Start Politik
Reformen

Reformen für die doppelte Staatsbürgerschaft in Europa

FOTO: EPA-EFE/Sean Gallup

In Deutschland wird intensiv über die angekündigte Gesetzesreform diskutiert, die den Erwerb eines deutschen Passes erleichtern und die doppelte Staatsbürgerschaft ermöglichen soll. Wie haben andere Länder diese Fragen geregelt?

Der Weg zum Erwerb der Staatsbürgerschaft ist in Europa sehr unterschiedlich gestaltet. Aufgrund globaler, immer häufigerer und massiver Migrations- und Flüchtlingsbewegungen, sowie binationaler Eheschließungen und des immer deutlicher werdenden Fachkräftemangels haben viele europäische Länder in den letzten zwei Jahrzehnten ihre Einbürgerungsgesetze reformiert.

Zwei Pässe, schneller Erwerb der Staatsbürgerschaft, goldenes Visum: Nach DW-Recherchen sind doppelte oder mehrfache Staatsbürgerschaften in den meisten europäischen Ländern bereits gang und gäbe. Mit der geplanten Reform des Staatsbürgerschaftsgesetzes will sich Deutschland diesem Trend anschließen.

Passanforderungen: von 5 bis 10 Jahren

Relativ niedrige Hürden zur Staatsbürgerschaft bestehen in Frankreich, Großbritannien, Portugal, Polen, Schweden, Finnland und Belgien. Einwanderer können dort bereits die Staatsbürgerschaft beantragen, nachdem sie fünf Jahre im Land verbracht haben und während dieser fünf Jahre einen gesetzlich geregelten Status hatten – und zwar ohne Unterbrechung. Leben sie mit ihrem Ehepartner zusammen, verkürzt sich die Laufzeit auf nur drei Jahre. Darüber hinaus haben sie nach dem Erwerb der Staatsbürgerschaft des Landes, in dem sie leben, das Recht, ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft des Landes, aus dem sie stammen, beizubehalten.

In Ländern wie der Schweiz, Österreich, Italien, Spanien, Bulgarien, der Tschechischen Republik und Slowenien müssen Einwanderer vor der Beantragung eines Passes nachweisen, dass sie sich mindestens zehn Jahre ununterbrochen und mit einem geregelten Rechtsstatus in diesem Land aufgehalten haben.

Und irgendwo dazwischen liegen Länder wie Irland, Ungarn, Rumänien oder die Slowakei, wo es mindestens acht Jahre dauert, und in Dänemark – neun Jahre.

Doppelte Staatsbürgerschaft

Nur wenige europäische Länder vermeiden oder verbieten sogar die doppelte Staatsbürgerschaft. In der Gruppe der Länder, die dieses Thema restriktiv regeln, befinden sich neben Deutschland auch die Ukraine, die Niederlande, Österreich, Estland, Bulgarien, Spanien, Norwegen, Lettland und Litauen.

Im Gegensatz zu ihnen haben einige Länder den Erwerb einer zusätzlichen Staatsbürgerschaft buchstäblich zu einem Geschäftsmodell gemacht. Unter anderem bieten Griechenland, die Türkei, Portugal und Malta sogenannte goldene Visa an – also das Recht auf Staatsbürgerschaft für Ausländer, die in ihrem Land Immobilien kaufen, Kapital investieren oder Unternehmen gründen.

Bald in Deutschland

Deutschland würde nach Verabschiedung der geplanten Reform zu der Gruppe der Länder gehören, in denen die Hürden für den Erwerb der Staatsbürgerschaft relativ gering sind. Das neue Staatsbürgerschaftsgesetz soll laut Bundesinnenministerium „Mehrfachstaatsangehörigkeiten ermöglichen und den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vereinfachen“.

Und das würde bedeuten, dass deutsche Staatsbürger, die aus privaten oder geschäftlichen Gründen eine andere Staatsbürgerschaft beantragen, beispielsweise wenn sie im Ausland leben, ihre deutsche Staatsbürgerschaft nicht aufgeben müssten. Und zum Beispiel für Bürger Serbiens, die die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben und ihre serbische Staatsbürgerschaft aufgeben mussten, würde dies bedeuten, dass sie erneut einen serbischen Pass beantragen könnten.

In Deutschland gibt es bereits zahlreiche Möglichkeiten, neben der deutschen eine weitere Staatsbürgerschaft zu besitzen. EU-Bürger dürfen ihre erste Staatsbürgerschaft behalten. Und viele, die die deutsche Staatsbürgerschaft erworben haben, dürfen ihre Originalpässe behalten, weil das Herkunftsland ihnen die Staatsbürgerschaft nicht „entzieht“, darunter fallen zahlreiche Flüchtlinge.

Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, befindet sich der von Ministerin Nancy Faeser eingebrachte Gesetzentwurf zur deutschen Staatsbürgerschaft derzeit in der Phase der internen Konsultationen der Ministerien.

Wann die endgültige Fassung ins parlamentarische Verfahren kommt, also die Bundestagsabgeordneten über das Gesetz abstimmen, ist vorerst nicht bekannt.