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EXPERTEN WARNEN

Bis zu diesem Zeitpunkt können wir die Corona-Mutation noch stoppen

(FOTOS: CSH Faculty, iStockphoto)

In Österreich gibt es bereits 70 Verdachtsfälle der britischen Corona-Mutation. Experte Peter Klimek warnt nun: Es gibt nur ein bestimmtes Zeitfenster für Gegenmaßnahmen, um die ansteckendere Mutation aufzuhalten.

Im Dezember formulierte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) das „Mindestziel“, die 7-Tage-Inzidenz im Jänner auf unter 100 zu drücken. Dies gelang der Regierung trotz hartem Lockdown seit 26. Dezember bisher nicht. Auch die Reproduktionszahl liegt derzeit in Österreich unverändert bei 1, das heißt: Eine infizierte Person steckt im Schnitt eine weitere an. Und das alles noch vor der wesentlich ansteckenderen, britischen CoV-Mutation B.1.1.7. Sie ist laut einer aktuellen Studie mehr als 50 Prozent ansteckender, als das ursprüngliche Coronavirus. Experte Peter Klimek warnt daher nun: Es gibt nur ein bestimmtes Zeitfenster für Gegenmaßnahmen, um die ansteckendere Mutation aufzuhalten.

Die Zeit drängt
„Legt man die britischen Zahlen auf Österreich um, muss man mit einer wöchentlichen Verdoppelung der Fälle rechnen“, so der Komplexitätsforscher Peter Klimek. Gehe man von aktuell 100 Fällen der Mutation in Österreich aus, „hätten wir in zwei Wochen 200, in drei Wochen 400 und in vier Wochen 800 Fälle“, rechnet der Wissenschaftler vor. Spätestens dann wäre es zu spät, gegenzusteuern. „Sollten wir in Wahrheit schon 1.000 Fälle in Österreich haben, die wir noch nicht detektiert haben, dann müssen wir spätestens nächste Woche handeln.“

Wie viele B.1.1.7-Fälle es in Österreich derzeit tatsächlich gibt, ist noch unklar. Was jedoch fix ist: Es muss möglichst schnell gehandelt werden. Klimek plädiert für regionale Bewegungseinschränkungen nach deutschem Vorbild und bessere Testmöglichkeiten zu Hause.

Schnelle, regionale Maßnahmen
Das Zeitfenster, in dem man verhindern hätte können, dass sich die britische Mutation in Österreich verbreitet, hat sich laut Klimek bereits geschlossen. Nun gehe es darum, größere Ausbrüche dieser Variante rasch zu entdecken und einzudämmen. Dafür sind auch noch schärfere Maßnahmen notwendig.

Neben den schon vorhandenen Lockdown-Maßnahmen müsse man vor allem die Bewegungsmöglichkeit in Gebieten mit vielen Coronafällen einschränken, so der Experte. In Deutschland gibt es bereits eine solche Regelung. Konkret gilt dort: In Gebieten mit hoher Inzidenz dürfen sich Bewohner nicht weiter als 15 Kilometer von ihrem Wohnort wegbewegen. Eine Ausbreitung von B.1.1.7 über eine Region hinaus soll so unterbunden werden. Wichtig sei es, die Maßnahmen rasch zu setzen – und zwar regionale, soweit möglich!

„Man kann nicht alles aufmachen“
Zusätzlich sei es laut Klimek aus epidemiologischer Sicht derzeit nicht ratsam, alle Bereiche zu öffnen. Vor allem jene, in denen es zu längeren körpernahen Kontakten kommt, seien kritisch: Das betrifft vor allem die Gastronomie, aber auch den Kundenkontakt im Handel, aber auch Schulen. Dem müsse man allerdings die „gesellschaftliche und psychologische Sicht“ gegenüberstellen.

„Klar ist: Man kann nicht alles aufmachen, man muss sich auf kritische Bereiche fokussieren“, sagt Klimek. Jeder sanfte Öffnungsschritt müsse mit geeigneten Schutzmaßnahmen begleitet werden. Etwa durch den intensiveren Einsatz von hochwertigen Schutzmasken.  Gesundheitsminister Anschober sprach etwa am Mittwoch in Ö1 die Überlegung aus, eine FFP2-Maskenpflicht in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln einzuführen.

Testen, Testen – und Transparenz
Eine weitere Schutzmaßnahme, die laut Klimek wichtig wäre, ist der „häufige und flächendeckende Einsatz“ von Antigen-Tests. Aber die Politik müsse auch transparent kommuniziert werden, was diese Schutzmaßnahmen können und was nicht: „Wenn man einmal in der Woche ein Antigen-Screening macht, ist nicht zu erwarten, dass wir überhaupt keine Ausbrüche und Cluster mehr an Schulen sehen.“

Man müsse den Menschen daher klarmachen, dass die Tests einen „erhöhten, aber keinen absoluten Schutz“ bieten können. Abstandhalten, ein MNS und Händewaschen können auch nicht durch regelmäßige Tests ersetzt werden. In Bezug auf die Teststrategie hält der Experte auch viel von der Idee des „Heimtestens“ mit einfach zu bedienenden Schnelltests. Statt genereller Kontaktreduktion „habe ich vor sozialen Kontakten die Möglichkeit, mich vorzutesten und Schutz herzustellen“.

Quellen und Links: