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Prozess wegen Falschaussage

Kurz-Urteil erwartet: Das war der heutige Prozesstag

(FOTO: EPA-EFE/CHRISTIAN BRUNA)
(FOTO: EPA-EFE/CHRISTIAN BRUNA)

Die Wiener Gerichtsszene war in diesen Tagen von einem Fall geprägt, der die politische Landschaft Österreichs nachhaltig beeinflusst hat. Der Prozess gegen den ehemaligen Kanzler Sebastian Kurz neigte sich dem Ende zu. Der Vorwurf: Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss. Es ging um die Frage, ob Kurz lediglich informiert oder aktiv in die Top-Personalie der Staatsholding Öbag involviert war. Seine Rolle bei der Bestellung seines Vertrauten Thomas Schmid an die Spitze der Öbag stand im Fokus.

Ehemals strahlender Stern am politischen Firmament, führte Kurz von 2017 bis 2019 eine Koalition der ÖVP mit der rechten FPÖ. Doch die sogenannte Ibiza-Affäre ließ das Bündnis zerbrechen und warf Fragen zur Anfälligkeit der Regierung für Korruption auf. Von 2020 bis 2021 leitete Kurz ein Bündnis von ÖVP und Grünen. Seine Beliebtheit erreichte inmitten der Corona-Krise einen Höhepunkt, als er den Bürgern einen „neuen Stil“ versprach, frei von der in Österreich verbreiteten Vetternwirtschaft.

Kurz‘ Rolle bei Postenbesetzungen

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erhob schwere Vorwürfe gegen Sebastian Kurz, indem ihm vorgeworfen wurde, seine Beteiligung an Postenbesetzungen für die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) im U-Ausschuss kleingeredet zu haben. In einem klaren Plädoyer betont Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic, dass ein Fall der Falschaussage selten so eindeutig gewesen sei. Die Unschuldsvermutung bleibt zwar bestehen, aber die WKStA argumentiert, dass die Angeklagten, darunter auch Kurz‘ Vertrauter Bonelli, aus politischen Gründen falsch ausgesagt hätten.

Adamovic hob besonders hervor, dass Kurz nicht nur die „politische Message“ kontrollierte, sondern auch bei Personalbesetzungen in Ministerien maßgeblich involviert war. Das Durchgriffsrecht, das Kurz bei der Übernahme der ÖVP verlangte, spiegelt sich in den Kontrollmechanismen über Personalentscheidungen wider. Die WKStA unterstrich, dass Kurz und sein innerer Kreis die Kandidaten für Posten „abgesegnet“ und somit klare Einflussnahme auf Schlüsselpositionen ausgeübt haben.

Russische Zeugen und Druckvorwürfe

Während die letzten Zeugeneinvernahmen stattfanden, rückt die Aussage zweier russischer Geschäftsleute ins Zentrum, die angaben, dass Ex-Kanzleramtsminister Schmid unter Druck gestanden habe. Die Verteidigung versucht, mithilfe dieser Aussagen die Glaubwürdigkeit Schmids zu erschüttern. Schmid selbst weist die Vorwürfe zurück und bezeichnet die Darstellung als „sehr merkwürdige Geschichte“. Die Aussagen der Russen werden intensiv hinterfragt, um mögliche Widersprüche oder Manipulationen herauszufinden.

Die Spannungen erreichten ihren Höhepunkt, als Schmid detailliert über das „Bewerbungsgespräch“ in Amsterdam berichtet. Hierbei betonte er, dass die Staatsanwaltschaft keinen Druck ausgeübt habe und er selbst mit den Ermittlern kooperiere. Die Verteidigung versuchte, diesen Punkt zu nutzen, um die Integrität der Ermittlungen zu hinterfragen. Die Rolle von Kurz und seinem Wissen über diese Gespräche blieb dabei im Fokus.

Geplante Einbindung der B&C Holding und divergierende Aussagen

Ein weiterer Aspekt des Prozesses betraf die behauptete Einbindung der B&C Holding in die ÖBAG. Die Verteidigung argumentierte, dass Schmid eigenmächtig gehandelt und „sein eigenes Süppchen gekocht“ habe, während Schmid dies vehement zurückweist. Kurz äußerte sich später dazu und behauptete, nichts von diesem Vorhaben gewusst zu haben. Die Diskrepanzen zwischen den Aussagen der Angeklagten und den Zeugenaussagen aus dem Umfeld sorgen für weitere Verwicklungen in diesem hochkomplexen Prozess.

Zweites Verfahren offen

Sebastian Kurz, der sich nach seinem Rücktritt und seinem grundsätzlichen Abschied aus der Politik Ende 2021 als Unternehmer betätigt, hat stets seine Unschuld betont. Dem Ex-Kanzler droht noch ein zweites Verfahren. In der sogenannten Inseraten-Affäre wird ihm vorgeworfen, mit Steuergeld gefälschte Umfragen in Auftrag gegeben und sich mit Inseraten in diversen Medien eine wohlmeinende Berichterstattung erhofft zu haben.