Beim Westbalkan-Gipfel am Dienstag forderte die deutsche Kanzlerin Bulgarien und Nordmazedonien auf, sich zu vertragen. Bulgarien hatte zuvor gedroht, die EU-Beitrittsgespräche zu verhindern.
Die bulgarische Regierung hatte im September gefordert, dass die EU die Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien solange stoppt, bis das Kandidatenland zugibt, dass es historisch und sprachlich ein Teil Bulgariens ist (KOSMO berichtete). Dabei ging es um einen bereits lange andauernder historischer Streit zwischen den zwei Nachbarländern auf dem Balkan.
Während sich die EU selbst zu dem Zeitpunkt nicht zum neuen bulgarisch-mazedonischen Streit geäußert hatte, rief Deutschland, das zur Zeit die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, beide Länder auf, alle offenen Probleme in der Historikerkommission zu lösen. Die deutsche Botschafterin in Nordmazedonien, Anke Holstein, lehnte Bulgariens Versuch ab, bilaterale Streitigkeiten im Rahmen der EU-Erweiterung zu behandeln: „Bilaterale Probleme sollten bilateral gelöst werden“, so Holstein. Nun forderte auch die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel beide Länder dazu auf, den Streit beiseite zu legen.
Kein Platz für bilaterale Fragen
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel setzt darauf, dass die EU noch während der deutschen Ratspräsidentschaft in diesem Jahr Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien starten kann. In Hinblick auf die bilateralen Streitigkeiten ermahnte die deutsche Kanzlerin beide Länder: „Vertragt euch“. Hintergrund ist die Drohung von Bulgarien, die EU-Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien noch zu verhindern, wenn dieses nicht anerkenne, dass die eigene Sprache nur ein Dialekt des Bulgarischen sei.
Der Westbalkan-Gipfel am Dienstag solle die Annäherung von Albanien, Kosovo, Nordmazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowina an die EU vorantreiben. Gastgeber waren diesmal das EU-Land Bulgarien und Nordmazedonien. Auch seien die Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien eine gute Botschaft für die Wirtschaft, da sie die Westbalkanländer dazu bringen würde, einen gemeinsamen Markt zu schaffen, sagte Merkel am Dienstag auf dem Gipfel.
Gemeinsamer Markt und „Grüne Tagesordnung“
Im Rahmen der Konferenz unterzeichneten Vertreter der sechs Westbalkanstaaten zwei entsprechende Deklarationen zu einem regionalen gemeinsamen Markt und zu einer „grünen Tagesordnung“. Der regionale gemeinsame Markt hat das Ziel, die Volkswirtschaften der Westbalkanstaaten durch die Freizügigkeit von Menschen, Waren, Dienstleistungen und Kapital zu verbinden, wie die bulgarische Regierung mitteilte. Bei der „grünen Tagesordnung“ handelt es sich um eine Maßnahme im Kampf gegen den Klimawandel, hieß es. Diese sei im vollen Einklang mit den Bemühungen der EU.
„Lasst uns nicht vergessen, dass der Westbalkan ein Markt von etwa 20 Millionen Menschen ist“, sagte Bulgariens Ministerpräsident Bojko Metodiew Borissow. Dies würde den jüngeren Menschen Perspektiven geben, die jetzt „mit schnellem Tempo“ auswanderten.
Folge uns auf Social Media!