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Nach Srebrenica-Vergleichen: US-Präsident wirft Russland Völkermord vor

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(FOTO: iStock, Instagram/Vladimir Putin; Wikimedia Commons/ Gage Skidmore)

Bisher hielten sich westliche Politiker zurück, die mutmaßlichen Kriegsverbrechen in der Ukraine offen als Völkermord (Genozid) zu bezeichnen. US-Präsident Biden preschte nun vor.

„Ihr Familienbudget, Ihre Möglichkeit zu tanken, nichts davon sollte davon abhängen, ob ein Diktator die halbe Welt entfernt Krieg erklärt und Völkermord begeht“, sagte Biden gestern. Auf Nachfrage der Journalisten zum Terminus Genozid unterstrich der US-Präsident seine Haltung: „Ja, ich habe es Völkermord genannt, weil es immer klarer geworden ist, dass Putin nur versucht, die Idee auszulöschen, dass man Ukrainer sein kann, und die Beweise mehren sich.“

Gleichzeitig räumte er ein, dass es den internationalen Rechtsexperten obliege, festzustellen, ob die Kriegsverbrechen in Russland als Völkermord qualifiziert werden können oder nicht. „Mir erscheinen sie jedoch als solcher“, fügte Biden hinzu.

Mord, Folter und Vergewaltigung

Viele Städte in der Nordukraine, aus denen sich Russland zurückzog, waren voller Leichen getöteter Zivilisten, die, wie Kiew sagt, bei Mord-, Folter- und Vergewaltigungskampagnen getötet wurden.

Die ukrainische Nachrichtenagentur Interfax zitierte am Mittwoch den Polizeichef des Bezirks Kiew mit den Worten, dass in der Region um die Hauptstadt 720 Leichen gefunden worden seien und mehr als 200 Menschen als vermisst gemeldet worden seien.

Der Kreml sagte, er habe am 24. Februar eine „militärische Spezialoperation“ gestartet, um die Ukraine zu entmilitarisieren und zu „entnazifizieren“. Kiew und seine westlichen Verbündeten tun dies als falschen Vorwand für eine Invasion ab.

Moskaus fast siebenwöchiger Einmarsch ist der größte Angriff auf ein europäisches Land seit 1945, der dazu führte, dass mehr als 4,6 Millionen Menschen ins Ausland flohen, Tausende getötet und verletzt wurden und Russland zunehmend isoliert auf der Weltbühne zurückblieb.

Ukraine: „Neues Srebrenica“

Das ukrainische Verteidigungsministerium schrieb kurz nach Veröffentlichung der grauenvollen Bilder aus Butscha auf Twitter: „Neues-Srebrenica. Die ukrainische Stadt Butscha war mehrere Wochen in der Hand von russischen Tieren. *Lokale Zivilisten wurden willkürlich hingerichtet*, einige mit auf den Rücken gefesselten Händen, ihre Körper in den Straßen der Stadt verstreut.“

Auch wenn Völkermorde die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch stattfanden, so gibt es jedoch nur eine Hand voll gerichtlich anerkannter Genozide. Auf europäischem Boden gab es rechtlich gesehen nach den unzähligen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg nur ein weiteres Völkermordurteil: den Genozid von Srebrenica. Die Geschehnisse im Jahr 1995 wurde sowohl vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien als auch vom Internationalen Gerichtshof als Völkermord eingestuft.