In der politischen Landschaft Österreichs ereignete sich über das Wochenende eine dramatische Wende. Die Verhandlungen zur Bildung einer sogenannten Austro-Ampel-Koalition, bestehend aus SPÖ, ÖVP und NEOS, scheiterten abrupt.
Am Freitag zogen sich die NEOS aus den Gesprächen zurück, woraufhin auch die Bemühungen von SPÖ und ÖVP am nächsten Tag mit dem Rücktritt von Bundeskanzler Karl Nehammer endeten, der auch seinen Posten als ÖVP-Parteiobmann niederlegte. Österreich steht nun vor einem vollständigen Neustart des Regierungsbildungsprozesses.
Herbert Kickl und die Herausforderung der Regierungsbildung
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat in diesem Kontext FPÖ-Chef Herbert Kickl mit der Regierungsbildung beauftragt. In einem Statement nach einem Treffen mit Van der Bellen bezeichnete Kickl die aktuelle Situation als „neue Situation“, die es zu meistern gelte. „Unser Land wurde also an die Wand gefahren in den letzten fünf Jahren“, fasste der FPÖ-Chef zusammen. „Wir sind in Österreich nicht nur mit einem Budgetdefizit konfrontiert, sondern die anderen Parteien haben auch ein Vertrauensdefizit erwirtschaftet.“
Er hob die FPÖ als stabilen Faktor in der österreichischen Innenpolitik hervor und machte klar, dass die Partei daran festhalte, „Österreich ehrlich zu regieren“. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS bemerkenswert, die sich gegenseitig für das Scheitern der Koalitionsgespräche verantwortlich machen und damit zur Unsicherheit beitragen. Kickl betonte, dass die Österreicher eine Regierung verdient hätten, die „ihr Partner ist“ und nicht „ihr Gegner“.
Kickl setzt auf Ehrlichkeit und den „Wir-Gedanken“
In einer Pressekonferenz betonte Kickl, dass das Wahlergebnis von vor 100 Tagen die FPÖ als stärkste politische Kraft in Österreich gezeigt habe. Die letzten drei Monate seien jedoch durch Versuche, dieses Ergebnis durch eine „Verlierer-Ampel“ zu untergraben, vergeudet worden. Er beklagte ein starkes Vertrauensdefizit, verursacht durch die anderen Parteien, das neben dem bestehenden Budgetdefizit eine Herausforderung für das Land darstelle.
Statt den einfacheren Weg über Neuwahlen zu gehen, betont Kickl die Notwendigkeit, mit einem verlässlichen Partner zusammenzuarbeiten, um die derzeitigen Probleme zu bewältigen. Dabei äußerte er jedoch auch Vorbehalte gegenüber der Ernsthaftigkeit der ÖVP und signalisierte Dialogbereitschaft, insbesondere gegenüber dem neuen ÖVP-Parteichef Christian Stocker. Auch diesem halte er die ausgestreckte Hand entgegen – „das ist nicht leicht für mich“, so Kickl und verweist auf die Vergangenheit, die er mit Stocker hat.
Kickl stellte klar, dass faire und transparente Verhandlungen notwendig seien, um Vertrauen aufzubauen. In den letzten Tagen habe Kickl viel Rückhalt erhalten, aber „es waren auch warnende Stimmen dabei“. „Viele haben mir gesagt: ‚Achtung, Vorsicht, die (Anm. ÖVP) meinen es nicht ehrlich'“, so Kickl.
So geht es jetzt weiter
Am Abend plant Kickl, dem Parteipräsidium der FPÖ formelle Verhandlungen mit der ÖVP vorzuschlagen, sofern eine solide Grundlage für ernsthafte Gespräche besteht. Kontinuierliche Informationen an Bundespräsident Van der Bellen über den Fortschritt sind Teil dieses Prozesses. Über wichtige Fortschritte wird auch die Bevölkerung informiert werden. Diese Verhandlungen, die in einem kleinen Kreis stattfinden sollen, könnten den Grundstein für eine neue politische Ordnung in Österreich legen, in der die FPÖ eine führende Rolle übernimmt.
Gerüstet für Neuwahlen
„Klar ist für mich auch, dass es keine Tricks, Spielchen oder Sabotagen geben darf“, so Kickl. Nun sei es für die ÖVP an der Zeit, anzuerkennen, wer die Wahl gewonnen hat, wer die Österreicher in diese schwierige Lage geführt hat und dass erneut niemand bereit ist, einen Teil der Verantwortung zu übernehmen. „All diese Dinge, das werden diese Gespräche und die Verhandlungen zeigen müssen, werden eine Nagelprobe im Umgang mit der ÖVP sein.“
Darüber hinaus brauche es einen Verhandlungsgegenüber mit konsequenten Verhandlungspartner, wo nicht unterschiedliche Akteure unterschiedliche Ziele verfolgen. „Wenn das nicht gewährleistet ist, ja dann war es das auch schon wieder und dann gibt es Neuwahlen. Wir sind dafür gerüstet“
Kickl strebt an, ein neues Kapitel in der österreichischen Politikgeschichte aufzuschlagen, während er gleichzeitig die Herausforderungen anerkennt, die mit der Suche nach einem gleichgesinnten Partner einhergehen.
Folge uns auf Social Media!