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Urlaub in Gefahr?

Genug von Massentourismus: Einheimische im Hungerstreik

(FOTO: iStock/Artem Bolshakov)
(FOTO: iStock/Artem Bolshakov)

Spanien verzaubert mit seinen malerischen Küsten und dem mediterranen Lebensgefühl Jahr für Jahr Millionen. Die Kehrseite dieses Urlaubsparadieses erleben jedoch die Lokalen: Überlaufene Städte, explodierende Mieten und ein Arbeitsmarkt, der kaum über die Runden kommen lässt. Während Rekordzahlen von über 85 Millionen Besuchern im vergangenen Jahr für die Wirtschaftsstatistiken glänzen, fühlen sich die Einheimischen im eigenen Land immer mehr zu Fremden degradiert. Katalonien, die Balearen und die Kanaren – Orte, an denen die Grenzen der Belastbarkeit erreicht scheinen.

Kanaren auf den Barrikaden

In der kollektiven Bewegung „Canarias se agota“(dt.: „Die Kanaren haben genug“), zusammengeschlossen aus rund 20 Bürgerinitiativen, formiert sich der Widerstand. Protestaktionen sind allgegenwärtig und gipfeln nicht selten in Hungerstreiks, wie jungst vor der Kirche La Concepcion in La Laguna. „Unbefristet“ sei diese Form des Protests, wie eine Aktivistin bekundete. Am 20. April werden die Demonstrationsrufe dann noch lauter, wenn eine der größten Kundgebungen in der Geschichte der Kanaren geplant ist. Ihr Plädoyer: Ja zum Tourismus, aber in einer Form, die nachhaltig und ertragbar für alle ist.

Dringliche Appelle

Die Forderungsliste an die Politiker ist klar definiert: ein Moratorium für weitere Hotel- und Golfplatzbauten, die Einführung einer Bettensteuer und eine straffere Regulierung der Ferienwohnungen. Eine Diversifizierung der Wirtschaft gilt als essentiell, um die Abhängigkeit vom Tourismus zu mindern. Der Werbeslogan „Sonne und Sangria“ dürfte für die Einheimischen der zweitärmsten Autonomen Gemeinschaft Spaniens bitter schmecken. „Mehr Menschen als je zuvor müssen auf der Straße leben“, mahnt Aktivist Ruben Perez und verweist auf unzumutbare Arbeitsbedingungen und steigende Lebenshaltungskosten.

Politische Reaktionen

Regionalpräsident Fernando Clavijo sieht die Notwendigkeit, den Reichtum des Tourismus gerechter zu verteilen und gewährt den Protesten Gehör. Allerdings mahnt er auch zur Vorsicht gegenüber Aktionen, die sich direkt gegen die Touristinnen und Touristen richten konnten. Jordi Hereu, Spaniens Tourismusminister, hingegen sieht in den Besucherrekorde einen Ansporn, die Qualität der Branche zu verbessern.

Wohnungsnot und Verdrangung: Die Schattenseiten des Booms

Die Baleareninsel Ibiza zeichnet ein ähnlich düsteres Bild: Wohnungspreise, die sich binnen Jahresfrist um bis zu 50 Prozent verteuern, zwingen Einwohner wie Cesar Nebrera, Koch von Beruf, in ihrem Auto zu übernachten. „Auf Ibiza ist das Wohnen sehr teuer, und es wird immer teurer“, gibt Nebrera zu Bedenken. Daniel Granda, Sprecher der Mietergewerkschaft, spricht sogar von zunehmenden Slum-Bildungen. Das Resümee vieler Einheimischer: Sie werden von den Touristen regelrecht von ihrer Insel verdrängt.

Die Realität auf dem spanischen Festland bietet auch keinen Trost, da Arbeit schwer zu finden ist. Es steht außer Frage, dass ein Umdenken erforderlich ist, um nicht das Fundament der Tourismusindustrie selbst zu untergraben. Inmitten des Dilemmas haben Orte wie Barcelona, Mallorca und Teneriffa noch keine nachhaltige Lösung gefunden.

Dieser Artikel spiegelt den Kampf einer Bevölkerung wider, die sich für das Recht auf Lebensqualität in ihrer Heimat einsetzt – ein Konflikt, der die spanische Idylle empfindlich stört und nachhaltige Lösungen fordert.