien beginnt“

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Anhand welcher Kriterien habt ihr das diesjährige Programm ausgewählt? Gibt es einen Themenschwerpunkt?
Anna: Wir wollten Frauen! Frauen als Regisseurinnen, Frauen als Figuren, Frauen als Handlungsträgerinnen. Nur ist es in der männerdominierten BKMS-Filmwelt leider nicht einfach, solche Filme zu finden. In „Lada Kamenski“, von Sara Hribar und Marko Šantić, den wir am Donnerstag im Laby zeigen, wird dieses Problem auch thematisiert.
Josip: Um dem Klischee des schweren, tragischen Balkanfilms entgegenzuwirken, haben wir auch bewusst nach
Komödien gesucht.

Zielpublikum? „Alle WienerInnen*! Ganz besonders die erwähnte Dame, die bei der letzten BALKANALE jeden Tag da war“, erklärte uns Anna.

Balkanale-Anna
(FOTO: Balkanale)

Thematisiert ihr mit den Filmen auch den Jugoslawienkrieg, oder möchtet ihr diesen außen vorlassen?
Josip: Wir haben uns im Vorfeld darauf geeinigt: keine Kriegsszenen. Die haben wir uns jetzt die letzten 20 Jahre immer wieder ansehen können. In anderer Form kommt Krieg sehr wohl vor…
Anna: …im Gespräch, als Erinnerung, oder als Erzählstrategie, etwa wenn Figuren mit verschiedenen Interessen an einem begrenzten Schauplatz, wie einer Schule oder einem Wohnzimmer, miteinander auskommen müssen.

Balkanale-Programm
(FOTO: Facebook)

PROGRAMM [Bei FREIEM Eintritt]:

MO [OTTAKRINGER BRAUEREI]: 18:30 Smrt u Sarajevu, 21:00 Pored Mene

DI [KUNSTCAFÉ AU]: 18:30 Kurzfilmprogramm, 21:00 Wiederholung

MI [CLUB EISBERG]: 18:30 Comic Sans, 21:00 Egzorcizam

DO [CAFÉ BAR LABY]: 18:30 Zaba, 21:00 Lada Kamenski

FR [CAFÉ BAR LABY]: 18:30 Ustav RH, 21:30 Abschlussparty